Hier geht es zum ZWEITEN TEIL: Die Mülheimer Stadtteile
Quelle: BAEDEKER „Ruhrgebiet“
Einwohnerzahl: 169.923
(31.5.2005)
Entwicklung der Einwohnerzahl:
1200 (1400), 2000 (1600), 7000 (1818), 10.700 (3.12.1867), 15.300 (1.12.1875),
24.465 (1.12.1885), 38.280 (1.12.1900), 93.599 (1.12.1905 / Eingemeindungen),
112.580 (1.12.1910 / noch mehr Eingemeindungen), 127.027 (8.10.1919), 137.540
(17.5.1939), 129.478 (31.12.1945), 149.589 (13.9.1950), 185.708 (6.6.1961),
192.381 (31.12.1965), 181.279 (31.12.1980), 171.948 (31.12.1985), 176.423
(25.5.1987), 172.862 (31.12.2000).
Fläche: 91,26 Quadratkilometer
Höchster Geländepunkt:
152 Meter über dem Meer
Tiefster Geländepunkt:
26 Meter über dem Meer
Lage: Mülheim, gelegen am Übergang zwischen Rheinischem Schiefergebirge und Niederrheinischer Tiefebene, ist in eine ebenso abwechslungsreiche wie reizvolle Landschaft eingebettet. Die Ruhr durchzieht die Innenstadt.
Wappen
Das Wappen der Stadt Mülheim
an der Ruhr zeigt in zweimal gespaltenem und einmal geteiltem Schild (in
Klammern die Bedeutung der Darstellung):
1: In Gold ein rotes Schräggitter
(Herrschaft zu Daun)
2: In Blau ein achtspeichiges
silbernes Rad (Herrschaft zu Falkenstein)
3: In Silber einen doppelschwänzigen,
blau gekrönten und blau bewehrten roten Löwen (Herrschaft zu
Limburg)
4: Über drei schwarzen
Balken in Silber einen schreitenden goldenen Löwen in Rot (Herrschaft
zu Oberstein)
5: In Rot einen goldenen
Leerschild (Herrschaft zu Broich)
6: In Blau zwischen vier
silbernen Kreuzen in den Ecken ein sechsspeichiges silbernes Rad (Herrschaft
zu Reipoltskirchen)
Das Wappen wurde 1890 eingeführt
und 1925 vom preußischen Staatsministerium verliehen. Unter einer
Burgmauer auf dem Schildhaupt ist das Schild des letzten Grafen von Daun-Falkenstein
abgebildet. Die Herrschaften zu Daun-Oberstein und Falkenstein waren Vasallen
des Herzogtums Berg. Die Falkensteiner Grafen gelangten durch Erbschaft
(1608 - 1628) in den Besitz der Herrschaft Hohenfels - Reipoltskirchen
(heute Verbandsgemeinde Wolfstein in Rheinland-Pfalz)...
BAEDEKER
Zum historischen Mülheim gehört die Schlossburg Broich, die schon im 9. Jahrhundert errichtet worden ist. Mülheim selbst wird in alten Dokumenten 1093 als Gerichtsstätte zum ersten Mal erwähnt. 1214 wurde das Kloster Saarn gegründet. Das Kirchdorf Mülheim, das weiterhin zur Herrschaft Broich gehörte, kam dadurch 1511 zum Herzogturm Berg (bis 1806). 1808 wurde Mülheim zur Stadt erhoben, 1908 zur Großstadt. Der Aufschwung begann im Jahr der Stadterhebung, als die Firma Stinnes gegründet wurde. Später kamen hinzu: Friedrich-Wilhelm-Hütte (1811), Mülheimer Bergwerksverein August Thyssen (1898) und Kohlekontor (1904).
WIKIPEDIA
Mittelalter
Die Geschichte der Stadt
Mülheim ist eng verbunden mit dem Schloss Broich, das um 900 - es
wird vermutet in den Jahren 883 und 884 - als Wehranlage gegen die Überfälle
der Wikinger an der Ruhrfurt errichtet wurde. Im Jahre 1093 wurde "Mulinhem"
als Gerichtsstätte des Ruhrgaues bezeichnet und in dieser ersten urkundlichen
Erwähnung des Stadtnamens werden auch die Herren von Broich als Herrscher
über die Burg und den Mülheimer Raum genannt.
Im Jahre 1214 erfolgte die
Gründung des Zisterzienserinnenkloster Saarn, das nach einigen Jahren
der Armut ab der Regierungszeit von Erzbischof Engelbert I. von Köln
(reg. 1220-1225) wirtschaftlich erblühte, weil dieser mit umfangreichen
Privilegierungen für eine dauerhafte und ausreichende materielle Grundlage
sorgte. Die Zahl der Zisterzienserinnen nahm entsprechend des Wohlstandes
zu. Auch die Stiftungen an das Kloster mehrten sich und die Herren von
Broich werden in den Schenkungsurkunden oftmals erwähnt. Weil im Jahre
1372 die Herren von Broich ausstarben, fällt Schloss Broich zunächst
an die Grafen von Isenberg-Limburg. Dem Kölner Erzbischof Dietrich
II. von Moers und Herzog Gerhard von Jülich-Berg gelang 1443 gemeinsam
die Eroberung und Inbesitznahme Broichs, wobei die Burg stark zerstört
wurde. Seit dieser Zeit gilt die Herrschaft Broich, zusammen mit dem Kirchspiel
Mülheim, nur noch als ein Lehen des Herzogtum Berg, das zwar mit bedeutenden
Rechten ausgestattet, aber dennoch nur als abhängige Unterherrschaft
wiederum zu Lehen weitergegegeben wurde. Weil die Grafen von Isenberg-Limburg
1508 ausstarben, wurden die Besitzungen dem Grafengeschlecht Daun-Falkenstein
zu Lehen gegeben.
Reformation
Im Jahre 1554 sind erste reformatische Auswirkungen in Mülheim feststellbar und vierzig Jahre später hat sich die Reformation in der ganzen Herrschaft Broich und dem Kirchspiel Mülheim durchgesetzt. Während des achtzigjährigen Kriegs belagern im Jahre 1598 spanische Truppen Schloss Broich, das schließlich durch Kapitulation erobert wird. Die durch den Beschuss entstandenen Schäden sind so schwer, dass sie erst Jahrzehnte später behoben werden können. Nur wenige Tage nach der Kapitulation des Schlosses wird Graf Wirich von Daun-Falkenstein, ein wichtiger Führer der Protestanten am Niederrhein, von den Spaniern ermordet. Ebenfalls durch Mord wird die Linie der Grafen zu Daun-Falkenstein im Jahre 1682 ausgelöscht und das Lehen fällt an die Grafen von Leiningen, welche die Broicher Herrschaft durch einen Rentmeister verwalten lassen.
