Ich will nunmal irgendwohin

 

Manchmal sind die allerkleinsten Konzerte die allergrößten. So wie am 15. März 2003, als ich für die WAZ im Mülheimer Ringlokschuppen einen Liederabend mit dem Duisburger Musiker Tom Liwa beobachten durfte. Himmlisch. „Ich will nunmal irgendwohin“ ist seitdem eine meiner Lieblingsüberschriften für Blog-Beiträge.

Ein weißer Stuhl steht auf der Bühne, drei Gitarren liegen davor. Ein Mann im Nadelstreifenanzug setzt sich, begrüßt 40 Zuhörer. Tom Liwa spielt im Ringlokschuppen. Solo und unplugged.

Ein Liedermacher, der beweist, dass Rock nicht oberflächlich sein muss. Ein grummelnder Romantiker, der laut Eigenaussage Romantiker hasst. Einer, der in seinen Träumen von Jürgen Möllemann gefoltert wird. Das ist Tom Liwa. Seine Texte können Nadelstiche sein, zu Diskussionen zwingen. Sie laden den Hörer aber auch ein, die Augen zu schließen, nichts zu sagen und sich wie im siebten Himmel zu fühlen. Einst spielte der Duisburger für die „Flowerpornoes“, nun ist er 42 und seit einigen Jahren solo unterwegs. In Deutschlands Künstlerszene wird er geschätzt. Sein Publikum duzt er, und unterhält es in den Pausen zwischen den Songs mit leisen Geschichten aus seinem Leben.

Der Abend beginnt politisch, mit „Kylie und Jochen“. Politik und Religion („Frag nie wieder“) sind die Themen – und natürlich Liebe. Das Stück „Faultier“ schrieb er für seine Frau. Er erzählt das („Faultiere sind sehr intelligent“) – und seine Fans schmunzeln. 22 Stücke spielt Tom Liwa, die melancholischen Töne dominieren. Zum Beispiel in Höhepunkten wie „Für die linke Spur zu langsam“, „Eskimo“ oder „Julianastraat“. Dort heißt es: „Diese Welt ist ein trauriger Platz, an dem man immer wieder vergisst, wie traurig man ist.“ Da wippt das Publikum einen Tick heftiger mit und klatscht ein kleines bisschen lauter.

Jeder Akkord ist ein Genuss, die einschmeichelnde Stimme ein Erlebnis. „Ich sitz gleich da vorn und rauch“, deutet er nach Lied Nummer 22 auf die Treppe und verabschiedet sich. Die Fans schlendern vorbei, und danken ihm mit viel Applaus für zwei schöne Stunden.

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