Europa, wir ham’s geschafft – VfL-Hannover 3:1 – 22. Mai 2004

Wenn ich gebeten werde, die Top 10 meiner VfL-Spiele aufzuzählen, nenne ich immer die drei Uefa-Cup-Heimspiele unter Toppmöller. Trabzonspor, Brügge, Ajax – unglaubliche Erlebnisse. Der Aufstieg in Aachen 2002 unter Neururer fehlt ebenfalls nie. Winterliche Kälte im Mai und Pedder oberkörperfrei nach einem 3:1.

Und dann noch dieses Spiel. 3:1 gegen Hannover 96, eine Jubelbombe, die nicht entschärft werden kann, explodiert. Filmemacher Ben Redelings hält von außen drauf – für seinen Film „Wer braucht schon ein Sektfrühstück bei Real Madrid?“ 32 000 Bochumer im weiten Rund brüllten den VfL zum Dreier – und weinten danach Freudentränen. Ich nannte den Blog-Text einfach nur „Europa wir ham’s geschafft“ und zitierte für die Dachzeile „Trainspotting“: „Nimm den besten Orgasmus deines Lebens – nimm ihn mal 1000 und du bist noch nicht mal nah dran.“

So geht der Text:

Eigentlich macht „man“ das ja nicht. Eigentlich denkt „man“ ja nicht daran, was wohl genau passiert, wenn die letzten Sekündlein des eigenen Lebens schlagen und die wichtigsten Momente noch einmal vor den Augen ablaufen. Der Mensch lebt von Augenblicken, von kleinen Gefühlen, von Kicks, von Ekstase; und oft stelle ich mir ein eigenes Gefühlsalbum zusammen. Ein Album, das ich aufschlage, in dem ich herumblättere, und das mich alle Gefühle der jeweiligen Momente noch einmal erleben lässt. Welche Emotionen hätte ich wohl bisher archiviert? Sicher, die Verleihung des Abi-Zeugnisses und der darauffolgende Stinkefinger Richtung Schulgebäude. Na klar, die Momente, als ich unter dem Nordkapp-Globus stand oder unter der Davidsquelle in En-Gedi am Toten Meer in Israel. Natürlich auch der Aufstieg 2001 in Aachen. Nicht zu vergessen das UEFA-Cup-Spiel gegen Trabzonspor. Heute, ja heute hat dieses Gefühlsalbum ein ganzes Kapitel dazu bekommen. „Nimm deinen besten Orgasmus, nimm ihn mal 1000, und du bist noch nicht einmal nah dran“, beschreibt Irvine Welsh in „Trainspotting“ das Gefühl eines Drogenkicks. Okay, jajaja, der Vergleich ist gewagt (aber hey, ich bin Single), aber so ging es mir nach dem Abpfiff, ganz ohne Drogen. Rausch, Höhenflug, schreien, brüllen, hüpfen, der Waaaaaahnsinn.

Schreien im Stadion, vor dem Stadion, vor der Bühne, in der Straßenbahn, in der Kneipe, zu Hause und immer wieder immer wieder immer wieder: „UUUUUUUUUUEFA-Cup, UUUUUUUUUEFA-Cup, und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht, UUEEEEEEEEFA-Cup, UUEEEEEEEEFA-Cup.“ Diesen Tag werde ich niemals vergessen, niemals niemals niemals. Diese Gefühle werden fein säuberlich in meinem Herzen, auf dieser Homepage, in den Geschichtsbüchern und den Zeitungen aufbewahrt und bei Bedarf hervorgekramt. Die vielen Momente, die Eindrücke, die Menschen, der Jubel, die Umarmungen, die Freudentränen. Europa… wir haben´s geschafft! Und ich war dabei. Wie lang ich wohl brauche, um zu realisieren, was geschehen ist?

Aber jetzt nehmt den Uhrzeiger, und dreht ihn mit mir ein paar Stunden zurück.

