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Mein Bruder wird bestimmt behaupten, dass wir in genau diesem Spiel abgestiegen sind. Über Verletzungen und Einsamkeit in Niedersachsen
Revolution für 40 Cent
Die Einsamkeit eines
Auswärtsspiels: Lehrte um kurz nach neun
Diese Plakate ziehen mich
magisch an. "Alles muss raus", steht dort schwarz auf gelb, mal in A5,
mal in A4, mal in A3. Die ganze Scheibe ist zugeklebt damit. In meinem
Bauch ringen Jägerschnitzel, Pommes und ein halber Liter Cola aus
dem "Wurst-Basar" der Wolfsburger City-Galerie mit meinem Darm um die Verdauen-oder-Schmerzen-Preis,
meine Beine tragen mich in die "Wohlthatsche Buchhandlung". Dort kostet
scheinbar kein Buch mehr als vier Euro, mein Bruder würde hier einen
ganzen Lkw voll Lesestoff kaufen. Ich blicke auf meine Handyuhr, Mist,
muss gleich Richtung Stadion laufen, und auf meine Jacke, nicht viel Platz
zum Verstauen, und belasse es bei ein bisschen stöbern, als mein Blick
kurz vor der Kasse auf einen Stapel roter Bücher fällt. Autoren
sind Rosa Luxemburg, Lenin, dazu liegt da noch die Mao-Bibel. Preis pro
Stück 20 Cent. Ich entscheide mich für die beiden "L"s.
Die Revolution gibt's in
Wolfsburg für 40 Cent - 15 Cent billiger als ein "Kit-Kat" aus dem
Süßigkeitenautomaten im WAZ-Haupthaus in Essen.
Meine Liebste und ich haben
uns für eine Niedersachsen-Tour an diesem Tag entschieden - was dazu
führt, dass ich im 120. Pflicht-Auswärtsspiel meiner VfL-Karriere
mal wieder eine neue Form der Tour-Art kennenlerne. Den Morgen verbringen
wir im verregneten Witten, zwischen Windrädern, Pferden, Schafen und
Feldern, im Hintergrund rauschen Autos auf der A45 entlang. Ab zehn geht's
über A45, A44, A1 und A2 Richtung Norden. Wir sortieren noch einmal
unseren Tagesplan. Sie besucht alte Freunde in und um Celle, ich weile
erst in Wolfsburg und ziehe dann weiter nach Braunschweig - ein Ex-WAZ-Kollege
hat am 1. Januar seinen Dienst bei der "Braunschweiger Zeitung" angetreten.
Nach Revolution ist mir noch gar nicht, nach Auswärtsspiel auch nicht.
Ich beiße ins Sesambrötchen, ganz ohne Brotaufstrich, spüle
einen Schluck Mineralwasser hinterher und lausche der Stimme des Navigator-Ansagers.
"Ausfahrt vor ihnen", sagt der Typ kurz vor Hannover-Langenhagen. Kurz
nach zwölf schmeißt mich die Liebste am Hannoveraner Hauptbahnhof
raus. Ich steige in einen ICE Richtung Wolfsburg, kostet 10,75 Euro, verbringe
die Zeit im Bordbistro und langsam, gaanz langsam spüre ich das Auswärtsspielfieber,
das ich vor ein paar Minuten noch meiner Liebsten lang und breit geschildert
habe. So nach dem Motto "Je weiter die Fahrt dauert, desto mehr Zeit hast
du, vom Sieg felsenfest überzeugt zu sein". Es stimmt. Als ich aus
dem Zug steige, würde ich am liebsten all mein Geld auf einen 3:1-Auswärtssieg
setzen. Direkt nach meiner Ankunft ziehe ich am Fahrkartenautomaten für
20 Euro ein "Niedersachsenticket", das mich kostenlos durch dieses komische
Bundesland kutschieren wird. Als ich gerade gehen will, landen die BOZ-Fanexpress-Fahrer.
Der Professor raunzt mich erst einmal an: "Warum biste nicht mit uns gefahren!???"
Und das in einer beträchtlichen Lautstärke... Meine Ausreden
sind diesmal (Liebste, Braunschweig) perfekt, aber er will sie nicht hören.
Hören will ich jetzt
erstmal Musik. Stelle mit meinem ipod eine neue Liste zusammen, Lied eins
ist "Mein Baby war beim Friseur" von den Ärzten. Nein, mit den Haaren
meiner Liebsten ist alles in bester Ordnung, das Teil geht einfach ziemlich
geil ins Ohr. Der Rest sind Indie-Klassiker der vergangenen drei Jahre,
von Mando Diaos "Long before rock'n'roll" bis Franz Ferdinands "Dark of
the matinee". Ich fühl mich gut, laufe grinsend durch die mehr als
trostlose Fußgängerzone dieser seltsamen VW-Stadt. Graue Wolken
und Regentropfen verstärken diesen Eindruck. Sehr. Viel geändert
hat sich seit meinem letzten Aufenthalt hier nicht, aber wie ging noch
die Phrase mit dem Ackergaul und dem Rennpferd? Hinterm Bahnhof gibt es
jetzt eine Outlet-Store-Meile, außerdem soll es hier ein ziemlich
gutes Hallenbad geben. Sagte jedenfalls die Liebste, die zwar einige Jahre
um die Ecke eben bei Celle wohnte, aber von Wolfsburg eben nur das Bad
kennt. Bezeichnend.
Nach Jägerschnitzel
und Wohlthat steige ich in einen Bus (bin zu faul zum Laufen) und lasse
mich bis vor den Eingang der VW-Arena fahren. Leider ist der Ausgang der
Haltestelle gesperrt, weil unser VfL-Männergesangsverein - begleitet
von zahlreichen Polizisten - Richtung Gästekurve zieht und das übliche
"Liedgut" zum besten gibt. Es ist die ganz normale Auswärtsspiel-Folklore.
