11. Februar 2007 – VfL-Nürnberg 0:2 – „Horrorfilm“

Welche Mannschaft im deutschen Profifußball verliert besonders gern unverlierbare Spiele? Richtig, der VfL Bochum! 11. Februar 2007, Bochum gegen Nürnberg. Der VfL gegen die Überraschungsmannschaft (und den späteren DFB-Pokalsieger). 89 Minuten Feldüberlegenheit, 6:4 Chancen und 7:2 Ecken in dieser Zeit – und doch steht’s nach 92 Minuten 0:2. Elf Tage fiel mir nichts zu diesem Spiel ein.

Hier geht es zum Blog-Eintrag, den ich „Horrorfilm“ nannte und mit der Unterzeile „Elf Tage nach dem Abpfiff bringe ich es endlich zu Papier. Sensationelles Spiel – unnötig verloren. Eigene Gedanken und zwei Splitter“ versah.

Mülheim, 22.2.2007

Elf Tage sind seit dem Abpfiff unseres Heimspiels gegen Nürnberg vergangen. Elf Tage, an denen sich allein das Wörtchen „folgt“ an dieser Stelle befand. Nichts ist mir zu diesem verfluchten Abend eingefallen – und wie Ihr an meiner Homepage seht, bin ich äußerst selten sprachlos (im VfL-Tagebuch letztmals beim unsäglichen Zweitliga-0:1 gegen Offenbach). Ich weiß noch, wie sehr ich mich angestrengt habe, an diesem Sonntagmittag rechtzeitig zum Spiel zu kommen. „Mittagspause“ habe ich das in der Redaktion genannt. Ich weiß noch, wie ernüchtert ich zurückkehrte, lustlos meine letzten WAZ-Zeilen reinhämmerte, und zu meinen Kollegen lediglich flüsterte: „0:2 verloren. Saenko. 89. und 92. Minute. Aber sensationelle Leistung von uns.“ Es war unmöglich, dieses Spiel zu verlieren… Der VfL hat es geschafft.

Elf Tage sind vergangen. Das grandiose 3:1 in Bielefeld war eine Fortsetzung der tollen zweiten Halbzeit des Nürnberg-Spiels – also eine logische Konsequenz. Die DSF-Videoaufzeichnung habe ich mir inzwischen zehnmal angeschaut und ich werde sie archivieren. Wer weiß… wenn wir drinbleiben, war dieses 3:1 vielleicht der entscheidende Schritt!! Die Nürnberg-Aufnahme ist längst verschwunden. Ich habe „24“ drübergelegt, diese Serie mit Kiefer Sutherland als gnadenloser Agent Jack Bauer, der in einer Tour Terroristen umnietet. Jaja, umgenietet hätte ich am liebsten auch einige an diesem Abend…

Elf Tage. Was schreibe ich jetzt bloß an dieser Stelle? Wenig. Ich belasse es bei ein paar Splittern. Denn wenn meine Sprache versagt, dann gibt es immer noch die viel besser formulierten Sätze des Kolumnisten und VfL-Fans Biermann, der in der „taz“ seine Eindrücke schildert. Und das herrlich. Genau so war´s…

Splitter 1, taz, 22.2.2007, Von C. Biermann

„Am liebsten wäre ich aufgestanden, gegangen und nie mehr wiedergekommen. (…) Dennoch dauerte es ein wenig, bis der Wunsch nach einem Ausstieg verflogen war und sich in die normale Benommenheit nach einer Niederlage verwandelte. Denn meine Mannschaft war trotz einer tollen Leistung in der zweiten Halbzeit, in der angesichts einiger sehr guter Torchancen gegen das Überraschungsteam der Saison sogar ein Sieg möglich schien, durch zwei Gegentore in den letzten drei Minuten plötzlich ins Nichts gestürzt. Sie hatte verloren und bei mir für einen Moment den Wunsch nach einem theatralischen Abgang aufkommen lassen. Und, dass es endlich aufhört mit diesen verdammten Niederlagen.“ (taz, 22.2.2007)

Ergänzung am 26.2.2007

Das Spiel gegen Nürnberg scheint bei den bekanntesten VfL-Fans tiefe Narben hinterlassen zu haben. Im KICKER äußerte sich Schriftsteller Frank Goosen über seine Eindrücke.

Splitter 2, kicker, 26.2.2007, Von F. Goosen

„Stell‘ Dir vor, dein Verein hat genau 25 gute Minuten in der Saison, und die kriegst du nicht mit. Ganz so schlimm steht es um meinen VfL Bochum nicht, aber dennoch habe ich den Eindruck, dass die Mannschaft sehr oft besonders gut ist, wenn ich gerade nicht hinsehe. Zum Beispiel gegen Nürnberg am 11. Februar. Die erste Hälfte war die übliche verschnarchte Veranstaltung. (…) Nach etwa zehn Minuten in der zweiten Hälfte legt der VfL plötzlich den berühmten Schalter um. In einer leidenschaftlichen Kraftanstrengung bestürmt man das Nürnberger Tor – und ich kriegte fast nichts mit.

Das Spiel ist, wie die meisten Spiele dieses Vereins, nüchtern nicht durchzustehen. (…)“

Biermann, der Journalisten-Held, Goosen, olé. Ich muss noch viel, viel lernen… Doch bei zwei Splittern soll es nicht bleiben. Spannend war nicht nur das Spiel selbst. Nein, spannend war auch ein A5-Blättchen, dass ich mir nach dem Abpfiff am Würstchen-Stand vor der Ostkurve schnappte. Jemand hatte es liegenlassen, ich sammelte es auf. Ich fand den Infobrief der Ultras…

Splitter 3, UB-Infoblatt

1. Artikel Durchblick: „(…) Wer den VfL nicht geil findet, ist selber schuld! Schweres Spiel auch für uns Fans, da die Nürnberger einen sangesfreudigen Anhang dabeihaben werden. Also Vollgas!“ 2. Artikel VfL-Mainz: „(…) Leichtes Spiel. Weghauen, drei Punkte, und die Welt sieht schöner aus. Nein, wir sind Bochum. Wir bauen jeden auch noch so toten Gegner wieder auf und fabrizieren ein peinliches 0:1 gegen den Tabellenletzten. Hat ja auch was… (Blick in die Kurve Nr. 8, Nürnberg, 11.2.2007)

Splitter 4, Nachtrag

Wer mich irgendwann foltern will, dem sei folgender Tipp mit auf den Weg gegeben: Sorgt dafür, dass ich erst pünktlich zum Anpfiff im Stadion sein kann. Das führt dazu, dass ich Grönemeyers „Bochum“ zwar höre, aber nur auf dem Weg vom Parkplatz zum Stadion. Ich stehe nicht mittendrin. So geschehen am Nürnberg-Sonntag. Dieses Spiel begann wie ein Horrorfilm – und endete wie einer.

Elf. Wisst Ihr jetzt, warum?

Spruch des Tages

„Was sind das denn für Töne! Wir sind doch hier im Intellektuellen-Block!“

(Gerd in etwa der 60. Minute, als Lupo in den Sprechchor „Arbeitslose Hurensöhne, 100 Jahre S’04“ einstimmte – ich gebe zu: Situationskomik, aber wir haben alle seeehr gelacht, Anmerkung: Schalke 04 und den 1. FC Nürnberg verbindet eine Fan-Freundschaft)

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