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VfL Bochum - VfL Wolfsburg 0:1 (28.10.2006)
"Jetzt ist gut" und andere zusammengebrannte Maxi-CDs an einem Pisswetter-Herbsttag
Armageddon kommt
Ist das ein Pisswetter. Sind
das Depressionen. Es reicht. Koller raus. Oder nicht? Mannschaft zu schlecht.
Oder nicht? Regen, Tropfen, Klatschen, nein, nicht für die Mannschaft.
Hab extra mein Uwe-Wegmann-Trikot aus dem Jahr 1993 angezogen, 13 Jahre
alt, passt aber immer noch, und was hat es gebracht? Nichts. 0:1 verloren.
Immer noch Letzter. Wir sind der FC Sunderland, olé.
Track 1: "Jetzt ist gut"
/ Such a Surge
Hab mir 'ne CD gebrannt,
gestern Abend noch. Wollte mal was Frisches und Neues hören im Smart.
In meinem CD-Regal lagern zahlreiche Maxis aus vergangenen Zeiten. Schnell
zusammengesucht, hurra. Track 1... damals 1999, Herzschmerz. Herzschmerz
wie jetzt. Ein Song, dessen Titel so gut passt wie kaum ein anderer. "Jetzt
ist gut". "IST GUT JETZT! ES IST VORBEI!!!!", brülle ich laut, mitten
im Smart, mitten im Stau kurz vor Gelsenkirchen-Süd auf der A40. Wieder
nach Hause fahren. Wieder verloren. Wieder Frust. Immer wieder Frust. IST
GUT JETZT! Leute rufen an. Leute, die Arena geguckt haben. "So dumm", sage
ich. "So unnötig. Gegen wen wollen wir gewinnen, wenn nicht gegen
WOLFSBURG!" Ich fluche. IST GUT JETZT. Aaaaaaaaaaahhhhhhhhhhhh!!!!
Track 2 bis 4: "Entre
dos tierras" und folgende / Heroes del Silencio
Nee, ich fahre noch gegen
einen Baum. Nach 2:04 Minute breche ich Such a Surge ab und klicke weiter.
Die Spanier von Heroes del Silencio haben außer "Entre dos tierras"
noch andere Lieder auf ihre CD gezaubert. Gezaubert, ja, sie lassen sich
sehr gut anhören. Die aggressive Stimmung weicht, der Stau löst
sich bei Essen-Kray auf, alles wird ruhiger, ich analysiere. Trauere. Die
Abstiegskampf-Phase, die sonst erst nach Spieltag 24 oder 25 greift, ist
diesmal schon nach neun erreicht. Hoffnungslosigkeit. Die pure Verzweiflung.
"Wir packen das nie"-Stimmung. Heute lief so viel daneben. Nach einer eigentlich
wirklich annehmbaren Woche mit zwei "Okay"-Spielen war alles wieder alles
weg. Beim Gegentor zum 0:1 durch Hanke (22.) patzte die Viererkette, die
ich doch so gelobt hatte. Flanke Krzynowek, Hanke trifft - NUR SO schießt
Wolfsburg Tore. Schröder ließ flanken, Maltritz verpasste, Butscher
verschätzte sich, drin. Unfassbar. Und vorn? Die Schwäche bei
Standardsituationen wird dramatisch. In 90 Minuten erspielten wir uns elf
Ecken (gut!) und mindestens fünf Standards in unmittelbarer Strafraumnähe
(sieben oder acht sind wahrscheinlicher). Und was passierte? NICHTS! Immer
wieder hoffen, immer wieder "Vielleicht JETZT" rufen - und immer wieder
ärgern, wenn ein Wolfsburger die Kugel problemlos aus dem Strafraum
befördert. Als ob wir das noch nie trainiert hätten. Für
die Wolfsburger ist es so leicht, auch mit einer sehr mageren Vorstellung
bei uns drei Punkte zu entführen. Leistungsträger wie Zdebel,
Maltritz oder Trojan - eigentlich im Aufwärtstrend - erlebten einen
fürchterlichen Rückfall. Maltritz flog nach 52 Minuten völlig
zurecht, völlig dämlich, vom Platz. Zdebel fand kaum statt, Trojan
wurde nach einer Stunde ausgetauscht. War er bis dahin zu sehen? Nö.
Einzige Lichtblicke: Bade, der zwei Hundertprozente vereitelte, Bönig,
der Linksverteidiger, vom "Stadion-TV" zum "Spieler des Spiels" gekürt
und unser Sturmduo Gekas/Fabio. Auf die Beiden verteilten sich unsere vier
Chancen des Spiels, aber geborene Goalgetter sehen auch anders aus. Dass
es 0:1 und nicht 0:6 wie vor zwei Wochen ausging, lag einzig und allein
am Wolfsburger Unvermögen. Die Überzahl ließen sie vollkommen
sausen - und die Ausbeute bei Kontern war miserabel. 0:1. Eins der schlechtesten
Bundesligaspiele der Saison. Zeitgleich findet wohl gerade die Pressekonferenz
statt. Ich möchte nicht hören, wie unser Trainer das alles wieder
schönredet. Na klar hatten wir wieder Vorteile im Ballbesitz, natürlich
haben wir uns viele Ecken und einige dicke Chancen erarbeitet. Aber WAS
BRINGT DAS???
Track 1...
... tut mir Leid, ich springe
noch einmal zurück zu Track 1. IST GUT JETZT! Aaaaaaaaah, sauersauersauer
Track 5: "Malibu" / Hole
Guter alter Rock, Ende der
90er, Hole, die Band von Cobain-Witwe Courtney Love. Herbst, Regen, nur
18.500 Zuschauer, Bundesliga-Minusrekord der letzten Jahre, schlechte bis
ganz schlechte Stimmung. "Fly away to Malibu", singt Courtney Love. Oh
ja, wie würde ich das gern.
Track 6: "Armageddon"
/ Söhne Mannheims
"Armageddon kommt oder ist
in vollem Gange", flüstern die Söhne Mannheims, als ich die Ausfahrt
"Mülheim-Winkhausen" wähle. Es ist das letzte Lied, das ich auf
dieser Fahrt noch hören kann, bevor ich meine Haustür aufschließe
und meinen VfL-Schal in die hinterste Ecke der Wohnung schmeiße.
Für ein paar Minuten. IST GUT JETZT! Hab gestern noch "Star Wars Episode
III" geguckt, zum ersten Mal in meinem Leben. Anakin Skywalker wird zu
Darth Vader. War Armageddon nicht auch so ein Hollywood-Schinken? Gedankensalat.
Armageddon, biblischer Ort für die letzte Entscheidungsschlacht, etwas
zu dick aufgetragen für so einen Blog womöglich. Aber es trifft
meine Laune. "Hast Du gehört, Armageddon ist da...!" Ich will nicht
der FC Sunderland werden. Ich will nicht am Ende 23 Punkte Rückstand
zum rettenden Ufer haben. Ich will nicht mehr, dass Marcel Koller Trainer
beim VfL bleibt. Diesen Fußball bin ich so satt, er war schon in
der zweiten Liga unattraktiv - und ist jetzt auch noch erfolglos, bäh.
Ich will nicht mehr über die "Ultras" diskutieren müssen, die
immer noch blind "Marcel Koller!" brüllen, sobald der leiseste Hauch
von "Koller raus!" ertönt. "Diese Ochsen!", war der Tenor in den erfahrenen
Fanklubs um mich herum. 10.000 brüllen "Koller raus", 500 "Marcel
Koller". Und die 500, im Schnitt 22 Jahre alt, sind der "harte Kern", alle
anderen gehen seit im Schnitt 22 Jahren zum VfL, und die zählen dann
nicht, oder wie?
Der Blinker ist betätigt,
es geht rechts ab. Ich schalte die CD aus, nehme das Bedienteil vom CD-Autoradio
ab. Frust. 0:1 verloren, gegen Wolfsburg. Vier Punkte Rückstand. Nun
nach Hannover. Berlin, Schalke, HSV, das sind unter anderem noch unsere
Gegner. Wie soll es weitergehen? Sollen wir etwa jetzt schon resignieren
und für die Zweite Liga planen? Sind wir so ratlos?
Ist in vollem Gange.
Bitterer Abstieg des Megafon-Mannes kurz vor Schluss
Uuuuh, das sind ja, das sind ja: DREI GESCHICHTEN auf einmal. Von Bergen-Belsen, Pfisters Mühle und einem Auswärtssieg
Die Helden eines meiner seltenen Erlebnisse: Auswärtssieg..
Friday I'm in love
Und tschüss Mülheim. Tschüss für einen Tag. Tschüss. Hape Kerkelings Buch steht immer noch auf dem ersten Platz der Bestseller-Liste. "Ich bin dann mal weg" heißt der Schinken, ich habe nicht vor, ihn zu lesen. Aber "Ich bin dann mal weg", das triffts. Es ist Freitag, ich werde das 94. Auswärtsspiel meiner VfL-Karriere sehen. Hab extra frei genommen. Stellt Euch das vor... lest Euch die Berichte aus der laufenden Saison durch, da steht alles drin von "schlecht" über "grausam" bis "fürchterlich" und "nicht bundesligareif" - und dafür nehme ich mir noch einen Tag frei! Naja, jetzt ists passiert, und dann kann ich ja auch glatt schon ein wenig früher losfahren. Schnell noch etwas am Sportjahrbuch rumgeschraubt, und dann los um 11.30 Uhr.