Gehört dazu, irgendwie. Ich frage mich, was der Ordner wohl denkt,
wenn ich aus meiner Jacken-Innentasche Bücher von Luxemburg und Lenin
ziehe. Nichts denkt er. Er schaut nicht mal drauf, sondern bittet mich,
mein Portmonee zu öffnen. Könnte ja Rauchpulver drin sein. Auch
das: Auswärtsspiel-Folklore. Ne Stunde ist's noch, ich sehe den Professor
samt BOZ-Gefolgschaft noch nicht. Meine Auswärtsspiel-Brüder
aus Berlin und Umgebung sind nur zur Hälfte vertreten - und das auch
noch auf einem Sitzplatz. Der eine Bruder hat seinen Sohn mitgebracht und
sagt nur: "Der Tom muss arbeiten" (Tom = Bruder) Okay. Bleibt noch genug
Zeit, um über die Lächerlichkeit der Fanszene des VfL Wolfsburg
zu schmunzeln. Wenigstens hat die VW-Marketingabteilung ganze Arbeit geleistet
und dafür gesorgt, dass 26.000 Zuschauer zu einem Spiel gegen den
VfL Bochum kommen. Wobei von den 15.000 Dauerkarten-Inhabern gefühlt
nur 2.000 gekommen sind. 60 Millionen Euro Transfers in zwei Jahren für
26.000 Leute. Oh je. Die Marketing-Menschen haben ein Vereinslied komponieren
lassen (das aber so unbekannt ist, dass der Text auf der Tafel mitläuft),
haben ein Vereinsmaskottchen (namens Wölfi) zusammengenäht und
die Stadionsprecher (vom Radiosender ffn ausgeliehen) zitieren Wolfsburgs
Trainer Magath mit dem Satz: "Heute brauchen wir Euch besonders. Es gibt
keine leichten Gegner." Ach so, als solcher werden wir hier wohl wahrgenommen.
Alles andere hätte mich auch überrascht. Wolfsburg ist zu Hause
ungeschlagen, wir auswärts noch ohne Sieg. Ein Fest für Tipper.
Wobei wir gar nicht einmal
so schlecht beginnen. Epalles Schuss wird im letzten Moment zur Ecke geklärt
- direkt zu Beginn - und Fuchs' Freistoß aus dem rechten Halbfeld
lenkt Benaglio so gerade eben mit den Fingerspitzen um den Pfosten. V-F-L,
V-F-L, V-F-L! Macht sich doch bezahlt, dass unser Trainer auf die gleiche
Startelf wie vor einer Woche setzt. Macht sich bezahlt? In Minute 20 humpelt
Yahia vom Feld. Er hat einen Tritt abgekriegt. Sieht nicht gut aus. Mavraj
kommt rein. Ui. Keine fünf Minuten später zeigt Zwetschge Misimovic
einmal mehr seine Genialität, die in Bochum zu wenig Leute erkannt
haben. Er luchst Imhof den Ball ab, tippt die Kugel leicht an und damit
traumhaft zwischen Mavraj und Maltritz durch. Dzeko ist frei, tunnelt Fernandes,
1:0. "Ramalama/dingdong" ist immer noch die Tormusik des VfL - und ich
hasse sie auch bei meinem fünften Auswärtsspiel hier. Weitere
sechs Minuten später hält sich auch Maltritz das Knie. Es geht
nicht mehr. Die Kapitänsbinde reicht er an Dabrowski weiter, unsere
Innenverteidigung bilden fortan Mavraj und Pfertzel. Zwölf ganze Minuten
reichen aus, um die komplette Rückrunde, um den ganzen Abstiegskampf
womöglich zu verlieren. "Das war's", höre ich meinen dauerhaft
vfl-pessimistischen Bruder schon analysieren. Wir spielen ohne Abwehr und
auch ohne Führungsspieler, nach Zdebels Rausschmiss. Nur Dabrowski
verbleibt und der ist eigentlich nur damit beschäftigt, nicht über
den Ball zu stolpern, so schlecht ist der drauf. Halbzeit 0:1, erst einmal
sammeln.
Das klappt gut. Gäbe
es einen Punktsieger der zweiten Halbzeit - so wären wir das. In Minute
55 vergibt Epalle eine Riesenriesenriesenchance, als er nach Sestak-Pass
frei vor Benaglio auftaucht, diesen aber anschießt. Eine Chance,
ähnlich groß wie die von Sestak im HSV-Spiel.
Weiter 0:1. Wir bekommen eine Ecke nach der anderen zugesprochen, insgesamt
neun werden es am Spielende. Aaaaaahhhhahhhhahhhh. Immer noch 0:1. Von
Wolfsburg kommt wenig bis gar nichts. Ein, zwei Fernschüsse, mehr
nicht. Trotzdem fällt in Minute 82 das 0:2. Dzeko hält sein Beinchen
in einen Schuss von Schäfer, drin. Ein Glückstor. Dass der (von
allen gefeierte) Ex-Wolf Klimowicz kurz darauf die Latte trifft, fällt
kaum noch auf. Schluss, Abpfiff, das erwartete Ergebnis. Gladbach hat gepunktet,
Bielefeld auch, Karlsruhe sogar den HSV geschlagen, morgen hat Cottbus
ein leichtes Heimspiel - wir sind der große Verlierer des
Tages. Wenn ich die Verletzungen von Yahia und Maltritz betrachte, dann
sogar der ganz, ganz große. Nach dem Abpfiff rufen wir "Gegen
Schalke dürft ihr nicht verliern" und als sich die Spieler bedanken,
noch "Vorstand raus".
Raus bin ich auch, aber
aus dem Stadion. Zurück spaziere ich zum Bahnhof, stöpsel mir
wieder die ipod-Kopfhörer in die Ohren, beginne mit "Mein Baby war
beim Friseur", fahre fort mit "Mr Brightside" (wieder so ein Indie-Klassiker).
