Am 23. August 1999 berichtete ich für die WAZ/NRZ Mülheim über das Lokalderby in der Fußball-Landesliga zwischen Vatan Spor Mülheim und Union 09 Mülheim (0:1).
Rein in den Text:
Sie ballten die Fäuste, aber Begeisterungsstürme blieben aus. Mit 1:0 (0:0) gewann der TuS Union 09 am Samstag das Fußball-Landesliga-Derby bei Vatan Spor. Verdient, keine Frage, aber der Erfolg gehört der Kategorie Kampfsieg an.
350 Zuschauer kamen ins Ruhrstadion. Hohe Erwartungen hatten sie. Das Team mit der Viererkette (Vatan) traf auf die offensivstarken 09er – das versprach viele Torszenen und noch mehr Treffer. Doch auch vorgestern lief es dann wie bei den meisten Partien, von denen sich der Fußball-Fan einiges verspricht. Eine langweilige Angelegenheit wurde es, und die meisten Besucher stiefelten enttäuscht wieder nach Hause.
„Es war sicherlich kein überragender Sieg“, resümierte 09-Trainer Friedhelm Slomke. Aber wichtig allemal für die Gäste – ein dreifacher Punktgewinn, der erste in dieser Saison, das gibt Selbstvertrauen und Kraft für die Zukunft. Slomke hatte die erfahrenen Stefan Hohensee und Sebastian Szewczuk wieder aus der ersten Elf gekegelt und dafür die Talente Jörn Benzinger und Kahraman Simsek aufgestellt. Für Frank Wasserkamp rückte Marcello Latone ins Team. Auch in Sachen Taktik gab’s was Neues: Jörn Benzinger präsentierte sich als Libero, Routinier Ralf Zils rückte ins Mittelfeld vor.
Soviele Personalwechsel hatte Vatan nicht nötig. Trainer Mohamed Ali Abdelhafid bot dieselbe Elf auf wie beim 4:1 gegen Buchholz. Das machte sich auch bezahlt. In den ersten 40 Minuten hinterließen die Gastgeber den stärkeren Eindruck. Sie spielten keineswegs mit so viel Feuer wie in der letzten Woche, aber feldüberlegen waren sie. Zwei dicke Chancen hatte Vatan, doch Cevdet Calis (23.) und Ertan Örs (37.) scheiterten an 09-Torwart Thomas Verwaayen. Was der Keeper in der ersten Hälfte von seinen Vorderleuten sah, wird ihm nicht gefallen haben. Im Union-Spiel war keine Bewegung, die namhaft besetzte Offensiv-Abteilung blieb blass. „Hätten wir in der ersten Halbzeit ein Tor geschossen, dann wären nach der Pause noch drei oder vier mehr für uns gefallen“, glaubte Vatan-Coach Abdelhafid.
So aber hatte die Partie eine Wende. 09-Trainer Friedhelm Slomke katapultierte seine Personaltaktik gen Abfalleimer, nahm die Jugend wieder raus (Simsek, Rohpeter) und brachte die Routine (Szewczuk, Hohensee). Und siehe da – auf einmal lief das Union-Spiel, in der 52. Minute fiel sogar ein Tor. Stefan Hohensee wurde bei seinem Solo von niemandem gestört und schoss das Leder trocken in die kurze Ecke 1:0.
Der Rest der Partie ist schnell erzählt. Die 09er schaukelten den Sieg problemlos nach Hause. Die Vatan-Akteure verfielen in die für sie typische Hektik, wenn sie einmal in Rückstand geraten. Schnell wurde der Schiedsrichter als Schuldiger ausgesucht und auch sportlich lief nichts mehr. Fehlpässe zu Hauf, Flanken hinter das Tor – um den Sieg brauchten sich die Gäste keine Gedanken mehr zu machen. Torchancen? Hatten beide Teams nicht mehr.
Schlusspfiff. Minuten später spazierte Vatan-Trainer Abdelhafid immer noch fassungslos über den Rasen des Ruhrstadions. „Meine Mannschaft ist noch nicht reif genug. Wir hatten nach dem Gegentor noch so viel Zeit, um in Ruhe auf den Ausgleich zu spielen.“ So weit ist das Vatan-Aufgebot aber noch nicht.