"Ich hatte sie nur verkauft - verkaufen müssen -, aber vier volle Sommerwochen war sie noch einmal mein Eigentum." In der AWD-Arena ist es kalt. Nicht sehr kalt, nicht eiskalt, nicht gefrierkühlkalt, aber kalt. Drei, vier Grad, schätze ich, ich muss mir schon den Kragen meiner Jacke bis zur Nase hochklappen. Noch 105 Minuten bis zum Anpfiff, ein kompletter Spielfilm fast. Die riesige runde Schüssel, die ich nicht wirklich schön und für packende Fußball-Stimmung geeignet finde, ist noch nicht einmal zu zwei Prozent gefüllt. Wie beschäftige ich mich nur? In meiner Tasche habe ich das Reclam-Heftchen "Pfisters Mühle" von Wilhelm Raabe, ein Dichter aus dem benachbarten Braunschweig übrigens, das ich für eine Hausarbeit brauche. Ich habe es zwar längst gelesen, aber warum es nicht nochmal tun? Auf dem Rasen passiert nichts, die Stadionsprecher bitten zum Soundcheck, niemand antwortet auf die "Könnt Ihr mich hören"-Rufe und ich verfolge die Rückkehr zur alten Mühle. Auf Seite acht.
Hab mir eine CD gebrannt, wieder einmal. Schnell noch alle Sachen zusammensuchen, Tasche packen, yes yeah, was muss alles mit? Natürlich, "1000 Tipps für Auswärtsspiele", das darf nicht fehlen. "Deutschland 2000", der aktuelle Baedeker, keine Ahnung, wo ich vorbeikomme, hab geplant, die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen zu besuchen, wenn die Autobahn es zulässt. Der VfL-Schal, logisch, Digitalkamera, Handy, Block, und "Pfisters Mühle" von Wilhelm Raabe, muss es für die Uni durchblättern. Und die neue CD, bloß nicht vergessen. Alles gepackt? Ach scheiße, Strecke ausdrucken. So schwer ist es gar nicht. Einfach auf die A3, die wird zur A2, die fährt an Bielefeld vorbei bis Hannover, noch ein-/zweimal kurz die Autobahn wechseln, und dann kommt schon Bergen-Belsen.
Wir sind ja eigentlich Tasmania Bochum. Zu Hause verlieren wir alles, auswärts werden wir auch schon irgendwann verlieren, wahrscheinlich heute. Hannover hat seit März zu Hause nicht mehr gewonnen, und wir als VfL Bochum sind ja ohnehin gut dafür, solche Serien zu beenden. Unser Trainer ist auch in der letzten Woche nicht rausgeflogen, das lässt mich und all die anderen Bochumer ein wenig verzweifeln. Warum? Wieder einmal diese Frage, aber noch nie so früh in dieser Saison. Tasmania Bochum. Hauptsache wir holen mehr als 20 Punkte. Alles andere wäre überaus peinlich.
"In den Wald hinein rauschte das Wasser nicht, das die Räder meiner Mühle in meinen Kindheits- und Jugendtagen trieb. In einer hellen, weiten, wenn auch noch grünen, so doch von Wald und Gebüsch schon ziemlich kahl gerupften Ebene war sie, neben dem Dorfe, ungefähr eine Stunde von der Stadt gelegen." Ich hab zwischendurch das Buch beiseite gelegt, bin zum Catering-Service gegangen, der leider auch in Hannover nichts Typisches, nichts Besonderes an sich trägt, sondern nur diese Fast-Food-Arena-Maschinerie bietet. Ich bestelle eine Cola, lege einen 20-Euro-Schein auf die Theke (sonst nichts in der Geldbörse), aber da vor mir scheinbar noch niemand etwas bestellt hat, kriege ich die 17 Euro Wechselgeld in Ein- und Zwei-Euro-Stücken. Gute Nacht! Ich stürz das Getränk runter, kriege ein Euro Pfand, das Portmonee wird noch dicker und wandle zurück auf die Stehstufen. Zurück zu Pfisters Mühle. Zurück in die grüne, aber gerupfte Ebene. In eine andere Welt. Unsere Spieler betreten den Rasen. Sie sind scheinbar gerade mit dem Bus angekommen. Müssen noch knapp 60 Minuten bis zum Anpfiff sein. Auf Seite neun.
Drei Stunden Autofahrt. Viel Zeit zum Nachdenken. Viel Zeit. Auf der Autobahn ist es leer, Zeit für... die neue CD. Das erste Lied ist "Die Fans vom VfL", ein Heuler von Jo Hartmann. "Wir sind die Faaaaaaaaaaaans, die Faaaaaans vom VfL, wir gehörn zusammen und wir werden immer meeeeehr". Immer mehr? Wohl kaum; seit Koller Trainer ist, sackt die Zahl rapide ab. Schnell weiterskippen zu Song zwei. Ein fulminanter Beginn, und Robert Smiths unverwechselbare The-Cure-Stimme schmettert: "I don't care if monday's blue, tuesday's grey and wednesday too, thursday I don't care about you, it's friday I'm in love / Monday you can fall apart, tuesday wednesday break my heart, thursday doesn't even start, it's friday I'm in love / saturday wait, and sunday always comes too late, but friday never hesitate." Friday I'm in love. Heute ist Freitag.
Es ist kalt, muss es einfach noch einmal erwähnen. Die Kurve füllt sich nur langsam, am Ende werden es knapp 800 Bochumer, für einen kalten Freitagabend bei dem Tabellenstand und den zuletzt gezeigten Leistungen gar nicht schlecht. Leichter Applaus beim Einlaufen, mehr nicht. Wer spielt denn? Zwetschge? Unser Stehgeiger pausiert offiziell wegen einer Wadenverletzung, könnte aber auch ein Vorwand sein. Maltritz ist gesperrt, dafür spielt Schnecke Drsek in der Innenverteidigung, furchtbar. Grote ersetzt Trojan links vorn, ein Versuch, ein Experiment. Die zwei Lösungen all unserer Probleme stehen am Mittelkreis und umarmen fast jeden unserer Spieler. Frank Fahrenhorst sitzt bei 96 auf der Bank, Vahid Hashemian spielt immerhin. Es wirkt, als würden die Beiden lieber unser Trikot tragen als das der 96er. Egal. Bade hat die Nummer eins verteidigt, als ob es das ausmachen würde. Ich will einfach nur ein vernünftiges Fußballspiel sehen. In dem sich unsere wenigstens ein klitzekleines bisschen wehren.
Es wird 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, die Autobahn ist immer noch leer, meine Müdigkeit besiege ich mit einem halben Liter Cola pur, also nix mit Light, Light Lemon, Zero. "Friday I'm in love" ist mein unangefochtener Liebling des Tages. "I don't care if monday's black, tuesday wednesday heart attack, thursday never looking back, It's friday i'm in love / monday you can hold your head, tuesday wednesday stay in bed, or thursday watch the walls instead, it's friday i'm in love". Autobahnabfahrt "Mellendorf", ein Hinweisschild "30 Kilometer bis Bergen-Belsen". 14.15 Uhr, in Gailhof gehts an eine Shell-Tankstelle. Und dann weiter. Es ist tiefstes Niedersachsen und das zwingt Gedanken wie "würde ich hier jemals wohnen können" geradezu in mein Hirn. Würde ich? Nein. Es geht durch Orte wie Fuhrberg und das unvergessliche Ovelgönne. Ein Hinweisschild geleitet die Autofahrer zu "Ovelgönne-Sportplatz" - nur wer spielt da? Winsen an der Aller wirkt fast schon wie eine Metropole. Da brauche ich schon eine Prise feinster Foo-Fighters- und Red-Hot-Chili-Peppers-Musik, um das gut gelaunt zu durchqueren. Um 14.45 Uhr erreiche ich die Gedenkstätte. Hab noch genug Zeit.
"Dutzende von nunmehr vermorschenden Tischen und Bänken unter unsern Kastanien und Linden, in Gebüsch und Lauben, auf auf behaglichen Rasenflecken zeugen noch davon. Heute haben Emmy und ich die Auswahl unter allen diesen haglichen Plätzen und das Reich allein an allen Tischen und auf allen Bänken." Nein, so richtig mag ich nicht vorankommen. Ein Reporter von Arena hat sich mit einem Kameremann und einem Kabelhalter in die Kurve verwirrt. Aber da selbst 55 Minuten vor dem Anpfiff nur knapp 20 Bochumer da sind - der Rest vergnügt sich wohl noch mit Glühwein in der Innenstadt, es ist niemandem zu verdenken - wird jeder gefragt, ob er nicht ein Statement abgeben will. Auch ich. Nee, da habe ich keine Lust. Ich sage einen komplett gelogenen Satz wie "Eigentlich gern. Darf aber keiner wissen, dass ich hier bin" und stelle den Typen damit zufrieden. Ich weiß doch selbst gut genug, was Totschlag-Argumente sind. Da befragt der Kerl eben die Trommelgruppe. Was hätte ich gesagt? Ich hätte in die Kamera geblickt und hätte Herrn Koller meine vielen Fragen gestellt. Erstens: Warum haben Sie so eingekauft? Zweitens: Trainieren Sie keine Standardsituationen? Drittens: Warum ist die Mannschaft nicht eingespielt? Viertens: Warum klappt es nur auswärts? Undsoweiter... Egal, Chance vertan. Ich kippe das Stadion-Fan-"Bild" wieder und krame aus meiner Jackentasche wieder das Reclam-Heftchen hervor. Und bewege mich wieder zurück in die Gründerzeit. Schnell auf die Uhr blicken. Noch 50 Minuten bis zum Anpfiff, auf der Anzeigetafel läuft inzwischen Arena-TV, also nicht Arena, sondern das stadioneigene. Auf Seite zehn.
