14. September 2001. 12. Urlaubstag. Nordkapp, Norwegen.

Meinen Sommerurlaub 2001 verbrachte ich in Skandinavien. Oh weia, zehneinhalb Jahre ist das schon wieder her… Gemeinsam mit meinem Grundschulkumpel Björn (Grüße!) fuhr ich im September des Jahres vier Wochen lang durch Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen – mit dem Höhepunkt “Nordkapp”. Während dieser vierwöchigen Reise führte ich ein Tagebuch – ein paar Einträge tippte ich für meine “erste” Homepage ab. Einige dieser Einträge habe ich “digitally remastered” und veröffentliche sie nun neu.

Dieser hier trug auf meiner “ersten” Homepage die Überschrift “Der Weg ist das Ziel” und stammt von meinem Tag am Nordkapp. Am 14. September 2001 erfüllte ich mir einen großen Wunsch.

 

Jetzt endlich rein in den Text vom 14. September 2001:

Habt Ihr Lebensträume?

Na klar, jeder hat das. Der eine will mal einen Ferrari besitzen, der nächste eine Deutsche Meisterschaft mit dem VfL Bochum feier … und so weiter. Niemand hat nur einen Lebenstraum, sondern mehrere. Genug der Definition.

Für mich hat sich ein großer Traum heute erfüllt; einer, der ganz oben auf der Liste stand. Einmal das Nordkapp sehen, an der nördlichsten Spitze Europas stehen. Ich erinnere mich, dass ich, als ich 10 war, mit großen Augen den Erzählungen meines Onkels Uwe lauschte, der Dias vom Nordkapp vorführte. Seitdem dachte ich ständig, ja fast in jeder freien Minute an dieses Fleckchen Erde im Norden Norwegens.
Heute war ein ganz, ganz besonderer Tag in meinem Leben. Intensiv, ganz intensiv. Spür diesen Hauch, diesen Lufthauch, der dir durch Haare, Nase und um die Ohren weht, blicke auf das Eismeer. Die gesamte Welt liegt hinter dir, nur noch das Ewige Eis am Horizont.

12.38 Uhr! Da ist er, der Globus. So oft in Reiseführern gesehen, so oft drüber diskutiert, so oft darüber gelesen. Da ist er. Nicht zu glauben! Ich habe es geschafft. Lasse die Gedanken kreisen. So stelle ich mir den Moment vor dem Tod vor. Dein ganzes bisheriges Leben läuft vor deinem inneren Auge ab. Der Felsen selbst ist nicht weiter besonders, keine Frage, aber diese Momente, diese Gefühle, diese Kraft, die der Anblick verleiht – wenn mir in meinem echten Sterbebett in hoffentlich ganz ganz vielen Jahren die wichtigsten Momente im Kopf begegnen, wird der Schritt zum Nordkapp-Felsen nicht fehlen. Es ist unbeschreiblich schön, einen Traum zu erfüllen.

Für unseren Urlaub bedeutet dieser besondere Tag den Gipfel, das Ziel. Ohne Nordkapp wäre die Reise nicht zustande gekommen. Seit Februar reden wir über diesen 14. September, trompeten es in die Weltgeschichte, egal, ob es die Leute interessiert oder nicht. Die Vorfreude… keiner konnte sie nachempfinden, keiner!

Nun sind wir da. Am Ziel.

Welcher Depp hat behauptet, das Nordkapp sei keine Reise wert? Glatte Lüge. Wir schlagen ein, einmal, zweimal. Gib mir fünf. Wir stellen fest, dass wir super sind, alles richtig gemacht haben. Das reicht an Eigenlob. Unser Wetterglück wird allmählich unheimlich. In allen Planungsrunden rechneten wir mit Regenjacke und Bodenfrost. Nun ist es trocken und wir haben 13,5 Grad. Wie war das noch mit den Tüchtigen?

Ich könnt Euch noch stundenlang erzählen, wie besonders dieser Tag war. Nachfühlen kann es niemand. Wenn mir nicht in den letzten Monaten die Tränen ausgegangen wären, ich hätte hemmungslos geflennt wie ein Baby nach der Geburt.

Fünf Stunden verbringen wir am Nordkapp, unser Zeltplatz liegt 10 Kilometer südlich. Ja, Süden. Dort geht es wieder hin. Ab sofort kann es regnen, mir egal. Am Nordkapp war’s schön. Nun fahren wir wieder Mülheim entgegen, so schlimm das klingt. Der Blick beim Postkarten schreiben schweift über das Polarmeer. Auf dem Papier stehen Namen aus dem Alltag, die Gedanken sind woanders. Nun sind wir da. Wahnsinn!

Es ist unser vierter Tag im Nichts. Ein Mensch, der’s nicht gesehen hat, kann sich das nicht vorstellen. In Skarsvag steht unser Zelt und drumherum: Nichts, null, zero. Der Besitzer hat sich früh verzogen, andere Camper gibt es um diese Jahreszeit nicht. Ein Auto kommt nicht vorbei, Tiere und Bäume Fehlanzeige. Hier ist nichtser als nichts.

We are real nowhere men!

Die Welt könnte untergehen, es würde uns nicht treffen. Hier ist nicht die Welt. Es ist still, selbst ein einzelner Grashalm, den der Wind zum Tanzen bringt, würde ein Echo hinterlassen.

Es ist einfach faszinierend. Erst Nordkapp, dann Zelten im Nichts. Abenteuer! Meine Worte werden schwach, meine Sprache reicht für die vielen Bilder nicht aus.

Eigentlich soll man aufhören, wenn es am Schönsten ist. Dieser Fall tritt nun ein. 12 Tage voller Highlights liegen hinter uns, genauso wie der nominelle Höhepunkt, das Nordkapp. Doch noch fahren wir nicht nach Hause. Keinesfalls. Erst in 16 Tagen kehren wir heim, nicht mal die Hälfte ist rum. Ganz Norwegen werden wir noch bereisen, keine Ahnung wie es wird. Die Fjorde liegen noch so weit weg. Ich verschwende keinen Gedanken daran. Genauso wie an zu Hause. Nicht nur 3100 Kilometer liegen dazwischen, sondern Welten. Ihr könnt mich alle mal!

Schade, dass ich morgen gehen muss. Der 14.9.2001 bleibt tief in mir. Niemand nimmt ihn mehr. Doch mein Weg geht weiter.

Denn der Weg ist das Ziel!

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