Und als ich an den Outlet-Schaufenstern von Bugatti und Levi's vorbeischlendere,
läuft "The Unforgiven". Zum fünften Mal hergekommen, zum vierten
Mal verloren. Unverdient zwar, aber wen juckt das schon. Ich steige in
den schon am Gleis stehenden Regionalexpress Richtung Braunschweig, als
sich mein T-Mobile-Newsticker meldet. Maltritz und Yahia - so lautet die
Blitzdiagnose - fallen jeweils sechs Wochen aus. Oh weia. Hätte ich
doch nur 40 Cent für eine Abwehr-Revolution. Im RE sitzen kaum Wolfsburger
Fans - und die paar steigen am ersten Halt "Fallersleben" aus. Die Braunschweiger
stehen wohl nur auf die drittklassige Eintracht. Verständlich.
Drittklassig wird der Abend
nicht. Bei Gesprächen über WAZ, Braunschweiger Zeitung und so
lassen sich die Sorgen um den Klassenerhalt prächtig vergessen. Ich
schlürfe einen zu starken Kaffee, lasse mir von meinem Ex-Kollegen
Braunschweig und Niedersachsen erklären. Er sagt, dass sich direkt
um die Ecke ein "Irish Pub" befindet. Nach anderthalb Stunden fährt
er mich zum Braunschweiger Hauptbahnhof zurück, der wohl weit außerhalb
des Zentrums liegt. Wieder beginnt mein ipod mit "Mein Baby war beim ...",
jaja, meine Liebste wartet in Celle am Bahnhof auf mich. Über Vechelde
und Peine schleicht mein Zug Richtung Lehrte, einer Weltstadt nordöstlich
von Hannover. Hab Hunger, seit dem Jägerschnitzel mittags habe ich
nix mehr verputzt. Aber in Lehrte ist rund um den Bahnhof nichts zu holen.
Gar nichts. Nicht ein Mensch, nicht ein Auto ist dort zu sehen, nachts
um neun. Ich ziehe mir ein Mars (für 50 Cent, zehn Cent teurer als...
siehe oben), warte auf die S5. In der Bahn lässt sich die Toilette
nicht abschließen, macht aber nichts, ist eh keiner drin. Und in
Burgdorf und Otze (so heißt das wirklich) steigt auch niemand mehr
zu. Das Spiel liegt jetzt vier Stunden zurück, ramalamadingdong.
Klopfklopf macht's um 21.50
Uhr an der Beifahrertür meiner Liebsten, unmittelbar vor dem Bahnhof
in Celle. Gibt viel zu erzählen auf der Rückfahrt.
Im Fußraum finde ich
20 Cent. Das hätte für die Mao-Bibel gereicht.
Das Spiel
Wolfsburg
Rahmendaten: 120.009
Einwohner (Stand laut Wikipedia vom 31. Dezember 2007) - verteilt in die
16 Stadtbezirke Almke/Neindorf, Barnstorf/Nordsteimke, Brackstedt/Velstove/Warmenau,
Detmerode, Ehmen/Mörse, Fallersleben/Sülfeld, Hattorf/Heiligendorf,
Hehlingen, Kästorf/Sandkamp, Mitte-West, Neuhaus/Reislingen, Nordstadt,
Stadtmitte, Vorsfelde, Wendschott, Westhagen. Der Allerpark und das VW-Werk
nehmen zwar gefühlt 95 Prozent der Stadt ein, sind aber "rechtsfreier"
Raum und keinem Bezirk zugeschlagen. Warum auch immer.
Geschichte: Die Stadt
ist noch relativ jung. Sie hatte am 31. Dezember 1938 nur 1144 Einwohner.
Weitere Wolfsburg-Texte auf dieser Seite:
22. März 2003: VfL Wolfsburg
- VfL Bochum 2:0. Zum Bericht geht es HIER
!
22. März 2003: weitere
Notizen zur Wolfsburg-Tour HIER
!
2. August 2003: VfL Wolfsburg
- VfL Bochum 3:2. Zum Bericht geht es HIER
!
17. März 2007: VfL
Wolfsburg - VfL Bochum 3:1. Zum Bericht geht es HIER
!
Diese Zeilen schrieb ich
am 17. März 2007 über die Geschichte der Stadt:
Einst, irgendwann in den
20ern und 30ern, da schlummerten im niedersächsischen Niemandsland
zwischen Hannover, Braunschweig und Gifhorn ein paar kleinere Ortschaften
ganz ruhig vor sich hin - zum Beispiel Fallersleben, zum Beispiel Ehmen,
zum Beispiel Heßlingen. Auf dem Gebiet von Heßlingen befand
sich ein Schloss namens "Wolfsburg". Es hätte ein so schönes
Idyll bleiben können.
Doch am 26. Mai 1938 fand
um die Ecke die Grundsteinlegung zum VW-Werk statt. 1937 hatte Hitler Ley
damit beauftragt, den von Porsche entwickelten Wagen zu produzieren. Das
VW-Werk entstand auf Heßlinger Gebiet. Die Nazis beschlossen, rund
um das Werk Wohnsiedlungen zu errichten. Blitzschnell entstand die "Stadt
des KdF-Wagens bei Fallersleben" (KdF = Kraft durch Freude). Im Krieg wurde
das VW-Werk fast ausschließlich zu Rüstungszwecken benutzt und
war deshalb 1945 zu zwei Dritteln zerstört. Und wann erhielt die Stadt
Wolfsburg ihren heutigen Namen? Laut städtischer Homepage am 25. Mai
1945. (...)
Fakt ist: Wolfsburg ist
nicht nur eine verflucht hässliche (...) Stadt, in die es sich aus
vielen, vielen Gründen nicht zu reisen lohnt - sie hat auch noch eine
wenig ruhmreiche Gründungsgeschichte. Nur aufgrund der Eingliederung
von 20 Gemeinden 1972 darf sich Wolfsburg inzwischen "Großstadt"
nennen. Einwohnerzahl: 125.000. Einen Zusammengehörigkeitsgefühl
scheints nicht zu geben. Siehe städtische Homepage... lausche den
Gesprächen der "normalen" Wolfsburger.