Industrialisierung
Die Industrialisierung Mülheims beginnt um 1770 mit dem Ausbau der Ruhr zu einer Schifffahrtsstraße. Während auf dem Unterlauf der Ruhr, zwischen Duisburg und der Mülheimer Innenstadt, seit dem 14. Jahrhundert Schiffsverkehr möglich war und bereits 1716 in Duisburg-Ruhrort der erste Rheinhafen entstand, wurde die Ruhr erst 1780 durch die Errichtung der ersten Schleuse auch oberhalb der Mülheimer Innenstadt schiffbar. Damit erfuhr der Kohlenhandel einen massiven Aufschwung, denn die Schleppkähne konnten nun von Hattingen bis zum Duisburger Hafen entlang des Leinpfads getreidelt werden. Mit Zeche Humboldt und Zeche Sellerbeck entstanden um die gleiche Zeit auch die ersten Zechen mit wirtschaftlicher Kohleförderung auf Mülheimer Stadtgebiet.
1806 werden die Herrschaften
Broich und Styrum aufgelöst. Es entsteht das Amt Broich-Styrum, zu
dem auch Mülheim gehört.
1808 (18. Februar) wird
Mülheim Munizipalität.
1811 Mechanikus Johann Dinnendahl
eröffnet eine mechanische Werkstatt.
1815 fällt Mülheim
gemäß den Beschlüssen auf dem Wiener Kongreß an Preußen
und wird 1816 dem Landkreis Essen bzw. ab 1823 dem Landkreis Duisburg innerhalb
der späteren Rheinprovinz zugeordnet.
1820 Die Brüder Dinnendahl
gründen eine Eisenschmelze zur Herstellung von gegossenen Maschinenteilen
aus der später die Friedrich-Wilhelms-Hütte hervorgeht.
1838 wird die erste Schienenbahn
des Ruhrgebiets in Mülheim zur Zeche Sellerbeck in Dümpten in
Betrieb genommen.
1839 wird die private Aktienstraße
vom Mülheimer Hafen nach Essen Borbeck fertiggestellt.
1846 erhält Mülheim
das Stadtrecht nach preußischem Recht
1849 beginnt die Stahlproduktion.
1862 Anschluss an das Eisenbahnnetz
(Bergisch-Märkische Eisenbahn).
1871 August Thyssen gründet
die Firma Thyssen u. Co., die zur Basis eines der größten deutschen
Montankonzerne wird.
1873 Mülheim an der
Ruhr wird Sitz eines neuen gleichnamigen Kreises, nachdem die Städte
Duisburg und Essen kreisfrei geworden waren.
1887 Der Landkreis Mülheim
an der Ruhr wird geteilt. Der westliche Teil geht im Landkreis Ruhrort
auf.
1897 Die ersten elektrischen
Straßenbahnen fahren in Mülheim.
1899 Das Infanterie-Regiment
159 zieht in die neue Kaserne an der Kaiserstraße ein. Mülheim
wird damit Garnisonsstadt.
1904 wird Mülheim nach
Erreichen von mehr als 40.000 Einwohnern (gemäß der neuen Rheinischen
Provinzialordnung) Stadtkreis.
Nationalsozialismus
1932
1. Oktober: Der Ortsgruppenleiter
Karl Camphausen wird zum Mülheimer Kreisleiter der NSDAP ernannt.
Er hat dieses Amt bis Kriegsende inne.
6. November: Die NSDAP geht
aus den letzten freien Reichstagswahlen im Mülheim als stärkste
Partei mit 28,3% der Stimmen hervor - Deutschland 33,1%. Die KPD erhält
24,5% und das Zentrum 17,3% der Stimmen.
1933
30. Januar: Die Einsetzung
Adolf Hitlers zum Reichskanzler wird von der NSDAP in Mülheim wie
in anderen Städten mit einem Fackelzug gefeiert.
Ab Mitte Februar kommt es
immer wieder, besonders im Stadtteil Dümpten, zu Hausdurchsuchungen
bei vermuteten Kommunisten. Zwei Personen werden dabei erschossen.
Ende Februar übernehmen
200 SS-, SA- und Stahlhelmangehörige offiziell die Polizeigewalt als
Hilfspolizisten in der Stadt. Zahlreiche politische Gegner werden verhaftet.
März: Kommunalwahl
nach Hitlers Machtergreifung; die NSDAP holt mit 23 Stadtratssitzen nur
45,1% der Sitze. Kurz darauf erfolgt aber durch Anwendung der entsprechenden
Reichsgesetze der Ausschluss der KPD und SPD Vertreter. Als erster Ratsbeschluß
werden Hitler und Hindenburg die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen.
Anfang April werden die
noch Ende März gewählten Arbeitervertreter in den Betrieben durch
Anhänger der Nationalsozialisten ersetzt.
1938
30. September: Die jüdische
Synagoge am Viktoriaplatz wird laut Ratsbeschluß für 56.000
Reichsmark an die Stadtsparkasse zwangsverkauft.
9./10. November: Reichskristallnacht
- SS-Sturmbannführer Alfred Freter leitet den Feuerwehrtrupp, der
den Berliner Befehl zur Inbrandsetzung der Synagoge um 3:00 Uhr morgens
ausführt. Die Urkunde über die Grundsteinlegung übersteht
den Brand und liegt heute im Stadtarchiv.
1941 - Juni: Eröffnung
des ersten Arbeitserziehungslagers am Flughafen Essen-Mülheim unter
Verwaltung der Kölner Gestapo. Als Wachen fungieren 26 Schutzpolizisten
der Essener Polizei. Der Arbeitseinsatz erfolgt über die Flughafengesellschaft.
120 Häflinge werden Anfang 1943 ins KZ Buchenwald verbracht. Bis März
1945 durchlaufen nach Schätzungen 6.000 bis 8.000 Menschen das Lager,
dabei kommen 130 Gefangene ums Leben.
1942 - 13. Mai: Drei Wellington-Bomber
greifen erstmals das Mülheimer Stadtgebiet an, nachdem das ursprüngliche
Ziel, die Essener Industrieanlagen, unter Wolken liegt.
1943
10./11. März: Zwei
britische De Havilland Mosquitos werfen ihre Bomben über dem Mülheimer
Stadtgebiet ab.
22./23. Juni: Ein schwerer
britischer Luftangriff auf Mülheim wird mit einem nicht vorgewarnten
Angriff auf die Hauptfeuerwache an der Aktienstraße um 0:33 Uhr eingeleitet.
Der eigentliche, dann auch vorgewarnte Angriff beginnt um 1:10 Uhr. In
drei dicht aufeinander folgenden Wellen fliegen 242 Avro Lancaster-, 155
Handley Page Halifax-, 93 Short Stirling-, 55 Wellington- und 12 De Havilland
Mosquito-Bomber über das Stadtgebiet. Die Hauptziele sind die Mülheimer
Innstadtstadt, die Kreuzung der rheinischen und märkischen Eisenbahnlinien,
die Deutschen Röhrenwerke und die Deutschen Eisenwerke, die Firma
Schmitz-Scholl als Provianthersteller für die Reichswehr, das Reichsbahnausbesserungswerk
und der Hafen. Die Attacke fordert unter der Stadtbevölkerung 530
Tote. 1.630 Gebäude (64%) werden total zerstört bzw. beschädigt.
