Ein Interview mit Jan Plewka II

Keinen Künstler habe ich so oft interviewt wie Jan Plewka, den Sänger von Selig. In der seliglosen Zeit stellte ich ihm ein paar Fragen – und nach der Reunion auch. Für den Kulturteil der WAZ.

Zu diesem Interview, das ich wirklich sehr gelungen finde, geht es hier.

Die Trennung liegt zehn Jahre zurück. „Ohne dich”, „Wenn ich wollte”, „Sie hat geschrien” – die Rockband Selig hinterließ kleine Klassiker. Am 20. März erscheint das Comeback-Album „Und endlich unendlich”. Mit Selig-Sänger Jan Plewka sprach Andreas Ernst über das Innenleben einer Band.

Selig ist wieder da. Wieder die Reunion einer Band „von damals”. Braucht ihr Geld?

Jan Plewka: Ich würde das auch denken, ganz im Ernst. Ich dachte ja auch bei „The Police”: Die reunionieren jetzt, Sting braucht Geld. Aber wenn du die Platte hörst oder uns beim Konzert siehst, dann bestätigt sich, dass es nicht so ist. Die Leute freuen sich doch. Unsere Tour war ausverkauft, bevor wir überhaupt ein Plakat hängen hatten. Für uns ist gerade eine kuriose, selige Zeit.

Wann habt Ihr angefangen, Selig-Songs zu schreiben und zu planen?

Plewka: Vor zwei Jahren hätte ich noch gesagt, dass es Selig nie wieder geben wird. Dann saßen der Drummer Stoppel und ich in Stoppels Küche und er meinte: „Mit Selig, das ist zehn Jahre her. Wollen wir mal anrufen?” Und dann haben wir uns ein Herz genommen und alle angerufen. Alle waren sehr erstaunt über die Frage, ob man sich mal trifft. Zum Essen oder so. Und dann saßen wir im September 2007 außerhalb von Hamburg in einem Restaurant. Da waren wir zum ersten Mal seit zehn Jahren alle unter einem Dach.

Und dann habt ihr gesagt: Wir machen wieder Selig.

Plewka: Nein. Da war extrem viel Misstrauen. Wir hatten lange nicht miteinander geredet, hatten uns gedisst. Dann haben wir geredet und geredet. Haben bis Mai 2008 geredet. Am Telefon, in 2000 Mails.

Es gab wirklich keinen Kontakt in zehn Jahren?

Plewka: Obwohl Headhunter immer wieder unterwegs waren: nein. Die haben jeden einzelnen von uns angesprochen, ob wir wieder Selig machen wollen. Wir wussten, dass uns ein Plattenvertrag sicher war.

Wann kam die Musik dazu?

Plewka: Wir waren in Christians Studio in Berlin, alle mit den Instrumenten um den Bauch. Dann meinte Stoppel: Lass uns doch mal ein altes Riff spielen. Und dann haben wir ein altes Riff gespielt. Das war, als hätten wir einen Monat nicht geprobt – und nicht zehn Jahre. Das war ein supertolles Erlebnis. Man hat die anderen gesehen, den Sound gehört. Wir wussten auf einmal, warum die Menschen damals so durchgedreht sind. Seit dem Moment sind wir wieder Selig.

Alle haben in den zehn Jahren Soloprojekte verfolgt. Ergibt sich daraus ein neuer Sound?

Plewka: Wir haben uns musikalisch überhaupt nicht weiterentwickelt. Das hört sich komisch an, aber warum auch? Wir sind halt ’ne Rockband. Es ist Rockmusik, die Lieder sind simpel strukturiert, aber das ist das, was wir können. Es ist die positivste von allen unseren Platten geworden – in jedem zweiten Ton hört man den Frieden, die Freundschaft, den Respekt, die Vergebung voneinander.

Warum der Albumtitel „Und endlich unendlich”?

Plewka: Ein Kreis ist unendlich. Und wir sind endlich wieder ein Kreis. Endlich unendlich. Das ist ein Ausruf!

Gab es eine Sehnsucht nach großen Bühnen?

Plewka: Da krachen fünf Riesen-Egos aufeinander. Die können nicht in kleine Clubs.

Selig war eine Band für Teenies und Studenten. Sind die Fans älter geworden?

Plewka: Wir haben die Platte für kein Publikum gemacht. Wir haben nicht versucht, das neue „Ohne dich” zu schreiben. Wenn jetzt die Leute durchdrehen und man wieder einen Fanstatus erreicht, kann man diesmal besser damit umgehen. Gereifter. Damals war man sehr jung, da hat man nicht wirklich verstanden, was da los ist.

Gereifter. Was heißt das?

Plewka: Wir haben Regeln aufgestellt für uns, damit wir besser miteinander klarkommen. Dazu gehört, dass man Pause voneinander machen muss. Das Wochenende ist heilig, da ist man bei den Familien. Im Studio haben wir uns morgens um neun getroffen und sind abends um elf rausgegangen. Früher war das so, dass man bis in die Morgenstunden im Studio war. Außerdem hat jeder sein Nebenprojekt. Bei mir sind es die Rio-Shows, Stoppel spielt bei James Last. Jeder hat sein eigenes Reich, außerhalb von Selig. Das gab es damals nicht. Das war auch unser Fehler. Deshalb sind wir auch auseinander gegangen.

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