Denn 2003 fand ich heraus,
was die Wolfsburger selbst an ihrer Stadt stört (laut offizieller
Stadt-Homepage):
"Wir sehen aber auch deutliche
Schwächen und nehmen sie als Herausforderung an", heißt es im
Vorwort zur Leitbild-Entwicklung: - Monostruktur der Wirtschaft, - hohe
Arbeitslosigkeit, - mangelnde Attraktivität des Einkaufens, abfließende
Kaufkraft, - fehlendes Flair der City, - Anspruchshaltung, schwaches Wir-Gefühl,
- geringe Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit der Stadt
Was passiert dagegen?
Sport. Viel Sport.
Wer auf der Wikipedia-Seite
nach "Wolfsburg" sucht und den Punkt "Regelmäßige Veranstaltungen"
anklickt, sieht dort: Heimspiele des VfL Wolfsburg in der 1. Bundesliga,
des VfL Wolfsburg in der 1. Frauen-Bundesliga und der Grizzly Adams Wolfsburg
in der 1. Eishockey-Bundesliga. Dafür entstand Anfang des Jahrtausends
ein komplett neuer Sportpark mit "VW-Arena" und "EisArena". Der Sport soll
die Stadt einen und schafft das auch so allmählich. Zum Spiel VfL
gegen VfL kamen 26.100 Zuschauer - aber na gut. Wenn ich 60 Millionen Euro
in zwei Jahren ausgeben darf, dann sorge ich auch dafür, dass zum
Heimspiel Bochum/Wolfsburg 26.100 Leute erscheinen. Als ernsthafter Konkurrent
wird Wolfsburg von den niedersächsischen Rivalen kaum angesehen, wie
ich an diesem Tag lernen durfte. Die größte Konkurrenz besteht
zwischen Hannover 96 und Eintracht Braunschweig. Wolfsburg wird zwar wirklich
nicht gemocht, aber noch einigermaßen toleriert. Eben weil der VfL
keine Tradition hat und die Rivalität nicht wachsen konnte. Im "RE"
von Wolfsburg bis Braunschweig saßen maximal 50 Wolfsburger Fans.
Direkt
nach dem Abpfiff.
Und Grün. Viel Grün.
Ebenfalls bei Wikipedia
rühmt sich die Stadt damit, dass ihre Grünflächen doppelt
so groß sind wie der Central Park in New York. Also bitte. Wolfsburg
mit New York zu vergleichen - es gibt auch Grenzen.
Und VW. Viel VW.
Die Wolfsburger machen sich
selbst nichts vor: Ihre Stadt ist VW. Ohne VW läuft nichts.
Keinen erstklassigen Profisport, keine tollen Autos, keine Einwohner, keine
Anzugträger. Und außer Profisport und Allerpark ist schließlich
der von VW gestiftete Park "Autostadt" dritte Hauptattraktion der Stadt.
Und wem das alles nichts
hilft?
Der fährt einfach an
Wolfsburg vorbei oder steigt in sein Auto oder den Zug. Bis nach Hannover
(50 Minuten mit dem RE), Braunschweig (25 Minuten mit dem RE) und Magdeburg
(45 Minuten mit dem RE) ist es nicht weit. Es wird sogar ab und zu von
der "Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg" geredet.
Die Fahrt - Tour durchs östliche Niedersachsen
Die Fassade des Braunschweiger
Hauptbahnhofs!
Von Wolfsburg nach Braunschweig
(18.10 bis 18.33 Uhr)
über: Fallersleben
- Weddel
Von Braunschweig nach
Lehrte (20.20 bis 20.55 Uhr)
über Vechelde - Peine
- Vöhrum - Hämelerwald
Von Lehrte nach Celle
(21.24 bis 21.47 Uhr)
über Aligse - Burgdorf
- Otze - Ehlershausen
Oliver Schröder
(l.) und Christoph Dabrowski mit dem Motto des Tages
Warum Derbysiege immer das Größte sind. Oder: Wie verflucht lang zwei Sekunden sein können
Feel Good
Versenk die Kugel. Versenk sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert und daaauert. Erinnere mich an den 2:1-Sieg vor drei Jahren, man, da hat doch auch der Kuranyi das einsnull für die anderen gemacht, und jetzt, DABRO HAU IHN REIN. Und man DABRO, taumel nicht so rum mit der Kugel, stolper nicht so rum...
Erinnere mich an das Vorgeplänkel.
Ein Derby beginnt nicht
erst am Samstag um 15.30 Uhr. Es ist Mittwoch, Donnerstag, Freitag, wann
auch immer. Weiß gar nicht, ob die Songs irgendwo auf Festplatte
oder CD in meinen Archiven lagern. Aber im Kaufrausch ziehe ich für
jeweils 99 Cent "Killing in the name of" von Rage against the machine,
"Sabotage" von den Beastie Boys, "Paranoid" in der Live-Version von Black
Sabbath und "Down with the sickness" von Disturbed bei iTunes ausm Netz.
Nicht so'n Gute-Laune-Punk a la "Chelsea Dagger". Einfach so druff, ohne
Hintergedanken. Eigentlich. Um kurz vor halbzwei am Samstag, als ich das
Haus verlasse, mir meinen Schal zurechtzupfe, die Digitalkamera in der
rechten Tasche meiner grünen Jacke verstaue, fällt mir auf, dass
ich mir auf dem ipod eine neue "On-the-Go"-Playlist zusammenstellen könnte.
Eine mit so richtig krassen Reinschädlern. Metallicas frühe Werke,
AC/DC. Und eben Rage, Black Sabbath.
Versenk die Kugel. Versenk sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert und daaauert.
Erinnere mich an das
Vorgeplänkel vor dem Anpfiff.
Alles ist anders als vor
dem KSC-Spiel vor zwei Wochen.