… 14.15 Uhr – noch drei Stunden… dann ist alles vorbei. Dann ist die gesamte Saison vorbei, Geschichte, Schluss, Aus. Saison 2003/2004 byebye, war schön. Wo du am 34. Spieltag stehst, das zählt, das hast du dir verdient, heißt es ligaauf-, ligaab-, sportabauf-, sportartabwärts. Heute, genau heute, das ist der 34. Spieltag. Ich erinnere mich an den Saisonstart, als uns nicht wenige sogenannte Experten neben Eintracht Frankfurt zum ganz heißen Abstiegskandidaten kürten (ohne Christiansen und Schindzielorz, wie soll DAS NUR gutgehen!?!). Ich erinnere mich an die Spiele in Wolfsburg und gegen den HSV, den totalen Holperstart mit nur einem Punkt aus drei Spielen. Erinnere mich an Sonne. Regen. Kälte. Schnee. Freude. Jubel. Den Oliseh-Rauswurf. Und heute, heute ist Spieltag 34. Ein Sieg noch. Ein Sieg noch, dazu ein passendes Ergebnis aus Kaiserslautern und wir sind drin, wir sind drin, wir sind drin. Ich grinse, lache, schmunzle, versuche Witze zu reißen, mich vernünftig zu unterhalten. Es gelingt. 14.45 Uhr, noch zweieinhalb Stunden, dann ist alles entschieden. Dann wissen wir Bescheid. Es ist ein Gefühl wie vor einem Blind Date (… und da kenn ich mich aus). Du weißt überhaupt nicht, was dich erwartet. Du hoffst auf was schönes, was intensives, was lange anhaltendes, und doch kann es ein ganz schneller und hässlicher Flop werden.

Nervosität, Nervosität, Nervosität… 15 Uhr… jetzt treffen sich gerade Sam und Thommy vor dem Ticketshop. Für die beiden hat es nur noch für ein Sitzplatz-Ticket im C-Block gereicht, Kosten 25 Euro. Thommy hat – welch Einsatz – sogar einen Besuch in Brüssel bei seiner Freundin unterbrochen. Nur um heute dabeizusein. Die Spieler laufen sich warm. Bochum mit van Duijnhoven. Ich bekomme die neuen Sprechchöre hautnah mit. „Wir haben den weltbesten Torwart“ und auch „Unser Torwart braucht nen deutschen Pass“ und natürlich „Siehst Du Olli – so wird das gemacht“. Hannover kommt. „Christiansen o – ho“, wir haben die 21 Tore aus dem letzten Jahr nicht vergessen. Du Trottel, bitte heute an jedem Ball vorbeihüpfen. Ein letztes Mal Fahrenhorst, Hashemian, und selbstverständlich Anton-Vriesde-Fußballgott. Mein erstes Heimspiel seit fünf Wochen. Und die Abstinenz bemerke ich kaum noch. So voll in der Kurve, so viele Menschen, so viele bekannte Gesichter. Um mich rum Gerd und Krüger, nur die Dauerkarten-Inhaber haben es heute auch tatsächlich in die Kurve geschafft.

Warmlauf-Zeit überstanden. Jetzt gilt’s. „Danke“ leuchtet auf der Anzeigetafel auf, der obligatorische Dank der Spieler an die Zuschauer erfolgt per Plakat. Plakate gibt es im A-Block reichlich: „Noch 90 Minuten bis Europa“ steht auf einem. Die Stimmung scheint am Siedepunkt der Anspannung. Noch ein Tropfen mehr, und alles kocht über. Ich spüre die Anspannung aller 32.645 Zuschauer, die in Volt kaum zu messen wäre. Minute 1,2,3,4,5,6… nichts passiert… auf einmal springen Menschen auf der Haupttribüne auf. Mehr und mehr und mehr. Wie im Kindergarten-Spiel „Stille Post“ verbreitet sich eine Flüsterbotschaft, die auch von der Gegentribüne kommt. Und die Gewissheit: 1:0 für Kaiserslautern! 1:0 für Kaiserslautern! 1:0 für Kaiserslautern! 1:0 für Kaiserslautern! Auf der Anzeigetafel leuchtet das Fiege-Zeichen zur Ankündigung eines Zwischenergebnisses auf. Wir strecken unsere Hände aus. Tausende von Händen in der Luft. Hin- und heraufundabbewegungen wie vor einer La-Ola-Welle… „oooooooooooohhhhhhhhhhhhh“ – „HEEEEEYYY!“ Es steht dort gelb auf schwarz: 1. FC Kaiserslautern – Borussia Dortmund 1:0. Wir sind drin im UEFA-Cup. Noch nie zuvor strapazierte ich meine Stimme so sehr bei einem Tor auf einem anderen Platz.