Spielbeginn, erster Standard für uns, o la la, was geht denn hier ab? Grote flankt auf den zweiten Pfosten, Drsek steht freiiiiii, TOOOOOOOOOOOOOR!!! TOOOOOOOOOR!!! JAAAAAA!!! Nach vier Minuten!!! Jaaaaa!!! 1:0 für Bochum!! Optimal!!! Ruhig, Andi, ruhig, durchatmen. Es läuft gut. MSV-Fan Helmut fragt per sms an. "Bisher Riesenspiel von uns", funke ich etwas euphorisch zurück. In der Abwehr stehen wir gut. Drsek, Butscher, Pallas, Schröder - das sieht sehr ruhig aus. Hannover macht gar nichts. Null. Es ist für uns kein Problem, das 1:0 zu halten. Und wir müssten es sogar ausbauen. Misimovic vermisst hier keiner! Unser schneller Neueinkauf Gekas läuft gleich zweimal frei aufs Tor zu und verballert kläglich. "1:0, wir müssten höher führen", schreibe ich in der 40. Minute und befürchte, dass wir das Ding wie in Aachen noch mit 1:2 vergeigen. Es erinnert doch zu sehr daran. Zwei Minuten später ists so weit. Hannover ist zum ersten Mal im Strafraum, Stajner umdribbelt Bade, schiebt den Ball aufs Tor, jubelt fast, Drsek kratzt das Ding von der Linie. Bravissimo. Halbzeit 1:0.
Es soll heute kalt werden. Hab deshalb auch eine Jacke mitgenommen. Ich nehme sie direkt mit. Bergen-Belsen, das ist auch ein Ausflug in meine Vergangenheit. 1992, als 14-Jähriger, weilte ich in der Lüneburger Heide auf meiner ersten zweiwöchigen Solo-Jugendfreizeit. Hanstedt hieß das Örtchen, ein Ovelgönne-Verschnitt mit weniger als 1000 Einwohnern. Es waren wirklich wunderschöne Tage, ich verpasste einen 4:0-Sieg des VfL gegen Saarbrücken und ein 2:2 gegen Dortmund, verfolgte es aber live am Radio. Die Mitreisenden und das wirklich sensationelle Programm vertrieben meine VfL-Sehnsucht und bei "Wetten, dass..." holten wir abends um 20 Uhr sogar den örtlichen Pfarrer in unser Haus. Programmpunkte waren auch Ausflüge nach Celle (toll!), Uelzen (hervorragend!), ins Schwimmbad Uelzen (yippiyeah!) und eben Bergen-Belsen. Richtig viel Ahnung von der NS-Zeit hatte ich noch nicht und mit den zahlreichen Schautafeln konnte ich nicht wirklich etwas anfangen. Den großen Park nutzten wir eher zum Herumtollen als zum Nachdenken. Der Parkplatz ist leer, fünf/sechs Autos stehen dort. Vor 14 Jahren hielt hier einst unser Bus. 14 volle Jahre ist das wirklich schon her!! 14!! Zuerst Schautafeln? Zuerst Park? Zuerst Park! Das Wetter ist wirklich kalt, so kalt, dass ich meine Mütze in der rechten Jackentasche suche und finde und bis über die Ohren ziehe. Es ist ein Riesengelände, wirklich und kurz hinter dem Eingang begegnet mir das erste Schild "Hier ruhen 2500 Tote". Es ist die knallharte Konfrontation mit der Realität von einst, mit der 1945-Realität, vor 61 Jahren. Ein Uni-Prof ist hier in der Nähe aufgewachsen und er erzählt immer Geschichten aus der Nachkriegszeit, wie er hier auf dem Gelände spielte, auf den gerade frisch zugeschütteten Massengräbern. Schließt die Augen, stellt Euch vor, wie es damals an diesem Ort abging. Könnt Ihrs? Ich kanns, ich höre die Schreie, irgendwie. Für mich ist es nicht einfach nicht nur plattes Land. Nein. Ein paar Gedenkstein erinnern an in Bergen-Belsen Verstorbene, dazu gehört Anne Frank, die Tagebuch-Schreiberin. Ein Schild weist auf den außerhalb gelegenen russischen Friedhof hin, direkt neben einem weiteren Hinweis auf das "militärische Sperrgebiet". Dort, wo einst das Krematorium stand, ist jetzt ein Modell. Und immer wieder: Massengräber. Die Kälte schmerzt gar nicht mehr so sehr, hier in diese vollständigen Ruhe, in der kompletten Stille. 15.30 Uhr ist es, als ich in die Schautafel-Halle gehe, auch daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Die Bilder, die Vitrine, die Informationen. Nichts, was mir jetzt noch neu wäre, aber kann man es oft genug sehen? Der VfL ist so weit weg im Moment.
"Berlin ist eine große Stadt, und man kann es darin zu vielem bringen, wenn man die Augen offen und auch seine übrigen vier Sinne beisammen behält und nicht ganz ohne Grütze im Kopf ist." Nein, um richtig intensiv zu lesen, ist dies nicht der geeignete Ort. Frag mich, wie mein Bruder das immer anstellt, der die dicken Wälzer stets bis kurz vor dem Anpfiff zu lesen pflegt. Wenigstens ein bisschen komme ich noch voran. Es geht um Berlin, da bin ich nächste Woche, wenn der VfL dort spielt. Als ob sich das noch lohnt. Wir sind ja bald Tasmania Bochum, holen doch keine 20 Punkte in dieser Saison. Keine Grütze im Kopf, Berlin. Jaja. Gleich geht es los. Berlin. Nächste Woche. Die Spieler sind bereits zum Aufwärmen auf dem Feld. Auf Seite 14.
Was habe ich denn da gerade gesehen? Warum läuft es auswärts und zu Hause nicht? Kann das sein? Zu Hause stehen elf Anti-Fußballer auf dem Platz, die mit der runden Kugel nichts anzufangen verstehen. Und auswärts läuft alles wie geschmiert. Die zweite Halbzeit beginnt und erstmals in dieser Saison habe ich das beruhigende Gefühl, dass nichts mehr schiefgehen kann. Nichts mehr. Irgendwann fällt schon das zweite Tor. In Minute 72 ist Gekas wieder frei durch. MACH ES! MACH ES! MACH ES! Er schießt, Enke wehrt ab, Nachschuss, TOOOOOOOOOOOOOORRRR!!! 2:0! DIE ENTSCHEIDUNG! Nicht mehr Letzter! Der Abend klingt aus, wie ich es nie vermutet hätte. Mit drei Punkten, einem seltenen Erlebnis, einem Auswärtssieg. Das Spielniveau in der zweiten Halbzeit? Geschenkt! Nicht wirklich hoch. Wenn wir international mitspielen würden, hieß es bestimmt: "Ganz souverän nach Hause gespielt". Jetzt sind wir für alle wohl nur die "bessere von zwei schlechten Mannschaften". Nein, das trifft es nicht. Wir haben für unsere Verhältnisse ein astreines, perfektes Spiel gezeigt.
Um 16.15 Uhr steige ich wieder in den Smart und fahre weiter. Höre noch keine Musik, erst einmal, stelle die Heizung auf "volle Pulle". Soll ich jetzt noch den Hanstedt-Revival-Trip mit Celle komplettieren? Ist nur noch elf Kilometer weg! Nee, ich machs nicht. Vielleicht ist Stau auf der Autobahn und ich komme noch zu spät. Langsam fahre ich auf der Landstraße zurück, lasse mich von den vielen Autos überholen, die mit 120 km/h hier langbrettern, noch einmal Winsen an der Aller, Ovelgönne, es wird allmählich dunkel. Ein Hungergefühl überfällt meinen Magen, ich suche ein Fast-Food-Laden. Aber erst einmal - warm ists wieder - kommt "Friday I'm in love" zum Einsatz. "Saturday wait, and sunday always comes too late, but friday never hesitate... / dressed up to the eyes, It's a wonderful surprise, To see your shoes and your spirits rise, Throwing out your frown, and just smiling at the sound, and as sleek as a shriek, spinning round and round, always take a big bite, it's such a gorgeous sight / to see you eat in the middle of the night, you can never get enough, enough of this stuff, it's friday I'm in love". In Gailhof neben der Shell-Tankstelle halte ich beim Döner-Mann, schmeckt sogar. Auf der Autobahn ist Stau, als hätte ich es gewusst, aber gegen 17.45 Uhr schon fahre ich am "Hannover"-Eingangsschild vorbei. Die AWD-Arena ist gut ausgeschildert, aber die Parkplätze öffnen erst um 18 Uhr. Ich fahre noch ein bisschen rum, durch die Innenstadt, durch die Vororte und fahre um 18.05 Uhr den Schützenplatz an. Bei meinen letzten beiden Auswärtsspielen hier war dort gerade Kirmes, Schützenfest, was auch immer. Nur ein paar Autos stehen schon dort, ich habe die freie Auswahl. Schnell parken und langsam zum Stadion spazieren. Die Jacke ist an, die Temperaturen haben noch einmal nachgelassen. Bei einem Pizza-Stand gibt es die Rock-am-Ring-gefüllte-Gedächtnispizza. Hunger habe ich doch noch, für eine solche Pizza reicht es immer. 2:10 Stunden bis zum Anpfiff, jetzt öffnet so allmählich die Gäste-Kurve. Ich muss dafür einmal ums Stadion laufen, und schleiche fast. Angekommen, noch zwei Stunden, schnell die Eintrittskarte suchen, mich selbst abtasten lassen - demnächst ziehe ich mich wohl nackt aus am Eingang. Sicherheitsprobleme gibt es nur in der Oberliga, aber nur in der Bundesliga wird nun schlimmer kontrolliert. Jede Jackentasche, jede Hosentasche, unter der Mütze, hilfe, wenigstens gehen weitere zehn Minuten drauf. Um 18.40 Uhr gehts rein in die Kurve, das Stadion ist leer.
Abpfiff. Das Buch verknickt schon lange wieder in einer Jackentasche. Bis auf Seite 17 habe ich es geschafft, keine besonders herausragende Bilanz.
