Nachruf auf meine beste, längste Freundin

FC2823D1-4470-4DC6-A8D5-F49C638E6241Es ist eine kleine Anzeige nur. In der Mülheimer Woche. Tanja, gestorben am 26. Februar, noch vor dem Corona-Wahnsinn. Gehofft, gekämpft und doch verloren. Du bist nicht mehr da. Ich verzweifle daran.

Neulich habe ich beim Aufräumen einen Gutschein von Dir gefunden, aus dem Jahr 2003, handschriftlich. Gemeinsamer Länderspielbesuch. Das wäre schön, würde gern darauf zurückkommen. Wir wollten zusammen nach New York zu einem Billy-Joel-Konzert im Madison Square Garden fliegen. Oder mal wieder eins von Fury in the Slaughterhouse anschauen, es wäre das endloseste. When I‘m dead and gone und so. Eine T-Club-Revival-Party, auch das hatten wir uns vorgenommen. Und natürlich Eriks erstes Tor bejubeln, irgendwann in ein paar Jahren. Aber das geht nicht mehr, Du bist jetzt nicht mehr da.

Schon zu Kindergarten-Zeiten habe ich Dich in Broich kennengelernt. Freunde fürs Leben. Auch wenn uns unsere verschlungenen Lebenspfade mal ein paar Monate nicht an einen Tisch gebracht haben, für ein „Na Olle / Oller / Bruda / Sista, wie is?“, ein kurzes Update-Telefonat oder einfach nur ein Emoji hat‘s ständig gereicht. Du warst einfach immer da. Immer.

Wir haben endlose Stunden auf verschiedenen Sofas verquatscht. Tage, Wochen vertelefoniert. Hunderte Filme geguckt, zuletzt noch „Joker“ im November nach einer Lasagne bei Nudelland. Wie so oft, früher. Es war der letzte normale Abend, ohne Gespräche über Krankheiten, sondern mit stundenlangem Schwachsinn.

Wir haben in Bochum Fußball geschaut. Sind auf Jugendfreizeiten gefahren, seit wir 14 waren, haben am Lagerfeuer gesessen, sehr laut Fury und das geniale Punk- und Rock-Zeug der 90er gehört. Haben etwa vom 17. bis 25. Lebensjahr die Wochenend-Nächte im T-Club oder Ringlokschuppen verbracht, gemeinsam gelitten und gelacht. Du hast zu meinem 18. eine Überraschungsparty organisiert, mein Abi-Zeugnis habe ich 1997 mit einem dicken Kopp bekommen, da wir in der Nacht davor bis fünf Uhr in der Müga Deinen Geburtstag gefeiert haben. Wir standen bei DEM Millennium-Silvester um 0 Uhr zusammen auf der Schlossbrücke. Zuletzt hast Du uns am Blauen See in Ratingen bei den Kindertheater-Stücken jedes Jahr auf die Gästeliste gesetzt. Wir haben Dich bei Deinem geliebten Job als Produktionsassistentin besucht. Du hast mir 2014 in größter Not eine Wohnung besorgt. Und ich habe Sandra bei Dir kennengelernt.

Wie Du Dich sehr geschwächt zu Eriks Taufe geschleppt hast, wie stolz Du die Patenurkunde entgegengenommen hast, das sind die letzten von unzählbar vielen gemeinsamen Momenten, die ich nie vergessen werde. Da konnten wir nicht ahnen, dass dies unser letztes persönliches Treffen, unser letztes gemeinsames Foto sein sollte. Vor dem Super Bowl Anfang Februar wolltest Du noch Football-Nachhilfe, fünf Tage vor Deinem Tod schriebst Du mir: „Ich werd bestimmt wieder.“

Liebe Tanja, Deine Herzenswärme, Lebensfreude, Menschenliebe werden wir weitergeben – vor allem an Dein Patenkind. Olle / Sista, tut unendlich weh, dass Du nicht mehr da bist, dass auf meine „Wie is?“-Frage keine Antwort mehr kommt. Krebs ist scheiße.

Und an alle da draußen, die meine Zeilen gelesen haben: Schnappt Euch Eure besten Freunde und sagt Ihnen, dass sie es sind. Umarmt sie, lacht, weint mit ihnen. Denn es kann sein, dass sie schneller nicht mehr da sind als Ihr es Euch jetzt ausmalen könnt. Und das, glaubt mir, fühlt sich nicht cool an.

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