Aber wie ich schon vorher sagte: Dortmund gewinnt auf keinen Fall. Wir müssen unsere Hausaufgaben lösen. WIR sind das viel größere Problem. Verhalten, behäbig, ängstlich ist unser Spiel. Bis sich Zdebel traut und einen 40-Meter-Pass auf Bönig schlägt. Flanke, Kopfball Hashemian, Ziegler hält sensationell. Na das nenn ich Torszene, hätt noch gefehlt, dass 96 in Führung gegangen wäre. Bleibt dran Jungs, bleibt dran. Nächster Angriff. Freier auf Hashemian, schöööön setzt der sich auf rechts durch. Eine weeeeite Flanke, MADSEN !!! MADSEN !!! MADSEN !!! TOOOOOOOOOOORRRR !!!! „Uuuuuuuuuuuuefa-Cup, Uuuuuuuuuuuuuu-efa-Cup… und wir ham das blau-weiße Licht bei der Nacht!!!!“ „Die Nummer EINS im Pott sind wiiiir“. Es ist nicht mehr zu toppen. Nicht mehr zu toppen.

Ich stehe auf der Tribüne und brülle. Brülle einfach alles aus mir heraus. Schrei-Therapie. Alle machen es genauso. Alle. Thommy und Sam auf der Tribüne auch? Stelle mir die Stimmung in Lautern vor, in den anderen Stadien, in denen die Zwischenergebnisse eingeblendet werden. Außer Dortmund drücken uns alle die Daumen. Wir haben es verdient. Die La-Ola-Welle geht rum. Schon in Minute 30. Schreien. Einfach nur schreien. Und dann kommt Christiansen und trifft. Ein Tor, das in der Dramaturgie nicht vorgesehen ist und trotzdem hochverdient erscheint. 1:1 zur Pause. Und Christiansen jubelt nicht mal. Traurig zieht er von dannen. Er will nicht der Pastor bei der Bochumer UEFA-Cup-Beerdigung werden. Halbzeit, Gedanken sammeln, noch 45 Minuten bis Saisonende. Die Cheerleader kommen. SMS von meinen Premiere-Kontaktmännern überall in Deutschland. Torschütze für Lautern? Lokvenc. Also wenn der uns in den UEFA-Cup schießt, hat der schon gewonnen, wenn er ab 1. Juli bei uns spielt.

Die Sekunden verrinnen bis zum Saisonende. Unsere legen munter los. Madsen hat eine tolle Chance, doch Haas hält. Haas? Die Hannoveraner helfen uns, wo sie nur können. Die US-Amerikaner Mathis und Cherundolo hat Trainer Lienen vorzeitig in den Urlaub geschickt. Ersatzkeeper Haas und Christiansen ersetzten die verletzten Ziegler und Brdaric vor bzw. während des Spiels. Ab der 55. Minute geht’s wieder runter mit der Spielfreude. Hashemian ist gar nicht zu sehen, Wosz glücklos und Freier vertändelt mal wieder jeden Ball.

„Nimm den raus“, rufen viele. Manche neigen wieder zu „Freier raus“. Die Trommelgruppe hockt wieder vor uns am Wellenbrecher und malträtiert ununterbrochen das Lärminstrument. Wir geben nicht auf, wir haben noch die Kraft, wir müssen unsere Jungs nach vorn peitschen. Auf der anderen Seite, die Hannoveraner, die haben gut lachen, sind seit einer Woche fein raus, aber doch verlässt mich das Gefühl nicht, als wollten die uns nicht den Feierspaß versauen. Auf einmal recken sich auf der Haupttribüne die Hälse… Stille Post… Flüsterbotschaft… aber es wird weiter geflüstert. Auf der Anzeigetafel erscheint nichts. Kollers 1:1 in Kaiserslautern lässt die Gedanken einfrieren, versetzt dem Hirn einen Kälteschock. Zwei Minuten später… noch friert’s, da steht Freier frei und lässt sich den Ball abluchsen. Alle schreien, pfeifen, sind sauer, sehen den Zug Richtung Europa davonfahren. Die Rücklichter blinken. Was weiß ich.