Ich bin fast schon geneigt, die Zeitspanne seitdem mit dem Wort "damals"
zu überschreiben. Damals jedenfalls: alle auf Krawall aus. Alle auf
eine Niederlage vorbereitet. Alle mit den Zdebel-A2-Plakaten in der Hand.
Alle mit "Koller raus" auf den Lippen. Heute reden wir von einem Derby.
Einem Revierderby. Hier wird nichts gefordert, was gegen die eigene Mannschaft,
den eigenen Trainer geht (jedenfalls so lange wir nicht zurückliegen).
Hier ist Ausnahmezustand. Wir reden uns vorher in Rage, regen uns nur ein
wenig darüber auf, dass Zdebel bei Leverkusens 4:1 in Hoffenheim gestern
volle 90 Minuten mitwirken durfte, von unserem Trainer aber als "regionalligatauglich"
eingestuft wurde. Große Hoffnungen machen wir uns (sportlich) nicht,
aber da wir uns ja wenigstens irgendwelche Ziele setzen müssen, beschließen
wir, darauf zu drängen, dass Rafinha vom Platz fliegt.
Versenk die Kugel. Versenk sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert und daaauert.
Erinnere mich ans
Einlaufen.
Stufe für Stufe für
Stufe betreten die Spieler den Rasen. "Hast im Schrebergarten Deine Laube!"
Das Schiri-Trio geht vorneweg, die Kapitäne Krstajic und Dabrowski
direkt dahinter. "Machst mit nem Doppelpass: JEEEEEEEEEEDEN Gegner nass!"
Die Spieler stellen sich an der Mittellinie auf, in einer Reihe. "Du und
Dein V-F-L!"
Versenk die Kugel. Versenk sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert und daaauert.
Erinnere mich an das
Spiel.
Ich bin nicht für Koller,
werde das auch nicht mehr sein, und ich glaube nach wie vor, dass eine
Trennung das Beste wäre, als Medikament gegen die vergiftete Stimmung
(hey, ein Spiel gegen Schalke, NICHT ausverkauft, NUR Plätze in der
Ostkurve noch da) - aber so wie's hier läuft... Kompliment! Seine
taktische Abweichung macht's aus, seine Notaufstellung zieht, ist genau
richtig. Gut, der Torwart ist 'ne Pfeife, wussten wir schon, warum Heerwagen
nicht spielt, keinen Schimmer. Die Abwehr stellte sich ohnehin mit Schröder,
Mavraj, Pfertzel und Fuchs selbst auf. Aber davor? Die Doppel-Sechs mit
Dabrowski und Imhof - und davor eine Art Neururer-Revival-Tour. 4-2-1-3.
Oder besser: 4-2-3-1. Vor der Doppel-Sechs ist Epalle als Spielmacher gesetzt.
Im Dreier-Sturm kämpfen Sestak (rechts), Klimowicz (Mitte) und Azaouagh
(links). Naja, oder eher Stürmchen. In Wirklichkeit bleibt Klimowicz
vorn stehen - und die beiden Außen helfen auch sehr oft in der eigenen
Hälfte aus.
Versenk die Kugel. Versenk sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert und daaauert.
Erinnere mich an den
Spielverlauf.
Mein Arbeitskollege rechts
neben mir lacht noch über Kevin Kuranyi ("Man ist der unbeweglich.
Man ist der schlecht. Hahahahaha" usw.), als in Minute 17 unser Pfeifentorwart
einen harmlosen Farfan-Schuss nur nach vorn abklatschen kann und Kuranyi
zum 0:1 abstaubt. Bis dahin ist Schalke die bessere Mannschaft und die
Führung nicht unverdient. Aber mit dem 0:1 kommen wir. Die Spieler.
Die Fans. Der Abstiegskampf-Geist. Wir machen das, was die Schalker nicht
können. Zweikämpfe bestreiten. Und gewinnen. Und foulen, direkt
danach zum gefoulten Schalker laufen und ihn beschimpfen, er solle nicht
simulieren (egal, wie hart das Foul war). Das sind Derby-Gänsehautmomente.
Sestak steht völlig frei vor Neuer, schießt den jedoch an. Das
ist rund um die 35. Minute. Kurz vor der Halbzeit schnappt sich Azaouagh
den Ball, und löffelt ihn mit einer Mordsdrehkurve auf die Kiste.
Neuer eiert durch sein Tor, weiß nicht, woe die Kugel einschlägt,
und: DRIN! Einseins!!! Bis zur 52. Minute erarbeiten wir uns ein Eckballverhältnis
von 13:0. Absolut rekordverdächtig! Unsere Aushilfs-Innenverteidiger
Pfertzel und Mavraj ziehen ihr Ding sensationell durch. Fehlt nur noch
das zweieins und das wäre jetzt auch VERDIENT.
Und dann setzt sich Fuchs
über die linke Seite durch. Marschiert am ausrutschenden Rakitic vorbei,
spielt die Kugel in den Rücken der Abwehr. Klimowicz erhält den
Ball, spitzelt ihn an Neuer vorbei, doch nicht rein, Kobiashvili stoppt
ihn vor der Linie, doch da ist Dabrowski. Muss ihn nur noch über die
Linie bugsieren. Irgendwie. Egal wie. Egal mit welchem Körperteil.
Versenk die Kugel. Versenk
sie! Man Dabro, du hast nur einen halben Meter zu überwinden! Einen
HALBEN METER! Ja, Jaa, JA, JAA, Jaaa, JAAA, man, mach's doch, da steht
doch nur noch ein Schalker auf der Linie. Du und der Ball, der Schalker
Torwart geschlagen, MACH'S DOCH, MACH'S DOCH! JAAAAA! Das dauert und daauert
und daaauert - ja, jaa, hüpf, hüpf, da isser, da isser, da isser,
TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOORRRRRRRRRRR!!!!
TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOORRRRRRRRRRR!!!!