Insgesamt sind 77% aller Gebäude betroffen. Etwa 40.000 Mülheimer
Einwohner müssen evakuiert werden.
1944
1./2. November: Bei einem
Bombenangriff der eigentlich der Stadt Oberhausen gilt und bei stark bewölktem
Himmel stattfindet, treffen Bomben vor allem den Stadtteil Dümpten.
Dort und in umliegenden Stadtteilen kommen 33 Einwohner ums Leben. Eine
Halifax stürzt auf den Mülheimer Zentralfriedhof und eine Lancaster
wird über Heissen abgeschossen.
24. Dezember: 338 britische
Bomber greifen um 14:00 Uhr den Flughafen Essen-Mülheim an. Dies geschieht
im Rahmen der Abwehr der deutschen Ardennenoffensive, die auch Luftunterstützung
vom Mülheimer Flughafen bekommt. 74 Einwohner der Stadt verlieren
ihr Leben, davon allein 50 bei einem Volltreffer auf den Bunker in der
Windmühlenstraße. Da dort auch militärische Flughafenbedienstete
und Soldaten im Obergeschoß untergebracht sind, muss von weiteren
250 Toten ausgegangen werden, die aber nicht in den offiziellen Opferlisten
der Stadt vermerkt sind.
1945
21. März: Wiederholter
Luftangriff auf den Flughafen durch 90 amerikanische Consolidated B-24-Bomber,
zur Abwehr deutscher Luftangriffe bei der alliierten Rheinüberquerung
bei Wesel. Im An- und Abfluggebiet liegen die Stadtteile Menden, Raadt
und Holthausen. Dort sterben 22 Menschen.
11. April: Um die bereits
in Oberhausen und Essen stehenden amerikanischen Einheiten bei der Einnahme
der Stadt zu behindern werden die Thyssen-Brücke, die Siegfriedbrücke
und die Eisenbahnbrücke im Bereich der Oberhausener Straße vom
Volkssturm gesprengt. Zur Verteidigung befinden sich noch 200 Soldaten
des 183. Volksgrenadierregiments auf Mülheimer Gebiet. Etwa 3.000
Angehörige des Volkssturms kommen dazu. Am Morgen beginnen die amerikanischen
Truppen die Besetzung Mülheims, wo zu dieser Zeit noch knapp 88.000
Menschen wohnen. Die ersten Soldaten des 513. Fallschirmjägerregiments,
das zur 17. US-Luftlandedivision gehört, rücken von Essen über
den Stadtteil Heissen in die Stadt vor. Der Hauptvorstoß geht direkt
in Richtung Stadtmitte, während eine kleinere Einheit über Dümpten
nach Styrum vorstößt. Im Stadtgebiet kommt es nur im Bereich
der Kämpchenstraße zu einem kurzen Kampf zwischen einigen Volkssturmleuten
und den Amerikanern. Dabei werden zwei Volksstürmler und drei Soldaten
getötet. Oberbürgermeister Hasenjäger übergibt um 9:40
Uhr die Stadt den Amerikanern. Der erste Besatzungskommandant wird Major
Keene. Aufflackernde Kämpfe zwischen Fremdarbeitern und Einheimischen
sowie beginnende Plünderungen in der Innenstadt werden gegen Abend
von den Amerikanern unterbunden.
Nachkriegszeit
1964 wird die letzte Schicht
an den Hochöfen der Friedrich-Wilhelms-Hütte gefahren. Mülheim
besitzt damit als erste Stadt im Ruhrgebiet keine Stahlproduktion mehr.
1966 ist Mülheim nach
der Einstellung der Kohleförderung auf der Zeche Rosenblumendelle
die erste Ruhrgebietsstadt ohne Zechen.
1974 das City-Center wird
als innerstädtisches Einkaufszentrum fertiggestellt. Zugleich wird
die Schloßstraße zur Fußgängerzone umgestaltet.
1979 wird die U-Stadtbahnstrecke
von Mülheim Hbf bis Essen fertiggestellt.
1992 findet die nordrhein-westfälische
Landesgartenschau "MüGa" in Mülheim statt. Hierzu finden im Mülheimer
Ruhrtal erhebliche Umgestaltungen statt, vor allem in seinem Kernbereich
um die Schloßbrücke. Über die Ruhr wird die neue, blaue
Styrumer Brücke eröffnet.
1994 verlässt die Britische
Armee nach 48 Jahren Mülheim. Das komplett umgebaute innerstädtische
Einkaufszentrum City-Center wird unter dem Namen Forum wiedereröffnet.
1998 wird der U-Stadtbahn-Abschnitt
von Mülheim Hbf zum Stadtteil Broich mit dem Ruhrtunnel eröffnet.
1999 wird die kommunale
Doppelspitze bestehend aus Oberstadtdirektor und Oberbürgermeister
abgeschafft. Erster hauptamtlicher Oberbürgermeister der Stadt Mülheim
an der Ruhr wird Dr. Jens Baganz (CDU).
Max-Planck-Institut: Der Kohle aber verdankt Mülheim sein Max-Planck-Institut. 1912 beschloss die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, im Ruhrgebiet ein Zweiginstitut zu errichten, um „die wissenschaftliche Erforschung der Kohle zu fördern“. Für die Grundlagenforschung, die hier betrieben wurde und wird, erhielt der Institutsleiter Professor Karl Ziegler 1963 den Nobelpreis für Chemie.
Verkehr: Die direkte
Anbindung an den Fernstraßenverkehr besorgen die Autobahnen A2, A3,
A40, A44 und A53 sowie die Bundesstraße B223. Der Großflughafen
Düsseldorf liegt 15 Autominuten entfernt, der Regionalflughafen Essen-Mülheim
gehört zum Stadtgebiet.
Der Hauptbahnhof bildet
einen Verkehrsknotenpunkt für Bundesbahn, Stadtbahn, U-Bahn, Bus und
Straßenbahn. Der Rhein-Ruhr-Hafen Mülheim liegt nur 12 Kilometer
vom Rhein entfernt.
Kultur: Das Kulturleben nimmt in Mülheim eine größere Bedeutung ein als in vielen anderen Ruhrgebiets-Städten. Die Akzente setzen die jährlich im Mai stattfindenden Theatertage (Verleihung des Mülheimer Dramatikerpreises im Rahmen der „stücke“) und ein eigenes Theater-Ensemble, das „Theater an der Ruhr“ von Roberto Ciulli. Spielorte sind die Stadthalle, das ehemalige Solbad Raffelberg und der Ringlokschuppen. Des weiteren übernimmt das preisgekrönte Theater auch Gastspielreisen hinaus in ganz Europa.