Scheiße, Koller bleibt noch eine Woche länger. Wir haben nun zwei Spiele in fünf Tagen, selbst wenn wir gegen Leverkusen wieder blamabel spielen sollten, bleibt Koller bis Berlin. Leiden kann ich ihn immer noch nicht, obwohl er zugegeben diesmal alles richtig gemacht hat. Grote für Trojan: korrekt, siehe erstes Tor! Drsek in der Innenverteidigung: korrekt! Tor eins gemacht, hinten eins verhindert. Bade als Nummer eins: korrekt! Hat einen sicheren Eindruck hinterlassen. Auf Misimovic verzichten: korrekt! Die Spieler kommen in die Kurve, bedanken sich artig. Der Support war gut, unerwartet gut. Die Kälte spielt keine Rolle mehr.
Spiel ist zu Ende, ein Anruf in Mülheim zwecks Abendgestaltung, es wird wohl im "Schrägen Eck" bei 'ner Runde Billard enden. Das Auto finde ich sogar wieder, obwohl inzwischen viel, viel, viiiiiel mehr Autos auf dem Schützenplatz stehen. Doch diese viel, viel, viiiiiel mehr Autos wollen natürlich auch den Platz und Hannover verlassen - und am Freitagabend gegen 22.30 Uhr ist die Stadt ohnehin schon pickepackevoll. Im Schrittempo geht es voran, und erst gegen 23.35 Uhr geht es zurück auf die Autobahn. Eigentlich wollte ich um 1 Uhr schon wieder zurück in Mülheim sein. Klappt wohl nicht. Die Bahn ist leer, ich quäle den Smart zum ersten Mal in seiner kurzen Auto-Geschichte. Ich hole alles aus ihm raus, fahre ein, zwei Minuten nonstop am 135-km/h-Limit und erreiche um 1.45 Uhr Mülheim. Zwischendurch "Wir sind die Fans vom VfL" - das passt ja jetzt - und dann "Friday I'm in love". Oh ja, das stimmt. Das "Schräge Eck" hat noch auf, mit einem lauten "GEWONNEN"-Schrei betrete ich die Kneipe, spiele noch ein wenig Dart, ein wenig Billard. Es war ein schöner Tag. Ein Urlaubstag.
Gut, dass ich dem Arena-Reporter
kein Interview gegeben habe.
Gewonnen. Kanns kaum
glauben.
Ja, Friday I'm in love.
Das Spiel
Gedenkstätte Bergen-Belsen
Chronologie (Quelle: Faltblatt aus der Gedenkstätte)
1935: Errichtung des Truppenübungsplatzes
Bergen im Zuge der deutschen Aufrüstung. Im Wald entstand ein Barackenlager
für die Bauarbeiter
1940: Ausbau zum Kriegsgefangenenlager
für französische und belgische Kriegsgefangene
1941: Das Stalag XI (Stalag
ist eine Abkürzung für Stammlager, also Mannschafts-Stamm- und
Straflager) für 20.000 sowjetische Kriegsgefangene wurde auf dem Gelände
eingerichtet. Es gab noch keine Unterkünfte, da sich die fünf
großen Steinbaracken noch im Bau befanden. Im Winter 1941/42 starben
14.000
Das große Gelände in der Übersicht. | Einfach nur plattes Land und ein Parkgelände? Ich kann Stimmen hören. |
April 1943: Das Lager für
die sowjetischen Kriegsgefangenen wurde aufgelöst, die französischen
und belgischen Kriegsgefangenen nach Fallingbostel verlegt und in diesem
Lagerteil das sogenannte "Russenlager", ein Lazarett für sowjetische
Kriegsgefangene, eingerichtet, das bis Januar 1945 bestehen blieb. Die
Toten wurden in einiger Entfernung auf einem eigenen Friedhof begraben
auch April 1943: Übergabe
des Lagerkomplexes an die SS und Einrichtung des "Aufenthaltslagers Bergen-Belsen":
Sammellager für einige tausend Juden, die gegen im Ausland internierte
Deutsche ausgetauscht werden sollten
März 1944: Das Häftlingslager
wurde mit kranken Häftlingen aus anderen KZs (z.B. Dora-Mittelbau)
belegt. Bergen-Belsen wurde zynisch als "Erholungslager" bezeichnet. Die
meisten dieser Häftlinge starben
Gedenkvitrine im Mini-Museum der Gedenkstätte
August 1944: Es entsteht
ein Zeltlager für ca. 8000 Frauen aus dem KZ Auschwitz-Birkenau. Darunter
auch Anne und Margot Frank. Die Zelte brachen in einem Novembersturm zusammen.
November 1944: Josef Kramer
kommt mit vielen SS-AufseherInnen von Auschwitz-Birkenau nach Bergen-Belsen
und wird Lagerkommandant. Umwandlung in ein "richtiges" Konzentrationslager
Januar 1945: Wegen der vielen
Evakuierungstransporte aus frontnahen KZs wird das "Russenlager" aufgelöst
und das große Frauenlager eingerichtet. Beginn des Infernos mit einer
unerträglichen Überfüllung des Lagers. Allein im März
sterben etwa 18.000 an Kälte, Hunger und Krankheiten
April 1945: Kurz vor der
Befreiung schicken die Nazis noch drei Züge mit je 2500 "Austauschjuden"
von der Rampe aus auf eine lange Irrfahrt kreuz und quer durch Deutschland
Richtung Theresienstadt
15. April 1945: Befreiung
Bergen-Belsens durch britische Truppen. Lagerstärke: etwa 60.000 Menschen
DP-Camp
Man brachte die Überlebenden
in die Kasernen, die zu Notlazaretten wurden. Auch nach der Befreiung starben
noch 13.000 Menschen. Man nannte es das DP-Camp (displaced persons camp),
weil die Juden in kein Land zurück konnten. Schließlich wurde
1948 der Staat Israel gegründet. Nun durften sie in kleinen Kontingenten
ausreisen. Das DP-Camp wurde erst Anfang 1951 geschlossen.
Bergen-Belsen-Prozess
17. September 1945: Beginn
des Bergen-Belsen-Prozesses in Lüneburg: 44 Angeklagte, davon 33 SS-Angehörige
und 11 Kapos
17. November 1945: 11 Todesurteile,
19 Freiheitsstrafen, 14 Freisprüche. Die meisten SS-Leute wurden nie
vor Gericht gestellt
... und was sagt Wikipedia?
"Zu den Häftlingen
gehörten neben Anne Frank auch die Schriftsteller Jean Améry
und Josef Capek, sowie Israel Shahak. Der Vater des Regisseurs Roberto
Benigni war ebenfalls einige Zeit in dem Lager gefangen, der Film ,Das
Leben ist schön' basiert unter anderem auf diesen Erlebnissen. Infolge
der Überbelegung starben viele Gefangene an Seuchen, Unterernährung
und Erschöpfung, allein zwischen Januar und April 1945 rund 35.000,
darunter auch Anne Frank. Bei der Befreiung Bergen-Belsens am 15. April
1945 trafen die britischen Streitkräfte auf etwa 60.000 Überlebende,
von denen noch 13.000 innerhalb der folgenden Tage und Wochen starben.
In dem ehemaligen Konzentrationslager befindet sich heute eine Gedenkstätte."
... und was der Baedeker?
"Die 25 Kilometer nördlich
von Celle gelegene Kleinstadt Bergen besitzt ein sehenswertes Heimatmuseum
im Römstedthaus. Das ehemalige Konzentrationslager beim Stadtteil
Bergen-Belsen (7 Kilometer südwestlich) ist heute Gedenkstätte
(mit Dokumentensammlung). Unter den Zehntausenden, die hier ermordet und
in Massengräbern beigesetzt wurden, befand sich die durch ihr Tagebuch
weltberühmt gewordene Anne Frank."
Der Stein im "Raum der Stille" - deutlich sichtbar: Das Bild von Anne Frank. | Und hier von der anderen Seite: Der "Raum der Stille" auf dem Gelände der Gedenkstätte. |
Der einzige Spieler, der noch kam: Philipp Bönig
"Pipi dampft wieder" und andere Trostlosigkeiten
Der Herbst ist trist und wir sind so gut wie abgestiegen
Is ja hammer-hammer-hart
Ostkurve, Flutlichtspiel, jawoll
Als es vorbei war, als ich
die Stehstufen des Ruhrstadions zum 217. Mal nach einem Pflichtspiel hinabgestiegen
war, als ich die Enttäuschung über eine abermalige Niederlage
noch nicht heruntergeschluckt hatte, als ich all diese verstörten
Gesichter wahrnahm, da machte ich das, was ein Fußballfan nach dem
Abpfiff tun muss... pissen gehen. Oh man, wie das drückt! Und so wie
ich da stand vor der Rinne, stellte sich ein etwas älterer Fan neben
mich, Rentner mutmaßlich, Mitte 60, hat noch Jochen Abel und Jupp
Kaczor hier spielen sehen. In seinem Gesicht: Enttäuschung, Ärger,
ein bisschen Wut, wie bei allen hier. Er blickte mich an, schnaufte kurz
und sagte: "Weißt Du, woran man merkt, dass es Winter wird?" Ich
schaute etwas verdutzt und schüttelte den Kopf. "Pipi dampft wieder!"
Im Auto habe ich zurzeit
einen Hit, der so richtig knallt. Ist schon etwas älter, wummert aber
ganz schön in der Birne und bleibt richtig hängen. "Is ja hammer-hammer-haaaart",
rappten die Absoluten Beginner rund um Denyo und Jan Eißfeldt alias
Jan Delay einst in die Mikrofone, das Ganze geht dann in etwa: "Ihr seid
Zeuge wie Denyo n' neuen Hit schreibt, Eißfeldt die fetten Beats
holt aus dem Zip-Drive, Mad die neuesten Technik-Tricks zeigt" undsoweiter.