Bei uns 1:1, in Lautern 1:1. Ne Viertelstunde noch. V-F-L, V-F-L, V-F-L, fehlt nur noch, dass die tollen Fans aus Hannover auch noch mitbrüllen. Doch in einer Saison, in der alles läuft, hält das Drehbuch noch die passende Pointe parat. Jaaaa, unser Slawo, unser hassgeliebtes Baby, das in dieser Saison so unfassbar SCHEISSE gespielt hat… Auf den schwachen linken Fuß unseres Slawo kullert der Ball in Minute 76, und der lange Flug dieses 20-Meter-Schusses wird in meinem Gefühlsalbum immer (und ich betone: IMMER) weit vorn stehen… TOOOOOOOOOOORRRRRRR!!!! 2:1!!!!!! SLAWO WIRD UNSTERBLICH!!!! DENKMAL!!!! Wie Rocky persönlich recke ich meine Fäuste nach oben.

JAAAAA! Umarmen, klatschen, interaktiv auch mit Thommy und Sam. Es ist vollbracht. „Der Freier – hab ich doch gleich gesagt, dass der gut ist“, frohlockt Gerd, der vor fünf Minuten noch zur Freier-Raus-Fraktion gehörte. Eine Minute später geht Freier auch raus, aber mit den größtmöglichen Sprechchören, die seit vielen Jahren ein Spieler im Ruhrstadion bekommen hat. Noch ist es nicht gelaufen. Bloß keinen reinkriegen. Wie stehts in Lautern? 1:1 immer noch? Gut. Freistoß Jaime, Minute 81. Van Duijnhoven hält. Puuh. Lautern? 1:1? Frag nicht dauernd, Andi. Das nervt bestimmt. Drei Minuten noch. Ecke für uns. Stevic. Konzentrier dich, Micky! Er tuuuuuuuttt’ss, langer Pfosten, Fahne Fahrenhorst nickt rein… 3:1, es ist der Klecks Erdbeersoße auf dem Spaghetti-Eis. Fahne, der nächste, der sich mit einem Tor verabschiedet, seinem siebten. Es passt wirklich wieder alles. Schluss bei uns. Und das bange Warten. „Drei Minuten Nachspielzeit in Kaiserslautern“, tönt es aus dem Lautsprecher. Wir fassen uns alle an den Händen, die Spieler knien auf dem Rasen, Neururer ist irgendwo bei einem Premiere-Bildschirm verschwunden. Fast jeder zweite Fan telefoniert, hört Radio und bibbert. Gehen diese Minuten denn nie um? Du kannst nichts mehr tun, nur hoffen, nur hoffen auf die Gerechtigkeit, die uns in den UEFA-Cup hieven müsste. Und hieven wird. Ich bin sicher… da geht nichts mehr schief! Und dann die Bestätigung auf der Anzeigetafel… Jubel. Ohrenbetäubend. Es ist vorbei. Europa, wir haben´s geschafft!

Was in den Minuten bis 17.35 Uhr geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis. „Nimm deinen besten Orgasmus, nimm ihn mal 1000, und du bist noch nicht einmal nah dran.“ Es ist ein Mischmasch aus Ungläubigkeit, Handyvibration, Jubel, Gebrülle, Gelächter über die Spieler und einem Schuss europäischer Überheblichkeit. Zum Lieblingslied wird ein langgezogenes „Ladiladiladiladihoooo – BVBBBBB Hurensööööhne!“ Ich hab’s nie mitgesungen, aber heute schmettern das alle. Obwohl’s furchtbar primitiv und dämlich ist. Egal. Immer lauter dann „DIE NUMMER EINS IM POTT SIND WIIIIIR!“ Haut euch das mal rein: Wir stehen vor Dortmund und Schalke, deren Etat mindestens doppelt so hoch ist. Wir haben die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte hinter uns. 56 Punkte aus 34 Spielen, das gab es noch niiiiieee!!! Ich realisier nicht, was grad passiert, mit mir, um mich herum. Die Mannschaft dreht eine Ehrenrunde, hält auch vor der 96-Kurve. Eine fantastische Geste. Sie gratulieren uns auch. Nach einem ordentlichen Spiel. Und dann klopft jemand bei mir auf die Schulter.