Sport (von mir selbst formuliert): Die Mülheimer fahren lieber in die anliegenden Nachbarstädte, um sich Fußball- (Schalke, Dortmund, Duisburg, Bochum), Handball- (TuSEM Essen), American-Football- (Düsseldorf Rheinfire) oder Eishockey (Düsseldorfer EG, Moskitos Essen) anzuschauen. Neben der Galopprennbahn - die aber eher gesellschaftliche als sportliche Bedeutung genießt - locken in Mülheim höchstens der Hockey-Rekordmeister HTC Uhlenhorst Mülheim oder der deutsche Squash-Meister SC Courtwiesel Mülheim. Den höchsten Zuschauerschnitt der Klubs hat indes der Fußballklub VfB Speldorf (600 bis 700), der seit Jahren aber vergeblich versucht, in die viertklassige Oberliga aufzusteigen.
SEHENSWÜRDIGKEITEN:
BAEDEKER
Altstadt:
In der Mülheimer Altstadt mit engen Sträßchen und alten Häusern stehen sogenannte „Ensembles“ (kleine Gruppen von Fachwerkhäusern) unter Denkmalschutz; typisch bergische Stadthäuser mit Steinsockel, geteerten Balken, gekälkten Gefachen. Der schönste Zugang führt von der Bachstraße unter den beiden Brückenköpfen zum „Kirchenhügel“. Das markanteste Haus ist das „Tersteegenhaus“.
Bismarckturm:
links: Turm, rechts: Jugendherberge
Auf einer bewaldeten Anhöhe nahe der Innenstadt erhebt sich der 1908 errichtete Turm, der nur im Rahmen von Stadtrundfahrten zu besteigen ist.
Freilichtbühne:
Eine 38 Meter breite und 41 Meter tiefe Bühnenfläche vor einer wildromantischen, 11 Meter hohen Felswandkulisse bildet das Zentrum der Freilichtbühne. Auf den Bänken ist Platz für mehr als 2300 Besucher. Sie wird für verschiedenste Veranstaltungen genutzt.
Kloster Saarn:
Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster erhielt seine heutige Gestalt weitgehend in einer barocken Umbauphase zwischen 1729 und 1783. Heute ist dem Kloster eine Bürgerbegegnungsstätte zugeordnet.
MüGa-Park:
Zur Landesgartenschau „MüGa 1992“ wurde auf einer 7 Kilometer langen Strecke entlang der Ruhr eine attraktive Parkanlage geschaffen, die die Vorurteile über die Stadt im Kerngebiet des Kohlenpotts Lügen straft. Auf der 64 Hektar großen Grünfläche finden sich verschiedenste Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.
Rathaus:
Der „Rathausturm“ ist das Wahrzeichen Mülheims. Er ist 57 Meter hoch. Das Zifferblatt der Turmuhr hat einen Durchmesser von 2,80 Meter. Vom Umgang auf dem Turm hat man einen eindrucksvollen Rundblick über die Stadt. Im Rathausturm wurde ein „Büromuseum“ eingerichtet.
Mintard:
Mintard ist ein idyllisches Dorf am Fuß des Aubergs. Einen Besuch wert ist vor allem die „St. Laurentius“-Kirche. Mintard ist der südlichste Stadtteil Mülheims, der Anfang der 70-er Jahre eingemeindet wurde. Die Mintarder selbst sehen sich als unabhängig... sie fühlen sich weder zu Essen noch zu Mülheim hingezogen.
Einkaufszentren:
Zwei Einkaufszentren lohnen einen Besuch, das „FORUM“ in der Innenstadt sowie das „RheinRuhrZentrum“ an der Essener Grenze.
Die neueste offizielle Broschüre der Stadt (www.muelheim-ruhr.de)
MüGa-Park:
Von Styrum im Norden der Stadt bis nach Süden erstreckt sich an der Ruhr entlang das Gelände der Mülheimer Landesgartenschau vonm 1992 mit abwechslungsreichen Parkanlagen und den Themengärten der Partnerstädte. Besonders für Kinder bietet die MüGa auch herrliche Spielplätze wie den Wasser- oder Matschspielplatz.
Wasserbahnhof:
Auf der Schleuseninsel liegt der Wasserbahnhof - der bekannte Ausgangspunkt für die Fahrten mit der Weißen Flotte nach Essen-Kettwig. Das Gebäude aus den 1920er Jahren - in seiner Bauweise einem Schiff nachempfunden - ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
Galopprennbahn Raffelberg:
Spannende Galopprennen finden auf dem 68 Hektar großen Terrain am Raffelberg statt. Die Rennbahn bietet weiblichen Besuchern freien Eintritt zu allen Veranstaltungen. Die integrierte Neun-Loch-Golfanlage rundet das Freizeit- und Sportangebot der Rennbahn ab.
RheinRuhrZentrum:
Das RheinRuhrZentrum, mit über 200 Geschäften auf rund 100.000 Quadratmetern, war 1973 das erste große überdachte Einkaufszentrum Deutschlands. Auch heute ist das auf einem ehemaligen Zechengelände angesiedelte Zentrum überaus beliebt und bietet neben dem Shopping-Angebot mit dem FestivalGarden eine Plattform für Live-Events und Gastronomie.
Forum City Mülheim / Innenstadt:
Lust auf Shopping? Fachgeschäfte in der City bieten individuelle Beratung, Qualität und Service, und zahlreiche Cafés laden zu Eis oder Espresso ein. Direkt am Hauptbahnhof liegt das Forum City Mülheim in einem modernen und angenehmen Ambiente. Rund 80 Geschäfte bieten auf einer Fläche von 28.000 Quadratmetern eine gut sortierte Warenvielfalt. Multiplex-Kino und Gastronomie runden das Angebot ab.
Theater an der Ruhr:
Das 1980 von Roberto Ciulli und Helmut Schäfer mit der Stadt Mülheim gegründete Theater mit Sitz im ehemaligen Solbad Raffelberg ist in Deutschland und auch im Ausland eine renommierte Größe. Zahlreiche Gastspiele und Theatertourneen machten das Theater zu einem international anerkannten Ensemble.
Ringlokschuppen:
Der Ringlokschuppen auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau wurde im Sommer 1995 eröffnet. Es ist gelungen, das alte Bahndepot als interessante Location für Theater, Konzerte, Kabarett und Gastronomie zu etablieren. Die frühere Drehscheibe für die Loks ist heute eine einzigartige Open-Air-Bühne.
Schloss Broich / Stadthalle:
Schloss Broich wurde 883/884 als Festung gegen die Normannen errichtet und wird heute u.a. als historisches Museum und für Empfänge, Kongresse und viele andere Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Gleich gegenüber bietet die repräsentative Stadthalle Raum für Kulturgenuss, Tagungen und Feiern aller Art.
Camera Obscura:
Im historischen Wasserturm Broich wurde im Zuge der Landesgartenschau 1992 die weltweit größte Camera Obscura installiert, die einen einzigartigen Rundblick über die City ermöglicht. Der Turm wird derzeit um das spannende Museum zur Vorgeschichte des Films erweitert und lädt ab August 2006 mit hochkarätigen Exponaten in die Welt der Kinematographie ein.
