Meine erste Stadtrundfahrt

Für die WAZ/WR Castrop-Rauxel entwickelte ich das Blog „Mein Castrop-Rauxel“, das – damals einmalig auf waz.de (Vorgängerportal von DerWesten) – unter dem Motto „Mein Castrop-Rauxel“ stand. Ich berichtete täglich über meine Erlebnisse in der „Europastadt im Grünen“ – Teile davon erschienen (mit meinem Foto) auch in der Print-Ausgabe.

Leider sind die Blog-Einträge nicht mehr im DerWesten-Archiv zu finden, weil die Community abgeschaltet wurde.

Dieser Eintrag ist vom 26. Juli 2007:

„Helft mir, heute wurde ich von der Polizei abgeholt… Keine Sorge, ich habe keine Bank überfallen. Es war eine abgesprochene Fahrt auf Castrop-Rauxeler Autobahngebiet.

“ … helft mir alle, ich bin heute von der Polizei abgeholt worden. Und saß hinten in diesem großen grünen Wagen. Und konnte nicht raus!!!
Neeein, keine Sorge. Ich habe keine Bank überfallen, nein, ich bin nicht als Kleindieb in der Altstadt aufgefallen, nein, ich habe mit meinem Auto keine Dummheiten angestellt. Es war alles ein “gewolltes” Polizei-Manöver.

Okay, der Reihe nach!

Schon gestern Abend erfuhr ich, dass ich heute einen etwas anderen Anfahrtsweg wählen muss. Nicht über die A 40 und die B 235 soll es gehen. Sondern über die nördliche Variante der Anfahrt. Über die A 2. An der Stadtgrenze zwischen meiner Heimatstadt Mülheim und Duisburg fahre ich also zu Beginn der Fahrt am Autobahnkreuz Kaiserberg auf die A 3. In Oberhausen teilt sie sich in A 2 und A 3. Ich nehme die “Zwei” und faaahre und faaaahre und faaaaahre. Es ist dreispurig und die Strecke ziiiiieht sich. Nacheinander fliegen die Ausfahrten an mir vorbei. “Oberhausen-Königshardt”, “Bottrop”, “Kreuz Bottrop”, “Gladbeck-Ellinghorst”, “Essen/Gladbeck”, “Gelsenkirchen-Buer” (hier geht’s doch zur Arena ab, zu einem Fußballverein, aber zu welchem? Mir fällt’s gerade nicht ein…), “Herten”, “Kreuz Recklinghausen”, “Recklinghausen-Süd”, “Recklinghausen-Ost” und dann ENDLICH folgt “Henrichenburg”.

Direkt an der Ausfahrt liegt ein Imbiss. Dort warten die Polizisten Christoph Becker und Uwe Senkel. Der eine – Becker – ist Verkehrssicherheitsberater des Polizeipräsidiums Münster, der andere – Senkel – arbeitet beim Verkehrsdienst der Autobahnpolizei. Die beiden liefern eine Live-Reportage. Sie fahren auf der A2 zwischen der Castrop-Rauxeler Auffahrt “Henrichenburg” und dem inzwischen stillgelegten Rastplatz “Hohenhorst” auf und auf der anderen Seite wieder ab und kontrollieren Reisebusse. Eine halbe Stunde stehen wir auf der A2 Richtung Duisburg zunächst am Fahrbahnrand in einer Einbuchtung. Weil kein Bus kommt. Eigentlich ungewöhnlich an einem Nachmittag kurz vor Ferienende. Becker und Senkel erklären das Konzept. “Man darf nicht vergessen, dass ein Bus ein sicheres Reisemittel ist”, sagt Becker. “Aber es gibt ein riesiges Gefahrenpotenzial.” Seit dem 1. Januar ist es Pflicht, einen Beckengurt anzulegen. Das wissen nur wenige. Bei den Kontrollen geben die Beiden nicht nur Tipps, sondern prüfen auch den Busfahrer, die Reifen und den allgemeinen Zustand.