Robert. Ein Mit-Abiturient von 1997, den ich damals mit zum VfL schleppte, anno 1994 oder so. Jetzt studiert er in München und kommt extra zum Spiel ins Ruhrstadion. Geschichten, Geschichten, Geschichten. „Europa, wir kommen“, singt Jo Hartmann, „Europa, wir haben´s geschafft, der VfL Bochum – IM UEFA-CUP!!!“
Treffpunkt mit Thommy und Sam direkt vor der Ostkurve. Umarmen, hüpfen, „UUUUUUUEFA-Cup“ brüllen, anderen auf die Füße treten, egal, die hüpfen mit. Wir schlendern Richtung Bühne vor der Ostkurve. Sam geht direkt weiter nach Hause, Gerd zieht es ins Bermuda-Dreieck zu seiner Frau. Thommy und ich harren aus, schauen Michael Wurst zu, dazu rocken wir zu Jo Hartmann. Wir sehen, wie unser Fan-Beauftragter Moppel und der Stadionsprecher Mirko immer betrunkener werden, singen alle Jo Hartmann-Lieder dreimal, vom „Bochumer Jungen-Lied“ über „Wir sind die Fans des VfL“, „Europa wir kommen“ bis zu „Mein VfL“. Zwischendurch Grönemeyers „Bochum“, immer wieder, und auch einmal – aus welchem Grund auch immer – „Geh doch zu Hause“ von Mickey Krause. „Die Mannschaft kommt in fünf Minuten“, heißt es alle fünf Minuten. Es regnet, egal, dann warten wir halt. Es wird 18.10, 18.20, 18.30, und noch immer schauen Thommy und ich uns ungläubig an, ohne zu realisieren, was genau abläuft, ohne zu realisieren, in welchem Film wir uns gerade befinden. Stephan, der VfL-Fan, der mich über diese Seite kennenlernte, spricht mich an. Wir schießen ein Foto, Wahnsinn, heute treffe ich wirklich fast alle VfLer, die ich auch treffen will. Fehlt noch Stephan, der Mülheimer Straßenbahnfahrer und Dirk aus München. Egal, dann wird mit ihnen die Feier nachgeholt.

18.50 Uhr erspäht Moppel dann erst Sören Colding und Micky Stevic, dann den Rest und jetzt gehts erst richtig los. Jeder Spieler schnappt sich das Mikro, singt, brüllt. Der kleine Slawo Freier ist am allervollsten, Hashemian findet alle freundlich und wird mit „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“-Rufen verabschiedet. Und unser Trainer verliert dann sogar noch seinen Schnäuzer. Ganz groß. Einfach ganz groß.

Wird das eine Nacht in Bochum. 1996, da soll der Toppmöller – sagen die Legenden – auf den Schultern durch die Stadt getragen worden sein. Und diesmal? Diesmal sind im Bermuda-Dreieck alle Kneipen pickepackevoll, und aus allen dringen die Gesänge. Nahezu überall läuft „Bochum“ fast sogar als Endlos-Schleife, und überall reichen kurze Takte aus den Fan-Sprechchören „Ladiladiladiladihoooo“, „UUUUUUUUEEEFA-Cup…“ oder „Die Nummer eiiiiins im Pott…“, und alle singen mit. Wir landen im Threesixty, mit Gerd und seiner Frau, später mit Sam und seiner Frau, und begießen den Triumph. Begießen ihn mit guter Laune, zerstrubbelten, vom Regen nassen und total verangstschwitzten Haaren (naja, das trifft eher auf mich zu, die anderen Herren haben nicht mehr so viele…). „Steeeht auf für den V-f-L“, stimmt jemand an. Und alle stehen auf (außer Gerds Frau).

Um etwa zehn geht der Tag vorbei. Geht die Saison vorbei. Kein UI-Cup. Erst am 8. August wieder Pflichtspiel-Fußball. Wen wünschen wir uns im UEFA-Cup? Also ich wünsch mir in der 1. Runde zuerst ein Auswärtsspiel. Bin dann im Urlaub, in New York, Philadelphia oder wo auch immer an der US-Ostküste. Ach, lasst uns morgen darüber nachdenken. Erst einmal wird genossen. Die Saison, die Situation, dieser Augenblick des Formulierens, der auch ins Gefühlsalbum gehört. Es bleibt mir nur noch DANKE zu sagen für die großartige großartige großartige Saison.

DANKE gilt allen Lesern meiner kleinen Texte, DANKE natürlich an meine Stadionfreunde Gerd und Sam, DANKE an meinen Bruder Thommy, DANKE an meine besten Freunde, meine Familie und meine Arbeitskollegen dafür, dass sie meine Launen ertragen haben und DANKE an die VfL-Spieler für dieses großartige Jahr.

Europa, wir haben´s geschafft.

Der VfL Bochum – im UEFA-Cup!

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