Aquarius Wassermuseum:
Im über 100 Jahre alten, architektonisch bemerkenswerten Wasserturm Styrum erschließt sich dem Besucher alles Wissenswerte über das "nasse Element". Auf 14 Ebenen und in 21 Themenbereichen gilt es die Vielfältigkeit des Themas an multimedialen Stationen auf spielerische Weise zu erkunden. Das Museum ist Ankerpunkt der Route der Industriekultur.
Haus Ruhrnatur:
Das Haus Ruhrufer, eine Initiative der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW), lädt zum Entdecken und Erfahren der Fauna und Flora des Ruhrtals ein. Die ökologischen Besonderheiten werden dort mit allen Sinnen erlebbar, und das Museum bietet für große und kleine Forscher einen vergnüglichen Lernspaß.
Kunstmuseum in der Alten Post:
Das Kunstmuseum in der Alten Post beheimatet neben Berlin die größte Zille-Sammlung sowie Werke der Klassischen Moderne von Otto Pankok, Pablo Picasso und zeitgenössischen Künstlern wie Georg Baselitz, Markus Lüpertz und Sigmar Polke. Zahlreiche Wechselausstellungen ergänzen und kontrastieren das Programm des Museums.
Leder- und Gerbermuseum:
In der ehemaligen Lederfabrik Abel werden Dokumentationen, Werkzeuge, Film und andere Artefakte rund um das Leder- und Gerberhandwerk gezeigt. Mit diesem seit über 350 Jahren in Mülheim angesiedelten Industriezweig lässt das Museum auch das Leben und die Geschichte der Unternehmerfamilien anschaulich Revue passieren.
Kloster Saarn:
1214 von Zisterzienserinnen gegründet, ist das Kloster Saarn heute ein geschichtsträchtiger Ausflugsort - mitten in Mülheim und in direkter Nähe zur Ruhr. Auch heute ist das ehemalige Kloster wieder eine Begegnungsstätte für Gäste und Bürger mit vielfältigem Kulturangebot. Ebenso lockt das Dorf Saarn so manchen mit seinen malerischen Straßenzügen.
Historische Altstadt:
Um 1200 entstand mit der Petrikirche auf dem sogenannten Kirchenhügel die Keimzelle der Stadt. Noch heute strahlt die Altstadt mit ihren verwinkelten Straßen, zahlreichen bergischen Fachwerkhäusern und gemütlichen Kneipen und Restaurants eine ganz besondere Atmosphäre aus. Und das Heimatmuseum "Tersteegenhaus" bietet interessante Einblicke in die Mülheimer Historie.
Bismarckturm:
Eingeweiht im Jahr 1909 zum Geburtstag seines Namensgebers ist der Bismarckturm einer der letzten Aussichtstürme im Ruhrtal. Im Untergeschoss hat der Mülheimer Künstler Jochen Leyendecker sein Atelier eingerichtet.
Laut Broschüre
"Mülheimer Highlights":
1) "Stücke" - Mülheimer
Theatertage, 2) "Voll die Ruhr", 3) "Mülheim Jazz-Festival", 4) "Klavierfestival
Ruhr", 5) "Kulinarischer Treff", 6) "Drachenboot-Festival", 7) "Broicher
Schloss-Weihnacht", 8) "Brunnenfest"
Die große
MüGa-Wiese!!! Im Sommer ein prima Ort, um zu entspannen
Im Jahr 1999 erschien im Reclam-Bändchen „Öde Orte 2“ ein Text von meinem Bruder Thomas über „Mülheim“.
MÜLHEIM AN DER RUHR:
Sympathisch suizidal
oder DER KOT POCHT NICHT
Geographisch liegt Mülheim
an der Ruhr zwar im Ruhrgebiet - eigentlich aber ist diese Stadt ein Niemandstal
der Ahnungslosen, westlicherseits. Die Autobahnen machen einen großen
Bogen um die Stadt und alle wichtigen Züge ersparen sich den Halt
im Mülheimer Bahnhof, der folglich etwa genauso groß ist wie
der von Bad Kleinen. Doch noch nicht einmal Terroristen verschlägt
es hierher...
Und für die Durchreisenden
bleibt das Bahnhofsschild nur als undeutlicher Fetzen hinter der Fensterscheibe
erkennbar - weshalb sich wohl nie etwas daran ändern wird, dass außerhalb
der Stadtgrenzen nahezu jeder Mensch sich die Mühe macht, nach dem
„Ü“ im Stadtnamen noch den überflüssigen Dehnungsgehilfen
„H“ einzuschieben. Der Versuch der Einheimischen, durch die offizielle
Ergänzung „an der Ruhr“ zumindest zwei Worte hinzuzufügen, die
niemand verkehrt schreiben kann, offenbart sogleich etwas von der hilflosen
wie eigenbrötlerischen Natur der Stadtbewohner.
Mülheim hat mit dem
restlichen Ruhrgebiet nichts zu tun. Würde man das Kaff von jetzt
auf gleich in eine mecklenburg-vorpommersche Tiefebene beamen, es würde
vermutlich bis zum nächsten Heimspiel des FC Schalke 04 dauern, bis
einer seiner Bewohner das überhaupt merkt. Man bleibt unter sich und
hat zu diesem Zwecke direkt hinter dem Hauptbahnhof vier Hochhäuser
gebaut, die in ihrer durchdringenden Häßlichkeit zur Abschreckung
aller Fremdlinge dienen und nach systematischen Plänen wöchentlich
eingedreckt werden. Als zweiter Puffer gegen fremde Gäste dient die
Innenstadt, deren Atmosphäre an umgekippte Hinterhof-Mülltonnen
erinnert.
Vorsichtshalber haben die
Einheimischen sich auch ihrer einzigen drei Sehenswürdigkeiten beraubt:
Der schiefe Turm der Petrikirche wurde - ordnungshalber - durch einen geraden
ersetzt. Und sollte tatsächlich jemand durch die Innenstadt bis zum
Ruhrtal gelangen, dem einstmals einzigen gerade noch erquicklichen und
stillen Örtchen, das die Stadt zu bieten hatte, so haben die Verantwortlichen
auch hier ganze Arbeit geleistet: Seit 1972 wird das idyllische Ruhrtal
im Süden von einer wuchtigen Autobahnbrücke zerschnitten, die
die Kleinbürger damals als Wunderwerk der Technik bestaunten. Und
Spaziergänger können heute den ein oder anderen Selbstmörder
in der Flugphase betrachten. Oder ggf. von ihm erschlagen werden, je nach
Position und Windrichtung.
Außerdem wurde vor
einigen Dekaden die Kettenbrücke über die Ruhr beseitigt und
durch eine langweilige, aber halt tragfähigere Variante ersetzt. Die
kennzeichnet zugleich jene Stelle, wo an einer besonders seichten und daher
zwecks Überquerung der Ruhr günstigen Stelle einst die ersten
Häuser von Mulinhem entstanden, was die Häuser der Stadt Mülheim
auch heute noch als bloße Brücken-Geschwulst entlarvt.