Um 19 Uhr höre ich es, als ich ins Parkhaus einbiege. Auf den Lippen
hab ichs, als ich mir den Dauerkartenbereich "6" abknipsen lasse, und nach
sieben gespielten Minuten sag ichs dann. "Is ja hammer-hammer-hart". Wieder
haben es unsere Jungs geschafft, die famose Aufholjagd-Stimmung nach dem
2:0 in Hannover in kürzester Zeit zu versauen. Barbarez köpft
das 0:1 und danach ist alles ganz, ganz furchtbar. Wir sind bis auf Sam
und meinen Bruder komplett in der Kurve vertreten, obwohl Lupo, einer der
ganz alten, meint: "Ich wollte ja nach Wolfsburg nicht mehr. Mir von den
Ultras den Stinkefinger zeigen zu lassen..." Ein anderer sagt: "Der Koller
betont doch immer, dass er den Gegner selbst genau beobachtet hat und hat
beobachten lassen. Und trotzdem liegen wir immer früh mit 0:1 zurück.
Was guckt der Mann?" Es wird eine 90-minütige Brutalo-Quälerei.
Eine Blamage wie gegen Cottbus.
Eine Blamage wie gegen Bremen.
Eine Blamage wie gegen Wolfsburg. Vier Blamagen
in sechs Heimspielen. Wieder Letzter. Und der Trainer ist trotzdem unantastbar!?
Was muss denn noch passieren? Leverkusen führt uns vor, erhöht
durch Voronin irgendwann in den 20ern auf 2:0 und vergibt eine Chance nach
der anderen. Anfang der zweiten Halbzeit - oh Wunder - wird es kurzzeitig
spannend. Ilicevic verkürzt mit einem unglaublichen Freistoß
auf 1:2 und danach zeigt sich, wer der einzige wahre Bochumer heute auf
dem Platz ist: Paul Freier im Bayer-Trikot. Nach seinem abermaligsten überflüssigen
Foul sieht er endlich Gelb-Rot, als hätte er Mitleid, und gönnt
uns 37 Minuten Überzahl. Machen wir was draus? Nö. 1:3 durch
Barnetta fällt noch. Leverkusen ist gnädig und schraubt es nicht
in schwindelerregende Höhe á la Werder.
Schwach war schon vieles
in dieser Saison. Doch das heutige Spiel ist die Krönung. Erstens:
Selbst die Ultras weichen nach dem dritten Gegentor von ihrem Schmusekurs
ab und drehen sich um 180 Prozent. Der Megafon-Mann springt ab vom Zaun,
nix mehr mit "Unterstützt unsere Mannschaft! Wir sind der VfL!" Der
Tonfall ändert sich in "Lutscher!", "Koller raus" (so laut wie selten),
"Wir sind Bochumer und ihr nicht" oder "Wir haben die Schnauze voll." Zweitens:
Lupo hat kein Bock mehr auf unseren Stammplatz, da er den Kappeskopp mit
dem Megafon nicht mehr ertragen kann. Ein anderer aus dem Fanklub war schon
in der zweiten Halbzeit abgeschwirrt. "Ich stell mich bald weiter nach
links", sagt Lupo in Minute 88. Drittens: Unsere Spieler sind die feigsten
überhaupt. Nach dem Schlusspfiff verziehen sich alle sofort in die
Kabine. Alle? Nein, nur einer bleibt. Philipp Bönig. Der kriegt direkt
"Außer Bönig könnt ihr alle gehen!"-Sprechchöre. Das
ist wirklich das letzte Armutszeugnis. Nicht mal der Dank für die
Unterstützung von 18.000 Leuten trotz der fünften Heimniederlage
im sechsten Spiel. Viertens: Der Trainer. Ob Auf- oder Einstellung: Er
hat das Stadion in seinen anderthalb Jahren komplett leer gespielt. Seit
einem Jahrzehnt ging die Zuschauerzahl nicht mehr so steil nach unten,
waren Fußball und Mannschaft so schlecht. Hört mir auf mit dem
Hinweis auf die ach so schrecklichen finanziellen Bedingungen. Cottbus,
Aachen und Bielefeld steht weniger Kohle zur Verfügung. Und die sind
erfolgreich!
Abpfiff, endlich, nach völlig
verkorksten Stunden, wieder einmal. Samstag Berlin - da sind wir trotzdem
alle wieder da. Verrückte VfL-Fans eben. Abpfiff, Enttäuschung,
Wut, Ärger, erneut. Es ist mein 200. Erstligaspiel mit dem VfL, meine
Bilanz ist selbstverständlich überaus negativ. Hätte ich
doch nur einen Hammer und könnte hart... Is ja hammer-hammer-hart.
Das höre ich jetzt noch auf dem Rückweg und guck mir zu Hause
auf DVD "Boyz n the hood", mit Larry Fishburne, eine Story aus South Central
Los Angeles. Das brauch ich jetzt.
"Pipi dampft wieder" - in
diesem Moment fiel alles von mir ab. Alles. Es ist doch nur ein Spiel.
Auch wenn es eins ist, dass meine Jungs momentan nicht ganz so gut beherrschen.
Ostkurve, Einlaufen, Teil zwei
Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 3:3 (11.11.2006)Bochum spielt in Berlin und ich bin dabei. Ein kalter Tag. Ein schöner Tag. Ein unverhoffter Punktgewinn. Ein sehr schönes Wiedersehen.
Gleich klingelt's... 15 Sekunden vor dem 1:3!
Was Sinn macht
Jaja, solche Fotos macht "man" eben in Berlin. Seht Ihr den VfL-Fan links??
Unter welches Motto stelle
ich diesen Tag? Unter welches? "Berlin, Berlin, ich fahre nach Berlin"?
Nein, zu alt, zu abgedroschen, zu falsch. War ja schon das ein oder andere
Mal hier - zuletzt vor zwei Jahren, na klar, beim letzten VfL-Gastspiel
im Olympiastadion. "Da simmer dabei, dat is pri-hi-ma"? Ganz 11.11.-like?
Nein, bin kein Karnevalsfreak. Um kurz nach halbneun prasselt das heiße
Duschwasser auf meine Birne, wechsle dann die Wassertemperatur in eisige
Kälte, schon mal an den Tag gewöhnen? Naja, so kalt wirds nicht
sein, ich nehm mal keine Jacke mit. Welches Motto? Erst einmal: Bloß
nicht zu spät kommen. Ich fahre mit dem Smart zum Bahnhof (peinlich,
eine Strecke von 700 Metern), suche und finde einen Parkplatz, steige aus
und springe direkt in den Regionalexpress Richtung Essen. Hätte keine
Sekunde später sein dürfen.
Es ist fast 9.30 Uhr, als
ich den ICE Richtung Berlin Hauptbahnhof betrete. Es ist ein zwei-, nein
sogar dreifach komisches, seltsames, ungewohntes, lang nicht gekanntes
Gefühl. In der Magengegend, im Kopf, in den Beinen. Mir will einfach
kein Motto einfallen. Aber warum muss es immer ein Motto sein? Diese heutige
Fahrt wird meine Zug-Premiere in der Saison 2006/2007. Kaum zu glauben,
aber alle Auswärtsspiele bereiste ich bisher mit dem Auto. Ja,
Berlin, meine heimliche, unheimliche Liebe. Ich sage immer, irgendwann
werde ich dort mal wohnen, weiß man, ob's je passiert? Ich setze
meinen Fuß in den ICE, weiß, dass ich ihn erst in Berlin
wieder verlassen werde, dieser Stadt, der ich viele Lebenserfahrungen verdanke,
obwohl ich doch so verflucht selten dort weilte. Motto? Nein, ich denk
nicht mehr drüber nach. Bin außerdem müde, lese kurz die
Zeitung, schlürfe den bei Kamps in Essen erworbenen Kakao, blättere
wieder in der WAZ und taz des Tages und schlafe ein wenig zwischen Hamm
und Hannover. Ist ja nur Ostwestfalen, das ich schnarchend durchquere...
Ich lerne es neu, mit dem Zug zu fahren. So viele Auswärtsspiele habe
ich auf diesem Weg hinter mich gebracht, so viele Geschichten erlebt, so
viel aufgeschrieben an dieser Stelle. Doch ein halbes Jahr ohne Bahnfahrt
- das ist eine Ewigkeit. Was soll ich zuerst für Musik hören?
Was zuerst lesen? Nochmal Zeitung? Für die Uni? "1000 TIpps für
Auswärtsspiele?" Eigentlich bescheuert, das ich das bei mir trage,
war doch schon fünfmal im Olympiastadion. Wurscht. Ich lese quer und
bin dann auch schon da. In weniger als vier Stunden braust der ICE von
Essen bis Berlin, zwischendurch leuchtet "250 km/h" minutenlang auf der
Anzeige, Donnerwetter.
Ich treffe mich mit einer
Bekannten aus alten Jugendzeiten. Darauf freue ich mich noch mehr als auf
das Spiel, in dem wir wohl eine üble Packung zu erwarten haben.
Was hat sich in Berlin geändert
seit August 2004? Meine vier Stunden, die ich netto außerhalb des
Olympiastadions verbringen kann, reichen wohl kaum aus, um das festzustellen.
Ich belasse es beim neuen Hauptbahnhof, seit kurzer Zeit am Netz, und erschrecke
doch ein wenig. Der altehrwürdige "Bahnhof Zoo" ist zu einer Randfigur
im öffentlichen Nahverkehrssystem Berlins verkommen, der Kudamm fast
mit, nur noch S-Bahnen und ein paar doppelstöckige Regionalzüge
halten dort. Es ist fast ein wenig traurig. Der neue Kasten ist ein wenig
steril, ganz Konsumtempel eben, das auch noch in Sichtweite zu Kanzleramt
und Reichstag, der ehemaliger "Lehrter Bahnhof" eben. Es ist die perfekte
Welt für durchzuschleusende Touristen. Ich sehe schon die "Spaziergang
vom Hauptbahnhof bis zum Holocaust-Mahnmal - mit Führung in zwei Stunden"-Schilder.
Ich weigere mich, ein Foto vom Bahngebäude zu schießen. Beim
nächsten Mal. Vielleicht.
