Hagenshof – eine Einordnung

Im Rahmen meines Volontariats durfte ich im Dezember 2007 und Januar 2008 (als das erste iPhone erschien) den Duisburger Norden kennenlernen – heißt: die Stadtteile Marxloh (mitten im Zentrum liegt die Redaktion…), Walsum, Hamborn, Bruckhausen, Meiderich …

Dabei verfolgte ich am 23. Januar 2008 eine Sitzung der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck – und nahm eine Studie über die Hochhaussiedlung Hagenshof mit.

Zum Text im Archiv von DerWesten geht es hier.

Hagenshof: Eine Hochhaussiedlung aus den 1970ern, grau in grau, niedriger Charmefaktor. Deshalb gibt es seit April 2007 zusätzlich zum Bürgerhaus ein Stadtteilbüro. In der Sitzung der Bezirksvertretung Meiderich/Beeck stellte Büro-Mitarbeiter Horst Salmagne die Ergebnisse einer Umfrage vor. 122 Bewohner schickten den Bogen zurück. 73,7 Prozent der Befragten gaben an, gern im Hagenshof zu leben. Aber 72,9 Prozent der Befragten fühlen sich in der Siedlung nicht sicher.

„Das ist eine erschreckende Zahl“, sagte Rainer Gänzler (Grüne). Auf Gänzlers Hinweis, dass Polizei und Ordnungsamt im Hagenshof mehr Präsenz zeigen müssten, entgegnete Bezirksvorsteher Willi Jankowski (SPD): „Es gibt dort doch eine neue Wache mit zwei Beamten.“

Horst Salmagne hörte sich die Anmerkungen der Bezirksvertreter in Ruhe an. Seit Gründung des Stadtteilbüros wurden die Dienste 1400-mal in Anspruch genommen. „Förderlich für unsere Arbeit ist, dass eine Mitarbeiterin muttersprachlich russisch kann“, sagte Horst Salmagne.

Denn in der Siedlung Hagenshof leben überwiegend Familien aus Osteuropa. Wie die Daten zur Umfrage verraten, haben 76,4 Prozent der Einwohner einen Migrationshintergrund. Von den Befragten beurteilen 84,4 Prozent ihre Wohnsituation positiv. 69,7 wollen aus dem Hagenshof nicht ausziehen – knapp 30 Prozent aber schon.

Das liegt aber scheinbar nicht nur am Sicherheitsempfinden. Zusätzlich sehen 68,8 Prozent der Befragten die Sauberkeit in ihrem Wohnumfeld negativ. Das Stadtteilbüro will in Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsbetrieben der Stadt eine Aktion mit Flyern und Plakaten starten – und wilde Verunreinigungen schneller beseitigen. Sicherer sollen sich die Einwohner fühlen, indem die Einsichtigkeit durch Schneideaktionen in Grünbereichen verbessert wird. Ein weiteres Problem sind für die Befragten „herumlungernde Jugendliche“. Die Schritte, um den Jugendlichen eine Perspektive zu ermöglichen: Sprachkurse und sinnvolle Freizeitbeschäftigungen.

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Die kommentierende Einordnung gibt’s auch noch – leider nicht die zugehörige WAZ-Karikatur…

Sieht die nicht schön aus, die Von-der-Mark-Straße in Meiderich? Eine aufpolierte Fußgängerzone, ein Citymanager kümmert sich um den Branchenmix, das ist schick, es herrscht eitel Sonnenschein. Doch am Horizont türmen sich dunkle Wolken: In Hagenshof – auch das gehört zu Meiderich – fühlen sich nach einer Umfrage 72,9 Prozent der Einwohner nicht sicher. Der Hagenshof: Eine vergessene Siedlung, die Probleme hat und Lösungen braucht.

Wie Meiderichs zwei Gesichter in der Politik behandelt werden, zeigte sich in der Sitzung der Bezirksvertretung am vergangenen Dienstag. Citymanager Jörg Frost legte seine Jahresbilanz vor, präsentierte per Powerpoint-Vortrag und Internet-Vorführung Ergebnisse und Ausblicke seiner Arbeit. Über eine Stunde dauerten Referat und Diskussion, am Ende klopften sich alle artig auf die Schulter.

Einen Tagesordnungspunkt später ging es um den Hagenshof. Um die Umfrage. Viele Bewohner fühlen sich dort nicht sicher, finden zudem die Siedlung dreckig. 30 Prozent würden am liebsten möglichst schnell wieder wegziehen. Horst Salmagne, Mitarbeiter des 2007 eingerichteten Stadtteilbüros, hörte sich die Redebeiträge der Bezirksvertreter an. Doch die dauerten nur fünf Minuten! Keine weiteren Ideen zu den in der Umfrage vorstellten Lösungsansätzen, keine Diskussion über die Zahlen.

Wozu über den Hagenshof reden, wenn’s auch die Von-der-Mark-Straße gibt. Die Bezirksvertretung muss ihre Prioritäten überdenken.

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