Die neue Brücke wurde
dann im Zweiten Weltkrieg kaputt gemacht und das fanden die Mülheimer
ziemlich doof. Allerdings waren sie daran nicht gerade unbeteiligt: Die
Großindustriellen Emil Kirdorf, Fritz Thyssen und Hugo Stinnes jun.
unterstützten recht erfolgreich einen wirren, schnurrbärtigen
Österreicher. Als der tatsächlich die Macht übernahm, wurde
hier selbstredend eine Hauptstraße nach Adolf Hitler benannt und
ebendieser hatte ein eigenes Zimmer in Mülheim, weil er oft hierher
kam, um sich für die großzügige Unterstützung seiner
willigen industriellen Helfer zu bedanken. Die Mülheimer wußten,
was sie ihren Finanzern schuldig waren: 1933 erhielt die NSDAP sowohl bei
der Reichstags- als auch bei der Kommunalwahl die besten Ergebnisse aller
Ruhrgebietsstädte. Und Dr. Werner Best, u.a. stellvertretender Gestapoleiter
in Berlin, dem in einer über tausendseitigen Anklageschrift
insgesamt 8.700 Morde vorgeworfen wurden, konnte ab 1953 wieder als Justitiar
bei Stinnes arbeiten, ohne daß sich jemand daran gestört hätte.
Als dann 1982 der Prozeß gegen ihn eröffnet wurde, war er halt
krank geworden - kein Wunder nach dem langen Aufenthalt in dieser Stadt.
Gegenwärtig hat man hier mit der weitaus geringsten Arbeitslosenquote
des Ruhrgebiets zu schmusen - vor allem dank der Arbeitsplätze der
Firmen Thyssen und Stinnes. Und der Platz, an dem vom 9. auf den 10. November
1938 in vorbildlicher Art und Weise die hiesige Synagoge beseitigt wurde,
wurde bis vor kurzem noch nach der Siegesgöttin „Viktoria“ benannt.
Heute steht dort ein Gebäude der Stadtsparkasse - und jährlich
zeigen die Abiturienten an ihrem letzten Schultag die Früchte des
Mülheimer Geschichtsunterrichts: Mit der Leerung und Zerstörung
ihrer Bier- und Weinflaschen gedenken sie der damaligen „Kristallnacht“
ihrer Großväter. Tradition bleibt gewahrt.
Ansonsten verbrachten die
Mülheimer die Nachkriegsjahre damit, ein paar Schreibmaschinen in
den Rathausturm zu stellen und sich nun des einzigen Büromuseums der
Welt zu rühmen. Außerdem wird alle fünf Jahre von der SPD
die Einkaufsmeile Schloßstraße umgebaut, damit die ortsansässigen
Bauindustriellen sich die Mitgliedschaft im neugegründeten Golfclub
Selbeck leisten können. Schön ist die Betonpassage dennoch nie
geworden - der Golfplatz aber sieht ganz passabel aus.
Ein weiteres Hobby der Mülheimer
ist es, sich trotz aller offensichtlichen Mauscheleien von der SPD regieren
zu lassen. Erst vor wenigen Jahren kungelte die langjährige Oberbürgermeisterin
Güllenstern so offensichtlich günstige private Verträge
mit der Ortssparkasse aus - deren Aufsichtsrat sie selbstredend angehörte
-, daß es drei Wochen vor der Kommunalwahl der Volksseele doch zu
viel wurde. Seither regiert ein schwarz-grüner Stadtrat. Geändert
hat sich nix - und die Schloßstraße ist gerade wieder eine
Baustelle.
Eine Geschichte ist aber
doch bemerkenswert: Mülheims neuer Oberbürgermeister Specht,
ein radelnder Polizist, der an die Macht kam wie Lothar Matthäus an
die Berühmtheit, sah sich in einer seiner ersten Amtshandlungen gezwungen,
den Mülheimer Dramatikerpreis verleihen zu müssen. Daß
er im Eifer des Gefechtes die Urkunde jedoch nicht dem hinter ihm verweilenden
Einar Schleef, sondern dem vor ihm stehenden WDR-Hörfunkjournalisten
in die Hand drückte, ist kennzeichnend für die kulturelle Ahnungslosigkeit
der Mülheimer.
Wer von hier kommt, stammelt
entweder untalentierte Dummphrasen wie die blond-blöden VIVA-Zwillinge
Dziobek I und II („Und bei Oase fällt mir gleich Oasis ein...“) oder
er moderiert Sport- und Frageshows wie Wim „Thoooooelke“ („Ficken 100?
Riiisiiikooo!“) oder dreht Filme mit Titeln wie „Das deutsche Kettensägenmassaker“
und „Bringt mir den Kopf von Adolf Hitler“ - jemand wie Christoph Schlingensief
kann sich hier wirklich wohl fühlen: „Mülheim hat einfach eine
Mordsvergangenheit. (...) Die Mülheimer haben da eine Art entwickelt
mit der Selbstmörderbrücke im Hintergund, die ich sehr mag.“
Daß dann noch eine „singende Herrentorte“ (H. Schneider) über
„Katzenklo“s und „Sausackpillemannarschlöcher“ philosophiert, paßt
da nur zu gut. Schließlich laufen und liefen davon einige hier rum.
Die Bemühungen Mülheims,
Anfang der 70er im Zuge der Bildungsreform Sitz einer Gesamthochschule
zu werden, blieben logischerweise erfolglos. Keine Perlen vor die Säue.
Leid tun einem nur die Bewohner der zwei Studierenden-Wohnhäuser der
Duisburger Gesamthochschule, die sich auf Mülheimer Gebiet verirrt
haben. Die Armen werden tagtäglich mit Mülheimer Kultur konfrontiert,
wohnen sie doch gezwungenermaßen mitten im Vergnügungsviertel
„Monning“, wo sich der echte Mülheimer „Bei Uschi“ viele Biere und
am Straßenrand eine Frau besorgt. Ansonsten passiert hier nichts.
Selbst wenn der - gewiß übertriebene - Werbeslogan des Initiativkreises
Ruhrgebiet - „Der Pott kocht“ phonetisch nur leicht verändert würde,
so wäre auch diese wohlwollendere zweite Version - „Der Kot pocht“
eine schamlose Übertreibung. Hier pocht nix!
Um 1800 war Mülheim
noch die zweitgrößte Stadt des Ruhrgebiets, knapp hinter Duisburg,
noch vor Essen und weit vor Dortmund. Heute ist selbst Oberhausen, das
damals noch gar nicht existierte, größer als die selbsternannte
„sympathische Stadt an der Ruhr“. Vielleicht ist Mülheim in weiteren
zweihundert Jahren ja völlig verschwunden, wer weiß. In Deutschland
würde es sowieso niemand merken.