Wir warten und warten und warten. Christoph Becker schaut immer wieder in seinen Außenspiegel. Nichts. Ich überlege, wie viele Autobahnen das Castroper Stadtgebiet eingrenzen. Im Norden die A 2, in der Mitte die A 42, im Süden die A 40. Das ist wirklich sehr übersichtlich und leicht zu merken. Ausfahrten mit dem Stadtnamen gibt es nur drei, alle an der A 42, nämlich “Castrop-Rauxel-Bladenhorst”, “Castrop-Rauxel” und “Kreuz Castrop-Rauxel-Ost”. Da hat wohl jede andere Ruhrgebiets-Stadt einen besseren Wert… Die B 235 verbindet jedenfalls alle Autobahnen und ist so etwas wie die Hauptschlagader der Stadt. Das habe ich jetzt geschnallt.

Wir sitzen immer noch im Polizeiwagen. Kommt jetzt endlich ein Bus?? Plötzlich tritt Christoph Becker auf das Gaspedal. “Da is’ einer”, sagt er. Becker überholt einen Bus aus “PE” (heißt Peine), drückt auf den Knopf, der das “Bitte folgen“-Schild auf dem Wagen blinken lässt. Es geht auf den Rastplatz. Busfahrer Gerd Förster öffnet die Tür. Becker ruft laut “Hallo zusammen” und beruhigt die Reisegruppe. Es ist eben “nur” eine ganz normale Kontrolle. Die Gruppe kommt aus Braunschweig und besteht aus 6- bis 12-jährigen Kindern, die den “Movie Park” in Bottrop-Kirchhellen sehen wollen. Christoph Becker redet ruhig und verteilt Flyer. “Wir wollen, dass Sie sicher reisen! Ihre Sicherheit liegt uns am Herzen!”, steht drin. Uwe Senkel befragt den Busfahrer, überprüft den Führerschein, die Scheibe mit den Angaben der Lenkzeiten und die Reifen. “Alles vorbildlich”, sagen beide nach ein paar Kontrollminuten. “Die Polizei ist sehr zufrieden.”

Der Bus fährt weiter, die Kinder freuen sich nicht nur auf den Movie Park, sondern auch darüber, dass sie zu Hause in Braunschweig eine schöne Polizei-Geschichte erzählen können. Wir fahren wieder zurück zur Pommesbude, zu den dort geparkten Autos. “Wir wollen in die Köpfe der Leute rein”, sagt Christoph Becker. Vor allem die Anschnallpflicht ist ihm sehr wichtig. Und dass jeder Mitreisende vor der Abfahrt den Bus überprüft – auf Reifenprofil, Gesamtzustand, Alter. “Im Notfall die Polizei rufen”, ergänzt Uwe Senkel.

Ja, auch die Autobahnen zählen zur Stadt, und auch die dürfen bei meiner “Expedition durch Castrop-Rauxel” nicht fehlen. In Richtung Redaktion, also in die Altstadt, fahre ich natürlich über die B 235. Aber erstmals aus der anderen, also nördlichen, Richtung. Und jetzt begreife ich noch viel mehr über die Struktur der Stadt. Ich durchquere zunächst Henrichenburg, dann geht’s durch Habinghorst, vorbei an Industrie und Feldern. Schließlich weist ein Schild den Weg zum “Hauptbahnhof” – diese Tour steht mir noch bevor. Ein paar Ampeln später folgt dann die Altstadt. Rein in die Wittener Straße, wie immer parken am Brückenweg. In der Konferenz erzähle ich von meinem Vormittag. 26 Tage Volontär – und schon im Polizeiwagen…
Jetzt fahre ich nach Hause und gucke “Popstars”. Mit dem tanzenden Schüler Mehdi aus Castrop-Rauxel. Diese Stadt verfolgt mich sogar bis auf die Couch!

PS: Auch heute hörte ich wieder von einem Zitat über Castrop-Rauxel. Ein Kollege rief mich deshalb sogar an. Fips Asmussen, der immer so fuuuurchtbar schlechte und platte Dönekes von sich gibt, soll einmal gesagt haben: “Wenn du in Castrop-Rauxel einatmest, dann spuckst du Briketts aus.”
Noch so einer, der ein bisschen Nachhilfe nötig hat.“

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