Wuhuuuu, tatataaaaa,
Wuhuuuuu, Blur, gib mir den "Song 2" auf die Zwölf! JAAAAA!!! Dabros
zwei Sekunden zwischen Ballannahme und Kullertorschuss, gefühlt zwei
Stunden, und jetzt endlich DER TOR-POGO, auf den wir seit langer, langer
Zeit warten. Gigantisches Abklatschen, prickelndes Bier in meinen Locken,
streichelt mir über den Kopf, scheißegal, macht nix, macht nix,
HÜPFEN, TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOORRRRRRRRRRR!!!! "TOOOR FÜR DEN VFL
BOCHUM! Und der TORSCHÜTZE MIT DER NUMMER FÜNF: Christoph..."
"DABROWSKI!" "Christoph" "D A B R O W S K I!"
Da steht's auf der Anzeigetafel:
VfL Bochum 2, FC Schalke 04 1.
33 Minuten noch. 33 Minuten
zu allem, nur nicht zum Analysieren. 33 Minuten, um zu reden über...
... die "Stationettes",
die in der Halbzeitpause eine ausgearbeitete Valentinstags-Choreographie
präsentierten - und das zum Song "Love is in the air". Nicht schlecht
bei einem Revierderby.
... einen alten Fußballkumpel,
der das Azaouagh-Tor verpasste. Zwei Gründe werden für sowas
akzeptiert: a) Getränke holen, b) auf Toilette gehen. Er hatte eine
Mischung aus a) und b) zu bieten. Auf der Toilette suchte er in seinem
Portmonee nach Kleingeld, als Azaouaghs Flatterschuss das Netz ausbeulte.
... Rafinha. Fast schaffen
wir es doch noch, dass der Rechtsverteidiger gehen muss. Schon in Halbzeit
eins sah er Gelb, und fünf Minuten vor Schluss schlägt er Sestak
mit der flachen Hand ins Gesicht. UNFASSBAR! DUNKELROT!!! Der Schiri steht
drei Meter daneben und sieht's nicht. SIEHT ES NICHT! DAS MUSS DUNKELROT
sein. Und ELFMETER geben!
... über den Derbycharakter
in der Schlussphase. Nicht nur wegen Rafinha. Rudelbildung alle 30 Sekunden,
ja, so lieben wir's. "Wir wolln Euch kämpfen sehn", brüllen die
Fans von Gegenüber - und das ist einer der größten Triumphe.
Yeah. "IHR KÖNNT NACH HAUSE FAHRN!" entgegen wir nur. Und: "Ihr habt
bezahlt Ihr könnt jetzt GEHN!"
... über die Nachspielzeit.
Schalkes Pander trifft noch den Außenpfosten.
Schlusspfiff. So gehn die Bochumer, die Bochumer gehn so, so gehn die Bochumer, die Bochumer gehn so. *duck* so gehn die schalker, die schalker, die gehn so, so gehn die schalker, die schalker die gehn so. HINSETZEN! HINSETZEN! Wiiiiirrr singen HUMBA HUMBA HUMBA TÄTERÄÄ!!!
Hab in meinem iTunes-Kaufrausch
noch einen Song runtergeladen. Von den Gorillaz.
Feel Good.
folgt
folgt
folgt
"Und?", fragte mein Bruder Sonntagnacht am Telefon, als ich nach einem anstrengenden Wochenende gerade meine letzten Gedanken zusammenpuzzlete, um mich auf die Woche vorzubereiten, "Und? Wie war's in Bielefeld?"
Welch große Frage. Neun Stunden unterwegs, fünf harte Ordner-Kontrollminuten, Abstiegskampf. Und wieder 1:1. Das Ergebnis, über das ich schon vor geraumer Zeit (sprich: im alten Jahr, genauer sprich: in Hannover) gesagt habe, dass ich es nicht mehr sehen kann.
"Wenn Eilhoff", sagt mein Bruder zum Abschluss, "bei uns im Tor gestanden hätte, dann hätten wir gewonnen."
Ja, wir haben ein Torwartproblem
fd
Wieder einmal eins dieser nicht nicht-gewinnbaren Spiele. Wieder einmal eins dieser Spiel, die deine Mannschaft bestimmt. Eins dieser Spiele, die völlig klar zu analysieren sind. Jeder im Stadion sieht, welche Mannschaft die reifere Spielanlage, die besseren Einzelspieler hat. In Halbzeit eins beginnen wir schon besser, können gleich drei Elfmeter innerhalb der ersten 20 Minuten bekommen. Erst wird Grote gefoult, dann Imhof und zum Schluss Epalle von Eilhoff. Das ist der dickste Strafstoß von allen. Dick ist aber nur der Hund, dass wir wieder einmal leer ausgehen, wie schon in den ersten 20 Spielen der Saison. Noch kein Elfer in diesem Jahr! Vor einer Woche Rafinha gegen Sestak und jetzt gleich dreimal. Heftig. Es steht jedenfalls 0:0, auch als Eilhoff Azaouaghs Schuss pariert und Fuchs' Nachschuss an den Pfosten klatscht. Eine Führung wäre verdient, zumal Bielefeld nur nach Standards einigermaßen gefährlich wird - sowohl nach eigenen als auch nach unseren, die wir stümperhaft vergeben und dadurch Konter zulassen. Egal. Klimowicz fallrückziehert in Minute 36 zum einsnull für uns, überfällig.
´hardcore-kontrollen
musikgeschmack der bielefelder
Und doch steht am Ende auf
der Anzeigetafel "1:1". Das ist so, so, so bitter.
Ein Elfmeter für
den VfL Bochum. Isset denn...
folgt
"Warnung: Der VfL Bochum
kann süchtig machen"
Goosens Elfmeter
folgt
sauna-besuch
sam/gerd => eltern
goosen zitieren
folgt
Wenn Fußball unwichtig
wird: Schweigeminute für die Opfer des Amoklaufs
folgt
folgt
Die Aktion "Auf nach Gladbach" wird ein Erfolg, das Spiel eine Abstiegskampf-Abwehrschlacht vom Allerallerfeinsten!