Es regnet. Es ist dunkel.
Es ist brrrrrr kalt. Schon beim ersten brrrrrrrrrrrr Schritt bibbere ich
sooooooo sehr. Brrrrrrrr... ist das KALT in Berlin! Hätte ich doch
eine JACKE mitgenommen. Wenigstens zu Schal und Mütze hat's gereicht.
Ich spaziere vom Hauptbahnhof Richtung Holocaust-Mahnmal, das ist das Denkmal,
das hinter Reichstag, Brandenburger Tor und Hotel Adlon liegt. Holocaust-Mahnmal,
viel diskutiert. Gleich. Auf dem Weg dorthin rufe ich Björn an, Ihr
wisst schon, der Arzt, der mit seiner Freundin in Aachen
wohnt. Er hat heute Geburtstag. Mailbox. "Stehe gerade am Brandenburger
Tor". Der denkt bestimmt auch, dass der Ernst bescheuert ist. Weshalb bin
ich eigentlich genau hier? Weil ich Berlin mag. Weil ich nach neun Jahren
Sie wiedersehen werde. Ach ja, und weil der VfL spielt. Pfui, diese verfluchte
Söldnertruppe, bin noch verdammt angefressen wegen Mittwoch. Touristengruppen
drängeln durchs Brandenburger Tor, und wieder einmal bestätigt
sich: Jeder, der in Berlin wohnt, wird ab dem dritten Tag höchstens
bei Besuchen von Freunden in dieses Viertel zurückkehren. Einheimische
gibts hier nicht. Ich spaziere zum Holocaust-Mahnmal und bin etwas enttäuscht.
Auf einer Platte auf dem Boden erhält jeder Besucher Vorschriften,
wie er zu gedenken hat. Das geht wohl nur in Deutschland. Holocaust regt
hier nicht zum Nachdenken an, Holocaust wird hier konsumierbar. Massen
gehen entlang, am Rand sind wie ich das sonst nur in den USA gesehen habe,
Postkarten-Stände, Fast-Food-Restaurants mit Blick auf die Stelen,
Kinder spielen ,Verstecken',. Schnell weg hier. Eine Woche nach Bergen-Belsen
ist das nun wirklich keine gelungene Alternative. Halbzwei, inzwischen
habe ich mit meiner Abendbegleitung das Prozedere abgesprochen und laufe
zur S-Bahn-Station "Unter den Linden". Ich steige die Treppen hinab, ein
junger Kerl, sieht nach Student aus, hockt auf dem Boden, nimmt seine Gitarre
und stimmt "Where the streets have no name" von U2 an. Ist so schön.
So nachdenklich. So passend für Berlin? Passend. Die Musik zum Herbst.
Zum Tag. Zum VfL. Irgendwie. Motto? Möglich. Überschrift? Ich
weiß nicht. Machts SInn?
Umsteigen Friedrichstraße.
Rein in die S75. Ab zum Olympiastadion. Hab noch keine Karte, dürfte
aber kein Problem werden. Wird es auch nicht. Hab eigentlich noch keinen
Bock, die ganze Köppe in meiner Mannschaft wiederzusehen. Wobei es
auswärts ja doch bisher ganz ordentlich funktioniert hat. Kalt ists
immer noch, brrrr, ein wenig habe ich mich an die Kälte aber doch
gewöhnt (oder ist bei mir schon alles abgestorben?), die Stadion-Bratwurst
mundet nur ein wenig, und interessiert blättere ich im 100 Seiten
dicken "Herthaner", ziemlich oft zur besten Stadionzeitung der Bundesliga
gekürt. Irgendwie schlage ich die Stunde bis zum Anpfiff tot, soso,
hier fand also das WM-Finale statt, hier versenkte Zidane so unnachahmlich
den Elfer, hier versemmelte er ein glorreiches Karriereende, soso - erinnere
ich mich - am Brandenburger Tor war also diese berühmte WM-Meile mit
Hunderttausenden, Anpfiff. Nach neun Minuten verpatzt Butscher den Ball
25 Meter vor unserem Tor, ganz übler Fehler, Pantelic lupft, Tor,
1:0 für Hertha, heute Kinder wird's was geben. Etwa 600 unentwegte
Bochumer sind dabei, einer verteilt immerzu Visitenkarten mit der Adresse
des örtlichen Fanklubs ("Bochumer Botschaft in Berlin oder so ähnlich),
die Ultras haben nicht wirklich Lust aufs Anfeuern, hat doch alles keinen
Zweck, Hertha spielt seinen Stiefel herunter, noch nie war die Stimmung
bei einem Auswärtsspiel so schlecht und die Partie selbst von beiden
Seiten furchtbar. Alle Befürchtungen bestätigen sich leider und
JEDER denkt wohl so wie ich: Warum? Warum hier? Warum ich? Die Frage aller
Fragen für die VfL-Fans. Das Spiel ist laaaaaangweilig, ich spüre
die Kälte wieder, hätte ich doch das Treffen vorgezogen. Grausam.
In Minute 38 dann Ecke für uns, inzwischen halten unsere Jungs wenigstens
etwas mit und kombinieren zuweilen ganz annehmbar, aber Ecken haben doch
noch nie was gebracht in dieser Saison. Und wenn ich dann auch noch Misimovic
sehe, dem bedeutet der Verein auch gar nichts. Sauer. Misimovic läuft
an, Gekas köpft, Tor? TOR! 1:1!! Keiner kanns glauben! Keiner! Erst
leichter Applaus, dann Jubelschreie, dann erstmals der laute "V-f-L", "V-f-L"-Chor
und Pfiffe auf der anderen Seite des nur spärlich gefüllten Runds.
1:1! IN BERLIN!!! Muss mich an den Gedanken gewöhnen. Geht hier was?
Hertha ist nervös. Chahed verliert den Ball so leichtfertig wie Butscher
vor dem 0:1. Flanke Trojan, Misimovic - MACH IHN REIN! MACH IHN REIN! -
TOOOOOOOOOR!!! Nachspielzeit der ersten Hälfte, 2:1 für den VfL,
fast schon unbeschreibliche Jubelbilder, das gibts doch gar nicht. Unverhoffter
kamen zwei Tore noch nie. 2:1-Führung, manmanman, dieser Verein, diese
Mannschaft, alle machen mich fertig. So 'ne Scheiße, das heißt,
dass wir den Koller noch eine Woche länger ertragen müssen. Pause.
Pause vorbei. Zweite Halbzeit, Freistoß am 16-Meter-Raum. Schnell
noch knipsen, vielleicht passiert ja was. Unser zuweilen zu genialen Momenten
neigender Spielmacher läuft an, und heute ist er genial drauf. Anlauf,
Winkel, TOOOOOOR, 3:1 in der 48. Minute. DREI ZU EINS!!! WIR! Wir sind
LETZTER!!! Was für ein Spiel. Misimovic mit zwei Toren und einer Vorlage
- bisher hat der eigentlich nur rumgestanden in dieser Saison. Und jetzt
ist er die Super-Zwetschge. Was läuft da für ein Film? Bestimmt
kein guter! Einer mit Haken. Die Jungs lassen uns zittern. Erst haben sie
das Geschehen unter Kontrolle, nach van Buriks Kopfball zum 2:3 in der
62. Minute nach feiner Vorlage von Gilberto und Pallas-Stellungsfehler
läuft aber nichts mehr. Hertha stürmt und stürmt und stürmt,
erzielt durch Zecke Neuendorf sogar den Ausgleich (77.) und hat einen Mann
mehr auf dem Feld, als unser David Pallas vom Platz fliegt (87.), aber
aus mir unerfindlichen Gründen schaukeln wir wenigstens einen Punkt
nach Hause. "Krass", funkt VfL-Fan Dirk per sms aus München, "Ist
es beim 1:3 geblieben?", fragt MSV-Fan Helmut aus Wuppertal, wo seine Frau
TIna gerade Handball spielt. Nee, ist es nicht. Einen 3:1-Vorsprung zu
verspielen, das macht niemandem Spaß. Aber ein Punkt in Berlin ist
auf jeden Fall ein Bonuspunkt. 3:3, sechs Tore, es ist doch ein spannendes
Spiel geworden. Hätte ich nie geglaubt. Niiie und nimmer!
17.35 Uhr, schnell noch
der Mannschaft applaudiert, zurück zur S-Bahn, Treffpunkt mit Ihr
verabreden. "Bahnhof Friedrichstraße" - in einer halben Stunde. Gut,
gesagt, getan, um kurz nach sechs treffen wir uns tatsächlich dort
- und verleben noch einen tollen Abend. Okay, kalt ists immer noch. Aber
schön! Danke! Um Zehn geht mein Zug zurück. Es ist nicht die
schnellste Verbindung, sondern ein ICE, der an wirklich jeder Station hält.
Ja, sogar Stendal, sogar Braunschweig, und - bääh - Wolfsburg.
Aber auch Mülheim ist ja ein Bimmelbahnhof, es ist also eine direkte
Verbindung. Bis 2.47 Uhr! Ich vertreibe mir die Zeit mit Zeitungen, Büchern,
einem Telefon-Interview mit dem Trainer von Galatasaray Mülheim zum
Fußball-Landesligaspiel bei Tura 88 Duisburg (Endstand 1:3 aus Mülheimer
Sicht). Der Trainer stapelt gerade Zeitungen am Düsseldorfer Flughafen.
Unterhaltung mit Klaus. Der fährt von Hannover bis Gütersloh,
ist pickepickevoll mit Alkohol, und spricht dabei den Dittsche-Dialekt.
Ich höre "Where the streets have no name" im Discman (hab's sogar
mit), so etwas wie der Startschuss des Tages in Berlin. Hey, ich habe die
Stadt schon wieder verlassen. 84 Euro Zugfahrt für sechs Tore und
ein Treffen. Selten in diesem Jahr habe ich mein Geld so sinnvoll investiert.