Das erste Gleis des Hauptbahnhofs bietet
einen Blick auf die Petrikirche und die Eppinghofer Straße, einer
der Hauptverkehrsachsen...
... ein öder Ort?
Schnarchbären, Journalisten
und Andi mittendrin
(Samstag, 28. Juni 2003 bis Sonntag,
6. Juli 2003)
... für meine WAZ-Kollegin Julia Damm als Andenken an ihren Gästebuch-Eintrag; Andi - 6.7.2003 ...
Die ersten Meter.
Auf der linken Seite die
Damen und Herren des "Roten Kreuzes", vorwiegend diejenigen, die den Ersatzdienst
ableisten und es sich auf den Holzbänken oder im Wagen vor dem mitgebrachten
Fernsehgerät gemütlich machen. Zwischendurch mal einen Kotzenden
versorgen... mmmmhh, lecker! Rechts die Hecken, Unkraut, bestimmt auch
der hygienische Unrat besoffener Menschen. Vorne Lichter. Rot. Gelb. Grün.
Blau. Undsoweiter. Kommen nur irgendwie nicht wirklich rüber, abends
um 20 Uhr, mitten in der Helligkeit. Ein großes Schild verrät
mir, wo ich mich grad befinde. "Saarner Großkirmes". Im Hintergrund
dröhnt Techno-Mucke. "Mr. Vain", der gute alte Klassiker aus den 90-ern.
Aus den 90-ern? Ja, auch da gab es schon die Saarner Kirmes. Rechnen wir
mal die Jahre zurück... heute ich bin 25; 1993, vor zehn Jahren, da
war ich........ 24,23,22,21,20,19,18,17,16 genau 15 Jahre alt. Viel zu
alt, um schon um neun ins Bett geschickt zu werden, aber noch zu jung,
um sich unfassbar einen hinter die Binde zu kippen. Wohin also kurz vor
den Sommerferien? Natürlich zur Kirmes. Morgens in der Schule verabreden,
meist mit der ganzen Klasse, die neunte wars damals, und einfach drüber
schlendern. Abhängen. Geräte ausprobieren. Und Geld ins Bockshorn
jagen (woher stammt eigentlich diese blöde Metapher?)... Damals war
die Zeit von "Mr Vain", "Eine Insel mit zwei Bergen" (und jetzt alle: "Eine
Insel mit zwei Bergen / und dem wunderschönen Strand / mit viel Tunnels
und Ge-leisen / und dem Eisenbahnverkehr / Eine Insel mit zwei Bergen /
ringsherum ist (dieses Wort habe ich vergessen...) Sand / jeder sollte
einmal reisen / in das schöne Lummerland") sowie natürlich Scooters
"Friends" (die einzige Scooter-Maxi, die ich mir jemals gekauft habe!).
Ich weiß noch, dass ich am liebsten auf dem "Terminator" und dem
"Hammer" war. Genau, der Hammer. Eine Art postmoderne Schiffschaukel, die
sich direkt mehrfach um sich selbst drehte und in der Luft stehen blieb
(also: Brille vorher abgeben). Den schönsten Spruch lieferte damals
Alex Post am Auto-Scooter. Die Frau seiner Träume sprach ihn an, ob
er nicht mit ihr fahren möchte. Und was sagte der Trottel? "Ich möchte
lieber mit dem Andi fahren!" BOING! Zusammen gekommen sind die nicht! Das
kriegt der noch in 100 Jahren aufs Butterbrot geschmiert!!!
Das war alles 1993 und nach
ein paar Metern frage ich mich glatt, wie bescheuert ich damals gewesen
bin. Wie kann man nur jeden Tag zur Saarner Kirmes rennen? So schön
können die Mädels meiner Klasse gar nicht gewesen sein. Jetzt
ist 2003, ich bin älter geworden, auch reifer, wie ich manchmal glaube,
und vor allem: Journalist! Und diese komische Spezies kommt einmal pro
Jahr in den Genuss, sich für lau auf der Kirmes verlustieren zu dürfen.
Und genau deshalb bin ich
hier. Auf die Geräte gehe ich schon lange nicht mehr. Wo sind die
denn alle bloß? Ich hab mal wieder ein paar Minuten (45...) Verspätung;
aber weit sind sie nicht gekommen. Die Laune ist bereits 1a (tolle Vorlage
Julia, den Begriff muss ich direkt übernehmen), das sehe ich aus der
Ferne. Der Clou dieses Besuchs ist, dass die Journalisten an jedem Stand,
an dem sie halten wollen, auch halten können und dann alles umsonst
kriegen. Getränke, Speisen und sonstigen Kram. Ein paar von Antenne
Ruhr sind da, die Mülheimer Woche-Mädels haben ihre besten Freundinnen
mitgebracht (und als Praktikantinnen getarnt! Clevere Idee!), und dann
noch die WAZ-Sippe. Ein paar Redakteure wie Frank, Gaby und Jörn,
Fotograf Andi und die freien Mitarbeiterinnen Julia und Anna. Guten Tag
auch! Da bin ich! "Willste Auto-Scooter fahren?" Nee. Ich schnappe mir
zwei Chips, lasse sie aber in meiner Tasche verschwinden. Für den
Schwarzmarkt? Frank fragt nach dem Studium. Jörn erblickt das "Riesenbratwurst"-Schild
und tönt im nächsten Augenblick: "Momentchen eben!" Zehn Minuten
später halten die Organisatoren vom MST (Mülheimer Städtemarketing-
und ... ach die haben das halt bezahlt!) einen Stand weiter und geben ne
Runde. Pech gehabt Jörn! Weiter geht´s. Drei Runden Auto-Scooter,
dann noch das Kettenkarussell, jawollja, Julia und Anna haben schon einen
in der Kirsche. Sie gehen Fußball spielen und bringen als Trostpreis
eine aufblasbare Faust mit. Der Knaller! Breakdance. Eine Runde, zwei Runden,
Fotograf Andi und Jörn wollen auch mal, kommen aber nicht zum Zug.
Jaja, das Alter. Schon auf dem Rückweg. Die Currywurst hat gemundet,
danke der Nachfrage. Der Disco-Jet ist auch ohne meine Beteiligung losgefahren,
aber den Journalisten-Rest verfolge ich mit Wonne. Die Besitzer der Stände
sind zunehmend schlecht gelaunt, uns etwas für lau geben zu müssen.
Und immer schön dabei griiiiiinnnsseenn... es ist schon 21.45 Uhr.
Das Ende in Sicht. Dunkel wird´s. Einige haben sich schon verabschiedet,
aber HAAALT, nicht vor drei Runden beim Kamelrennen. Dreimal Dritter geworden.
Von zwölf. Na wenigstens nicht blamiert! Tschüss hier und tschüss
da. Kaputt lachen über die coolen Typen, die sich beim "Breakdance"
nicht in die Wagen setzten, sondern direkt stehen geblieben sind... wooooooowww...
erinnern an das Fettes-Brot-Video zum Song "The Grosser". Julia schenkt
mir ihren Plüschbar (DANKE NOCHMAL!), den alle weiblichen Journalisten
von einem Losbudenbesitzer (... die acht Stunden am Tag brüllen: "IMMER
WIEDER NEU!!! IMMER WIEDER HIER!!! GEWINNE! GEWINNE! GEWINNE!!!!" Soll
ich über solche Leute lachen oder weinen?) geschenkt bekommen haben.