Nur einmal im Jahr
Einlaufen zur "Elf vom
Niederrhein"
folgt
Man achte auf die Spielzeit:
89. Minute, noch 1:1...
folgt
folgt
folgt
VfL Bochum - Borussia Dortmund 0:2 (18.4.2009)folgt
Ein totes Spiel
Warum das immer sein
muss? Weiß nicht!
folgt
Werder Bremen - VfL Bochum 3:2 (25.4.2009)Ein Auswärtsspiel verbunden mit einem Tagesausflug. Bremen ist schön - aber trotz 2:0-Führung gibt's nichts zu holen
und
Sommer und Spazieren
am Osterdeich
45 Minuten träumen
Ganz zum Schluss, als alles
vorbei war, als der Schiedsrichter noch einmal in seine Pfeife pustete,
um das muntere Treiben auf dem grünen Rasen unter blauem Himmel zu
beenden, also ganz zum Schluss kam mein Berliner Kurvenkumpel und meinte:
"Wenigstens 45 Minuten träumen." Sagte es und verschwand Richtung
Auto. Ich dachte nur: Jau. Der Mann hat's. Schaute dann meine Liebste an
und dachte nur: Ach, was soll's.
Die Liebste, jaja. Auch
im 22. Jahr meiner ganz persönlichen VfL-Karriere gibt's (im 384.
Pflichtspiel) eine Premiere. Erstmals verbinde ich ein Auswärtsspiel
mit einem Tagesausflug mit der Liebsten. Passt diesmal gut, muss auch sein,
denn angesichts des erheblichen beruflichen Drucks (mit dem ich Euch nicht
nerven möchte) sehen wir uns zurzeit nicht so oft wie gewünscht.
Und einfach so einen ganzen Tag wegen eines VfL-Spiels verschwinden, wäre
doch extrem unfair. Wir machen uns also auf den Weg, morgens um halbzehn
in Dortmund. Nur 1:49 Stunde braucht der IC - das ist (wenn's schlecht
läuft) so lange wie mein Weg von meiner Haustür in Mülheim
bis zur Haustür meiner Liebsten in Witten-Annen. Sie liest im Zug
ein bisschen was für die Uni, ich nicht. Und ich lese auch keinen
Reiseführer. Aus meinen zahlreichen Aufenthalten in Bremen (Links
mit vielen Storys auf dieser Seite siehe unten) habe
ich den Fußweg blind drauf, inklusive Sehenswürdigkeiten. Einen
besseren Tag hätten wir nicht wählen können. Jemand, der
direkt vor uns sehr platzraubend die aktuelle Bild-Zeitung liest, zeigt
uns, was die Kollegen vom Boulevard titeln. "Was für ein Wochenende"
oder so ähnlich. Mit Gratis-sms von T-Mobile am Sonntag, Formel 1,
Bundesliga, ja, und eben zwei Sommertagen. 23 Grad werden's sein, wie gut,
dass der Wind ein bisschen unsere Gemüter kühlt. Wir entscheiden
uns, zu Fuß zum Stadion zu laufen (sonnenklar), kaufen Erdbeeren
auf dem Marktplatz, gehen in den Dom, setzen uns eine volle Stunde am Osterdeich
an die Weser, beobachten die Fans, die zum Stadion laufen, die Exhibitionisten,
die leichtbekleidet ihren Körper auf der Wiese zur Schau stellen und
das sichtbar lustig finden, schauen auf die Grillenden, auf diejenigen,
die Beachball spielen. In diesen Momenten fühle ich mich so gar nicht
wie Fußball, so gar nicht wie Auswärtsspiel, das ist Urlaub,
fehlt nur noch ein Eismann.
Doch den sehen wir nicht
und gegen halbdrei bewegen wir unsere entspannten Chillknochen Richtung
Weserstadion. Eins der wenigen, das auch tatsächlich noch so heißt,
beneidenswert. Die Bremer bauen ihr Stadion gerade aus, ein paar Baukräne
ragen in den Himmel und nicht nur ich bin nicht so richtig bei der Sache,
die Bremer sind es erst recht nicht. Für ein Auswärtsspiel sind
die Kontrollen am Eingang erstaunlich lasch und im Stadion dreht sich nichts,
aber auch gar nichts, um den VfL Bochum, sondern alles um das Pokalfinale.
Schon verständlich, weil es in der Liga für die Bremer um nüscht
mehr geht, aber Torwart Tim Wieses Nachnamen so plakativ zu buchstabieren
("Gebt mir ein W wie wunderbar, ein I wie irrsinnig..." usw.), erscheint
doch etwas zu übertrieben. Als wir die Aufstellungen sehen, befürchten
alle 39.303 Zuschauer einen furchtbaren Sommerkick. Ein Mit-Volo, der gerade
ein Praktikum in München absolviert, fragt per sms: "Ist das ein Trainingsspiel
oder was?" Bremens Trainer Schaaf schont Claudio Pizarro, Mesut Özil,
Clemens Fritz und Frank Baumann - die ersten drei sitzen wenigstens auf
der Bank. Bei uns sieht das ganz anders aus. Wie in alten Rolf-Schafstall-Zeiten
setzt Koller alle Abwehrspieler ein, die in unserem Kader stehen und fit
sind. Unsere drei Innenverteidiger spielen (Maltritz, Yahia, Mavraj), unsere
zwei Rechtsverteidiger (Concha, Pfertzel), unser Linksverteidiger (Bönig)
und unsere defensiven Mittelfeldspieler (Imhof, Dabrowski). Das Ganze wird
dann so eine Art Achterkette. Na klar sind alle acht Spieler sortiert,
aber in der Praxis schaut das nach "hinten reinstellen, treten, von Anfang
an auf Zeit spielen, den Ball rausbolzen und hoffen, dass Sestak zu schnell
ist für Naldo und Mertesacker" aus. "Nadelstiche setzen", nennt Koller
das.