Das hatte alles Sinn. Ich mag den Anfang des Liedes "Der achte Ozean" von
Tocotronic. Stelle ich kurz vor Essen fest. In Mülheim brause ich
mit dem Smart gen Wohnung. Es ist kurz vor drei. Morgen muss ich arbeiten.
Vier Termine. 10.30, 11.30, 14.30 und 17.30 Uhr. Alltag. Blöder. Hätte
ich doch meinen Koffer in Berlin gelassen.
Meine Wohnungstür geht
leicht auf. Diesmal - beschließe ich - wird der Homepage-Text mal
ganz normal. Ohne Schnickschnack, ohne Erzählebenen, andere Textformen.
Ein klassischer Auswärtsspiel-Tag, ein klassischer Text, und wieder
einmal nicht gewonnen. Aber auch nicht verloren. Darauf eine Coke Zero.
Weitere Berlin-Besuche mit Texten und Bildern auf dieser Homepage
12. April 2003: Hertha
BSC Berlin - VfL Bochum 1:0 (Spielbericht bitte HIER
klicken)
14. bis 18. Juni 2003:
Ein kurzer Familien-Trip mit drei Generationen (Fotos und Eindrücke
bitte HIER klicken)
6. März 2004: Hertha
BSC Berlin - VfL Bochum 1:1 (Spielbericht bitte HIER
klicken)
7. August 2004: Hertha
BSC Berlin - VfL Bochum 2:2 (Spielbericht bitte HIER
klicken)
Das Spiel
Der
mehr als unscharfe Jubel nach dem 1:3 - aber immerhin noch deutlich identifizierbar...
Berlin
Holocaust-Mahnmal (Wie
bei Bergen-Belsen mach ichs mal "wikipedia"-neutral):
Das "Denkmal für die
ermordeten Juden Europas, kurz ,Holocaust-Mahnmal' genannt, soll als Mahnmal
für die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus im Holocaust
ermordeten Juden dienen. Zwischen 2003 und Frühjahr 2005 wurde das
Bauwerk im Zentrum Berlins auf einer etwa 19.000 Quadratmeter großen
Fläche in der Nähe des Brandenburger Tores der Öffentlichkeit
zugänglich. Im ersten Jahr kamen über 3,5 Millionen Besucher.
Für den Bau wurden 27,6 Millionen Euro aus Mitteln des Bundeshaushalts
ausgegeben. 25,3 Millionen Euro für das Stelenfeld und den Ort der
Information, 2,3 Millionen Euro für den Ausstellungsbau. Die Stiftung,
die das Denkmal trägt, hat einen laufenden Jahresetat von 2,1 Millionen
Euro.
Deutungsversuche (nach
Wikipedia):
- Die 2711 Stelen erinnern
an Grabsteine. Es bestehen Ähnlichkeiten zwischen dem Mahnmal und
den Sarkophag-Gräbern jüdischer Friedhöfe
- Die Stiftung sieht laut
Webseite in der kaum merklichen Neigung der Pfeiler die Möglichkeit,
ein "Gefühl der Verunsicherung" zu erzeugen
- Der Architekt Peter Eisenman
sieht im strukturellen Aufbau des Denkmals die einem scheinbaren System
inhärente Instabilität. Andere Äußerungen, insbesondere
in seiner Wettbewerbsbegründung, deuten darauf hin, dass er das Denkmal
als Platzhalter sieht, aus dem etwas Neues entsteht. Dies würde auch
sein Zitat anlässlich der Eröffnung erklären: "Graffiti
wären gut!"
- Der Förderkreis von
Lea Rosh erklärt das Denkmal zum Kenotaph und vergleicht es mit Kriegerdenkmälern
und Soldatenfriedhöfen. Es sei nötig, weil die meisten ermordeten
Juden kein eigenes Grab hätten.
.
- FORTSETZUNG HOLOCAUST-MAHNMAL
-
Geschichte
1988 regte Lea Rosh den
Bau des Denkmals an, gründete einen Förderkreis und fand Unterstützung.
Im Mai 1994 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, die erste Idee (Juni 1995)
lehnte Kanzler Kohl ab. Im Juli 1997 wurden erneut Entwürfe eingeholt,
der Entwurf des New Yorker Architekten Peter Eisenman und des Bildhauers
Richard Serra wurde angenommen, aber im Lauf der Zeit mehrfach verändert
und ergänzt. Deshalb zog sich Serra 1998 zurück. Am 25. Juni
1999 beschloss der Bundestag mit großer Mehrheit den Bau des Denkmals.
Der Bau begann am 1. April 2003
Kritik
Es gab und gibt kontroverse
Diskussionen um Form und Größe des Denkmals.
- Vom ,Zentralrat Deutscher
Sinti und Roma' wurde kritisiert, dass zwar der ermordeten Juden gedacht
werde, nicht aber anderer Opfer des NS-Regimes. Die Trennung der Mahnmale
wird als Separation und Hierarchisierung kritisiert
- Kritisiert wurde die Formensprache
als künstlerische Beliebigkeit, die keine offensichtliche Beziehung
zum Holocaust erweckt.
- Von Berliner Seite wurde
kritisiert, dass der Ort des Mahnmals in das Stadtleben eingreift, und
es wurde befürchtet, dass sich ein passiver Punkt an zentraler Stelle
herausbildet.
- Die Kritik wurde aber
im Verlauf des Planvorhabens abgeschwächt, es bleibt aber laut Wikipedia
"unklar, wie sich der Mahnmalskomplex entwickelt und regional wie international
angenommen wird"
Mein heutiges "Aufmacher"-Foto: Bravo für ein grandioses Spiel!
Die Reihenfolge: "Wir haben die Schnauze voll" (2.), "Wir sind hier! Wo seid Ihr?" (6.), "Oh wie ist das schön" (36.), "Ihr habt gekämpft, wir hams geseeehn" (nach dem Spiel)
Der Knackpunkt des Spiels: Misimovic kurz vor dem Elfmeter in der 29. Minute
Ein geiler Abend
Gekas! Gekas! Gekas! Gekas! Gekas! Gekas!
Das sind die Abende, für die du ein ganzes Jahr alle Fußballplätze Deutschlands bereist. Das sind die Abende, die so geil sind, dass du dein ganzes Leben lang davon erzählst. "Weißte noch, damals, im November 2006, wir gegen Frankfurt, 4:3?" Das sind die Abende, die einfach nur geil sind, weil du alles durchlebst, verpackt in zwei Zeitstunden, 90 Fußballminuten: Wut, Trauer, Aggression, Enttäuschung, aber auch Euphorie, Begeisterung, Leidenschaft, du kannst alles vergessen, und das ganz ohne Drogen. 0:2 zurück, 4:3 gewonnen. Eben neun Punkte, jetzt zwölf. Eben auf einem Abstiegsplatz, jetzt nicht mehr. Eben noch erschüttert, jetzt voller Hoffnung. Eben noch die Schnauze voll, jetzt schon aufgestanden für den VfL. Eben noch sauer auf alle Spieler, jetzt sirtakitanzend "Gekas! Gekas! Gekas!" brüllen. War das geil? War das abgefahren? Lasst mich schwärmen!
2. Minute: "Wir haben
die SCHNAUZE voll!"
Alle haben gesagt, dass
es heute rummst. Oder "knallt" wie unser Kapitän Zdebel. Alle haben
sie uns heiß gemacht auf dieses Freitagspiel, auf dieses Flutlichtspiel.
Heute wird alles anders, alles! Auch mal zu Hause, punkten, gewinnen. Die
A40 ist leer an diesem Freitagabend, komisch eigentlich, im Auto habe ich
mehr die melancholischen Sachen drauf, wie "Hello and Goodbye" von Fury
(ewig nicht gehört), "Caribbean blue" von Enya (passt eigentlich so
gar nicht in meinen Musikgeschmack), "The Road to Hell" von Chris Rea (passende
Überschrift für heute?), "Wie am ersten Tag" von den Ärzten
(so gehts mir mit dem VfL, irgendwie). Dritte Etage, Parkhausdeck, Gerd
steht heute nicht mit in der Kurve, Lupo hat angekündigt, unseren
Stammplatz zu bestreiken, von Sam habe ich ewig nix gehört, mein Bruder
sitzt allenfalls am Live-Ticker - so eine Niederlagenserie schlägt
eben doch ein paar Wunden. Ich bin da, natürlich, ohne jede Diskussion.
Dafür ziehe ich meine Arbeit sogar im extraschnellen Sauseschritt
durch. Um 19.50 Uhr laufen sich die Spieler warm, und ich formuliere schon
die erste sms an die ergebnisinteressierten Fußballfans Dirk und
Helmut: "Hab jetzt schon den Kaffee auf. Skov-Jensen spielt". Warum wieder
ein Torwartwechsel? Es gibt vereinzelt Pfiffe, nur wenige "Skov-Jensen"-Rufe.
Peter Neururer ist heute Experte beim Fernsehen, wenig sensibel, sich zehn
Meter vor der Ostkurve zu postieren - bei uns wünschen sich nicht
wenige Fans den guten alten Schnauzbart-Pedder zurück. Zdebel heizt
via Anzeigetafel an, der mehr als umstrittene Stadionsprecher (ein Plakat:
"Borgmann - geh von Bord, Mann") spricht ein wenig lauter, Wolfgang Niedecken
von BAP gibt ein Interview. Heiß sind wir alle schon irgendwie -
aber vielleicht ist das auch nur der Flutlichtspiel-Adrenalinspiegel. Grönemeyers
"Bochum" kommt wie immer grandios (ich kriege immer noch eine Gänsehaut
und bin während dieser dreieinhalb Minuten kaum ansprechbar, ehrlich)
- Aufstellung: Skov-Jensen für Bade, Lense für Pallas, Drsek
für Dabrowski. Mal schauen. Anpfiff, Frankfurt greift an, erste Szene,
Foul an Amanatidis nach 20 Sekunden, Freistoß aus 28 Metern Entfernung.
