Pump my Rad

Im Rahmen meines Volontariats berichtete ich für die WAZ/WR-Lokalredaktion Castrop-Rauxel am 29. Juli 2007 über die – wirklich – deutsche Meisterschaft im Plattenflicken.

Dann mal rein in die Reportage:

Andres Martinez ist erster deutscher Meister im Plattenflicken. 20 Hobby-Mechaniker nahmen auf der Wartburginsel am Wettbewerb teil. Von der Tour de France sprach niemand.

Es ist ein heißer Kampf, die Schweißperlen rinnen von der Stirn. Andres Martinez und Alexander Lücke pumpen, wie sie zuvor noch nie pumpten. Bei der deutschen Meisterschaft im Plattenflicken haben sie es ins Finale geschafft. Siegen kann nur einer. Lücke schraubt den Reifen als erster zu, reißt die Arme hoch. Martinez folgt Sekunden später. Die Entscheidung ist nur fünf Minuten entfernt. So lange muss die Luft im Reifen bleiben.

Andrea Friese von Zweirad Sümpelmann hatte die Idee zur deutschen Meisterschaft. Sie lud zu den Insel-Terrassen auf der Wartburginsel. „Das war ein Geistesblitz, als ich selbst einen Platten hatte“, sagt Andrea Friese. Die 20 Teilnehmer kamen aus Castrop-Rauxel, Herne, Recklinghausen – etliche sind Mitglied beim Ruderverein Rauxel.

Zum Beispiel Alexander Lücke. Er ist der Trainer. Die fünf Minuten vergehen nur ganz langsam. Seine Schützlinge klopfen ihrem Coach auf die Schulter, sagen „Bravo“. Doch noch ist’s nicht geschafft. Verfolgt wird das Geschehen von zwei Fernsehteams und Moderator Jan Plonta. Große Sprüche entlockte der den Teilnehmern. Ein Vorrunden-Teilnehmer versprach am Mikro: „Ich werde die Anderen in Grund und Boden flicken.“ Doch der Flicken hielt nicht. Mike Selke, der trotz Bewölkung eine Sonnenbrille trug („Das ist mein Doping“), sagte nach dem Finaleinzug: „Das war ein Quickie-Flick.“

Die fünf Minuten sind rum. Alexander Lückes Reifen ist wieder platt. Das Aus. Andres Martinez reißt die Arme. Der 21-jährige Werkzeugmacher aus Habinghorst hat ein Mountain-Bike gewonnen. „Endlich ein neues Rad“, sagt er. „Mein altes ist drei Jahre alt.“ Seine größten Fans sind seine Eltern und die zwei Geschwister. „Seitdem er klein ist, fährt er Fahrrad“, sagt der stolze Papa Santiago. Mike Selke landet auf Platz zwei. Im Finale trug er die Brille nicht. „Mein Doping fehlte eben.“

Martinez saust derweil mit seinem neuen Rad auf und davon. Von der Tour de France sprach an diesem Nachmittag niemand. Warum auch? In Castrop-Rauxel war alles echt und ehrlich.

Dieser Beitrag wurde unter ... journalistisch!, Allgemein, Castrop-Rauxel, Ruhrgebiet, Weitere Texte abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.