So richtig motiviert und
ernst nehmen die Bremer das Spiel erwartungsgemäß nicht. Als
Diego schon nach 45 Sekunden erstmals nach einem Tritt auf den Rasen sinkt,
winkt er ab und alles sieht nach nullnull aus. Wenn's gut läuft für
uns. Ich beschäftige mich derweil mit meiner Liebsten, die herrliche
Fußballfragen stellt, zum Beispiel warum die Polizei alles mit Videokamera
filmt, ob es eine Verlängerung bei Unentschieden gibt usw. Macht schon
Spaß, leider scheint die Sonne nicht in unsere Kurve und wir müssen
im Schatten hocken. 1500 Bochumer sind da, darunter der Berliner, der mich
in so manchen Spielen schon mit der Tatsache unterhalten hat, dass er wöchentlich
Hunderte von Kilometern auf sich nimmt. Diesmal hat er seiner Frau gar
nichts davon gesagt. "Für die bin ich arbeiten", sagt er und drückt
sie weg, als sie auf dem Handy anruft, um den aktuellen Zwischenstand zu
vermelden...
Der ist nicht lange nullnull.
In Minute 16 überschreiten wir erstmals die Mittellinie, Pfertzel
- der so eine Art Spielmacher gibt - schnippt den Ball auf Sestak, der
ist wie erhofft zu schnell für Naldo und Mertesacker und versenkt
zum 1:0. Ein kurzer Ausrastermoment, mehr nicht. Unglaubliches Spiel jedenfalls.
Die Bremer Motivation erhöht das nicht gerade, zwar hat Werder 80
Prozent Ballbesitz, aber alle Schüsschen landen genau in den Händen
unseres Torwarts und die vielen, vielen Ecken bleiben harmlos. Eine davon
nutzen wir zu einem Konter. Wieder läuft Sestak allen davon, 2:0,
drei Minuten vor der Pause. YEAH! YEAH! YEAH! "Auswärtssieg, Auswärtssieg!",
brüllen wir. Halbzeit, die Liebste holt Apfelschorle und Fanta, sagt
"Auswärtsspiele sind schön. So viel Platz." Und ich lache.
Aber nur bis zu Beginn der
zweiten Hälfte. Denn leider führen wir viel zu früh mit
2:0. Wir haben die Bremer, die wie keine andere Mannschaft in Deutschland
genial Fußball zu spielen versteht, die womöglich völlig
zurecht zwei Pokale gewinnt, gereizt. Wir haben Schaaf dazu veranlasst,
erst Özil, dann Pizarro und dann Fritz einzuwechseln. Bei uns bleibt's
bei der 8-1-1-Taktik und wir alle hoffen, dass wir das zweinull so lange
wie möglich halten können. Klappt aber nicht so ganz. Äußerst
munter geht's zur Sache, in den 21 Minuten zwischen der 58. und 79. aber
dreimal zu munter für unsere Deckung. Da spielt Werder uns auseinander
und dreht die Partie, letztlich um Längen verdient. Erst passt Rosenberg
auf Almeida - 1:2. Dann schnibbelt Naldo die Kugel aus 20 Metern butterweich
rechts unten ins Eck - 2:2. Und schließlich darf Diego auch noch
zaubern - 3:2. In der Nachspielzeit köpft ausgerechnet unser sonst
so unsicherer, aber diesmal aufgerückter Torwart nach einer Ecke den
vermeintlichen Ausgleich, doch wir jubeln zu früh. Abseits. Erst eine
Minute später fragt meine Liebste: "Wie, hat nicht gezählt?"
Und ich lache wieder. Abpfiff. Verloren.
2:3 nach 2:0. Tse. In Bremen
zu verlieren ist nicht so schlimm. Keine eingeplanten Punkte. Aber so verlieren??
Da spaziere ich mit meiner Liebsten den Osterdeich entlang zurück,
wieder vorbei an Grillenden und Beachballern, dazu noch an Frisbeewerfern,
mag zwar "Was soll's" denken, aber doch nicht sofort gut gelaunt sein.
Jetzt ist's doch das leider übliche Auswärtsspiel-Gefühl.
Hat Spaß gemacht, doch was nehmen wir mit? Nichts.
Erst als wir wieder durch
das Schnoor-Viertel spazieren, dessen Anblick immer wieder verzückt,
vergesse ich ein wenig die 90 abgelaufenen Minuten, vergesse unsere fehlgeschlagene
Mauertaktik, vergesse, dass wir zweimal in Folge verloren haben, vergesse,
dass wir doch noch nicht so ganz gerettet sind. Noch einmal laufen wir
durch die Bremer Altstadt, genießen die Sonne, essen Pizza in einem
netten, kleinen italienischen Restaurant und setzen uns um 19.44 Uhr in
den IC zurück. Den Zug nutzen auch die BOZ- (oder jetzt ZuZ-) Express-VfL-Fans,
die mich "Warum biste nicht mit uns gefahren?" fragen und sich - teils
torkelnd, teils halbschlafend - in einen Waggon am anderen Ende bewegen.
Ich lehne mich an der Schulter
meiner Liebsten an, dusel ein wenig vor mich hin und träume. Von den
ersten 45 Minuten. Und diesem fantastischen Tagesausflug.
Saison 2007 / 2008 :
Werder Bremen - VfL 1 : 2 (3.2.2008) HIER
("Ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben")
Saison 2006 / 2007 :
Werder Bremen - VfL 3 : 0 (3.3.2007) HIER
("Stunde des Zweifels")
Saison 2004 / 2005 :
Werder
Bremen - VfL 4 : 0 (26.2.2005) HIER
("Writing to forget it")
Saison 2003 / 2004 :
Werder
Bremen - VfL 3 : 1 (22.11.2003) HIER
("Ich will nunmal irgendwohin")
Saison 2002 / 2003 :
Werder Bremen - VfL 2 : 0 (8.3.2003) HIER("Der
Ailton-Banovic-Komplex")
... ist im VfL-Tagebuch 2008/2009 - TEIL 4 nachzulesen !
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