Streit läuft an, schlenzt, Tor, 0:1 nach gefühlten 35 Sekunden,
Skov-Jensen sieht schlecht aus. Kanns schlimmer losgehen? Auflösungserscheinung
nach nur einer Minute, das haben wir beim VfL noch nie geschafft. "WIR
HABEN DIE SCHNAUZE VOLL!"-Gebrülle, unglaublich laut. Das blanke Entsetzen.
6. Minute: "Wir sind hier!
Wo seid Ihr?"
0:1, manmanman, kann nicht
wahr sein. Wir lassen es richtig knallen, jaja, diese Sprüche kennen
wir. Gut, dass Gerd nicht gekommen ist. Der hat alles richtig gemacht.
Und unsereiner? Wo ist Lupo eigentlich? Er hat seine Streikdrohung wahrgemacht
- einmal kurz zur Seite gedreht, er hat sich einen Block weiter nach links
verzogen. Unsere sind total von der Rolle. Verlieren den Ball schnell,
passen im Sekundentakt fehl. In Minute vier kommt irgendwer über rechts,
ich glaub Meier, Abseits? Nee, nicht, irgendwer hat es aufgehoben, Pass
in die Mitte, Streit hat keine Schwierigkeiten. 0:2. Kurz auf die Anzeigetafel
geguckt. Da steht "4:25". Knallen muss es. Und es knallt, aber nur in der
Kurve. Fans winken ab, die Ultras räumen das Feld, mindestens 50,
60 Leute - auch in meiner Reihe - heben die Hand und sagen: "Tschöö!"
Die gehen nach Hause! Nach Hause!! Es ist still, entsetzlich still. Alles
sollte anders werden. Und dann steht es nach 4:25 Minuten 0:2. Furchtbar!
Die nächste Heimblamage! Was tun? Erst einmal brüllen diejenigen,
die noch bleiben: "WIR SIND HIER! WO SEID IHR?" In Minute zwölf ungefähr
beschließt die Trommelgruppe, ein "Hinsetzen" anzustimmen. Und viele
setzen sich, ich auch. Stiller Protest. Ganz kurz überlege ich, ob
ich auch fahren soll, im "Schrägen Eck" vor der Videoleinwand ist
es bestimmt wärmer und gemütlicher. 0:2, kann nicht sein. Die
etwa 2000 Frankfurter hüpfen, sieht recht imposant aus, ihre gute
Laune ist verständlich. 2:0-Führung, Auflösungserscheinungen
beim schwachen Gegner. Die Frage ist: Wie hoch wird das hier?
36. Minute: "Oh wie ist
das schöööööön! Sowas hat man lang nicht
mehr gesehen!"
Was tun? Unterhalten? Nö.
Hinsetzen und sms schreiben: bessere Idee. "0:2 nach vier Minuten" funke
ich in die Weltgeschichte. Das Spiel wird ruhiger, die Frankfurter versuchen,
es locker zu kontrollieren, werden sogar etwas nachlässig. Die Ultras
sind immer noch nicht zu sehen, keiner sagt mehr was. "Wir haben Heimspiel
in Bochum", brüllen die Frankfurter. Richtig. In Minute 29 eine Flanke,
keine Ahnung, wer's war, Gekas ist auf einmal völlig frei, fällt,
ELFER! Jawoll, der Schiri pfeift! Und wenn das Elfer ist... dann ist das
doch auch... und schon zückt der Schiedsrichter ROT! Rot für
Vasoski. Berechtigt oder nicht - das ist mir scheißegal. Auf einmal
kehren alle blitzschnell zurück auf ihre Plätze. Zwetschge Misimovic,
vor drei Minuten noch als "Traumtänzer" beschimpft, verwandelt sicher
rechts unten. 1:2. Vor 60 Sekunden noch sauer, enttäuscht und aggressiv,
jetzt 1:2, mutig und Überzahl. Eintracht-Trainer Funkel schickt Abwehrmann
Kyrgiakos zum Warmlaufen, wechselt aber nicht. Eintracht ist konfus. Minute
32, Freistoß für uns von halblinks. Misimovic läuft an,
Kopfball Maltritz - TOOOOOOOOOR! 2:2!!! Mit einem Standard, bisher unsere
große Schwäche. Was läuft hier für ein Film?? Chaos
im Frankfurter Strafraum.. Kyrgiakos kommt, ein Stürmer, nämlich
Takahara, geht. 36. Minute, wieder Freistoß für uns aus halbrechter
Position. Erste Szene mit Kyrgiakos. Trojan läuft an, mit Effeeeeeet,
wer ist da? Butscher ist da! TOOOOOOOOOR!!! GEDREHT!!! WAS FÜR EIN
SPIIIIEL!!! 3:2! "Der Torschütze mit der Nummer 17", sagt der Stadionsprecher.
"Heiko..." "BUTSCHER!" "Heiko..." "BUTSCHER!" "Heiko..." "BUTSCHER!" Meine
Fresse, hallt das sensationell! "Oh wie ist das schöööön,
sowas hat man lang nicht mehr geseeeeehn" rufen wir schon seit ein paar
Minuten, als ob es die Anfangsphase nicht gegeben hätte. "Ja", sagt
ein Fußball-Philosoph hinter mir, "ein Spiel hat eben 90 Minuten,
nicht nur sechs." Pausenpfiff. 3:2. Ein paar sms schreiben, erneut. Dirk
sitzt in einem Pub in Londons Chinatown und bibbert mit.
47. Minute: SIRTAKI IN
BOCHUM!
In der zweiten Hälfte
kann das unmöglich wieder so geil werden. Hab bei "bwin" meine letzten
10
Euro auf den VfL gesetzt, Quote 2,3. Würde 23 Euro geben! Spiel beginnt,
keine Wechsel, 90 Sekunden gespielt, Trojan erobert im Mittelfeld großartig
den Ball, Pass auf Gekas, der ist durch, vernascht Nikolov großartig
und schiebt die Kugel rein - 4:2, jetzt ist niemand mehr zu halten. Sirtaki-Klänge
im Ruhrstadion, Sirtaki! GROSS! GRÖSSER! GANZ GROSS!!! Riesenjubel,
"Gekas! Gekas! Gekas!"-Rufe, nicht zum letzten Mal in diesem Spiel. Da
kann nix mehr anbrennen. Nix mehr! Flanke in Minute 59, Amanatidis köpft
rein zum 3:4. Skov-Jensen diesmal machtlos. Noch über eine halbe Stunde
zittern, das kann heiter werden. Es wird eine spannende Schlussphase. Frankfurt
wirft alles nach vorn, für uns ergeben sich mehrfach großartige
Kontermöglichkeiten. Drsek schlenzt, Nikolov pariert den fast unhaltbaren
Schuss. Gekas ist saugefährlich, läuft noch dreimal frei aufs
Tor zu - scheitert aber immer. Trotzdem laute "Gekas! Gekas! Gekas!"-Rufe
nach jedem Schuss. Insgesamt elf Ecken holen wir raus - nix passiert. Misimovic
hat einige gute Ideen, ein fünftes Tor gelingt nicht. Auf der anderen
Seite Frankfurt. Einige Torschüsse, einige gefährliche Flanken
und in Minute 89 ein Schuss, den ich schon drin sehe, doch der Ball geht
vorbei. Drei Minuten Nachspielzeit sind angezeigt. Gerd, bist Du blöd,
dass Du nicht hier bist. Lupo kommt rüber und freut sich: "Hat doch
was gebracht!" Teile der Ultras sind zurückgekehrt, alle versöhnt.
Dann: ABPFIFF! 4:3 GEWONNEN!!! Ist das eine Erleichterung.
Nach dem Spiel: "Ihr habt
gekämpft, wir hams geseeeehn!"
Es folgen großartige
Versöhnungsszenen. Wir sind weg vom Abstiegsplatz. Lieber Marcel Koller!
Haben Sie jetzt endlich geschnallt, was wir Bochumer sehen möchten??
Eine nie aufsteckende Mannschaft, die in der Offensive etwas zu bieten
hat. Die Spieler tanzen im Kreis, haben diesen Heimsieg gebraucht. Genau
wie wir. Dann "La Ola" zum Sprechchor "Ihr habt gekämpft, wir hams
geseeeeehn". Keiner hat mehr die Schnauze voll. 4:3. Unfassbar. Mit einer
Kneipen- und Discotour in Mülheim feiere ich mit sechs, sieben Leuten
den Dreier. Erst im "Schrägen Eck", dann in "Murphys Kleeblatt" (der
unterschätzte Irish-Pub) mit Live-Musik einer Cover-Gitarrenband von
"Shine on you crazy diamond" bis "Highway to hell", schließlich im
"Freeland" mit ungewohnter House-Musik und zum Abschluss mit Dart und Billard
im "Bunten Bär". So gehts. Ihr habt gekämpft, wir hams geseeeehn.
Wenn Ihr Euch fragt, wie
ein perfekter Fußball-Abend aussieht: Dann lest Euch ab sofort immer
wieder diesen VfL-Tagebuch-Eintrag durch. Verrückter kanns kaum werden.
Der verrückte Spielverlauf
So etwas habe ich - siehe VfL-Statistik - beim VfL noch nie erlebt. Aus 0:2 mach... | ... 4:3, das Ganze in weniger als 25 Minuten! Das erste 4:3 in meiner VfL-Geschichte. |
Der Jubel
... ist im VfL-Tagebuch 2006/2007 - TEIL 3 nachzulesen !
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... ist im VfL-Tagebuch 2006/2007 - TEIL 4 nachzulesen !
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... ist im VfL-Tagebuch 2006/2007 - TEIL 5 nachzulesen !
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... ist im VfL-Tagebuch 2006/2007 - TEIL 6 nachzulesen !
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