Bei einem Stubser auf den Bauch fängt der auf einem Kissen schlummernde
Bär an zu schnarchen. Kitschig, aber ziemlich süüüüß!
Dann noch ein Kirmes 2003-Herz und tschüss. Hat Spaß gemacht!
Keinen Cent umsonst ausgegeben...
Zu Hause hab ich mir erst
mal "Eine Insel mit zwei Bergen" runtergeladen...
STICHWORT: Die Saarner
Kirmes
... diese - ich will sie
mal so nennen - "Veranstaltung" dauert acht volle Tage, findet immer in
der ersten Juli-Woche statt. Ort des Schauspiels ist - logisch - der "Kirmesplatz"
an der Mintarder Straße in Mülheim-Saarn. Dieser "Platz" dient
ansonsten als Parkplatz für die dort gelegenen Fußball- und
Tennisplätze und fasst gerade einmal 1000 Autos (mit viel Wohlwollen).
Dementsprechend ist der Begriff "Groß"kirmes absolut übertrieben
und eine weitere Bestätigung für den bekannten Mülheimer
Übermut. Die Fahr- und Speisegeschäfte werden von Jahr zu Jahr
weniger, und wo einst noch ein Riesenrad und die Achterbahn "Wilde Maus"
weit über die Baumwipfel hinweg zu sehen waren, verstecken sich nun
"Circus Circus" und "Alpha 1". Klassiker ist seit zig Jahren der "Breakdance",
an dem sich die Prolljugend der Stadt versammelt. 75 Prozent der Besucher
sind zwischen 13 und 16. Das war schon so, als ich in diesem Alter war
- und so ist´s bei scheinbar jeder Kirmes in jeder Stadt.
Um die Einheimischen (Auswärtige
verirren sich garantiert nicht nach Saarn) doch noch nach Saarn zu locken,
gibt es zwei Feuerwerke (jeweils am Dienstag und am letzten Abend) sowie
einen Familientag mit billigen Preisen (meistens der Donnerstag). Und -
oh Wunder - das wirkt. Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen,
dass doch 50 Prozent der Mülheimer mindestens einmal über die
Kirmes schlendern, um zu sehen und um gesehen zu werden. Allerdings dauert
ein Rundgang keine zehn Minuten. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht
verfehlen kann, dass einem aber auch schnell langweilig wird, wenn die
Verabredung ne Viertelstunde zu spät kommt.
Für einige ist die
Saarner Kirmes einfach nur lachhaft. Für die anderen - und dazu zähle
ich sicherlich auch - ist sie eine "niedliche" Ergänzung des beschaulichen
Mülheimer Alltags. Es ist wie in so vielen Bereichen: Mülheim
ist eine Großstadt - zur Metropole hat´s nie gereicht. Mülheim
hat zwei Fußball-Verbandsligisten - die Nachbarstädte spielen
mindestens in der 2. Bundesliga. In Mülheim gibt es auf dem Bahnhof
vier Gleise - in den Nachbarstädten mindestens zehn. Und Mülheim
hat die Saarner Kirmes - während in der Nachbarschaft zum Beispiel
die "Sterkrader Fronleichnamskirmes", die "Düsseldorfer Rheinkirmes"
und die "Cranger Kirmes" locken.
Schnappi und Techno-Musik
Hinsetzen und anschnallen: 108 Schausteller
kommen nach Saarn
WAZ-Lokalteil, 29. Juni 2005
Von Andreas Ernst
Die Losbude steht schon.
Auf den Regalen nimmt der putzige Clownfisch Nemo nur noch einen Randplatz
ein. Im Zentrum? Natürlich Schnappi, das Krokodil. Vom 2. bis zum
10. Juli lauten die Parolen bei der Saarner Kirmes "Durchschütteln
bis der Arzt kommt" und "Schlemmen bis die Waage kracht".
Wenn von links Schausteller
"Gewinne! Gewinne! Gewinne!" brüllen; wenn von rechts Techno-Musik
à la Scooter aus den 90ern wilde Schüttelfahrten auf dem Breakdance
begleiten, wenn in einem kleinen Biergarten Stammgäste ihre Ellbogen
auf den Tresen stützen und den Auto-Scooter beobachten, dann ist klar:
Hurra, die Kirmes ist da.
Seien wir doch mal ehrlich:
Stolz sind doch alle Mülheimer auf "ihre" Kirmes.
Klar, sie ist nicht so groß
wie die Nachbarn in Düsseldorf, Sterkrade oder Crange und damit zum
Protzen ungeeignet, aber doch fein. Nahezu jeder Mülheimer, egal ob
Kirmesfan oder nicht, bummelt mindestens einmal pro Jahr über das
Gelände - und sei es nur, um Leute zu treffen.
Damit die 108 Schausteller
- neun Fahr- und zwei Laufgeschäfte sind dabei - auch auf ihre Kosten
kommen, hat sich der Platzmeister Peter Stermann von der Mülheimer
Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) um ein attraktives und traditionelles
Programm bemüht. "Wir haben vieles dabei, was wir seit Jahren nicht
mehr hatten", sagt er. Zum Beispiel das "Take Off". "Das ist ein", sagt
Stermann und überlegt kurz, "Rund- und Hochfahrgeschäft". Aha.
Und was heißt das? Vermutlich Hinsetzen, in die Höhe bugsiert
werden, um dann nach allen Regeln der Kunst durch die Luft gewirbelt zu
werden. "Erfahrene Kirmes-Gänger wissen, was gemeint ist", sagt Stermann.
Nicht fehlen dürfen
natürlich die Klassiker. "Disco Jet", "Breakdance", "Auto Scooter",
"Big Monster" - alles Namen,
die bei Schüttelkönigen ein Strahlen in den Augen auslösen.
Zum Top-Act soll die 50 Meter lange Familien-Achterbahn werden. Und zahlreiche
Stände mit vielen ungesunden, aber verdammt leckeren Sachen gibt's
natürlich auch.
Ab heute geht's richtig
rund. Die Endphase der Aufbauarbeiten beginnt. Um die günstigsten
Plätze wird noch einmal gefeilscht. 500 bis 600 Personen werden an
der Mintarder Straße neun Tage lang wohnen - gut für den Einzelhandel
in Saarn. 250 000 Besucher erhofft sich Stermann für seine Familienkirmes.
"20 Grad, bedeckt" sei das optimale Kirmeswetter. Erstmals ist der neue
MST-Chef Wilfried Blickle dabei. Er vermisst nur eins: Ein Festzelt wie
in seiner süddeutschen Heimat.
Kirmes, 2. bis 10. Juli,
Eröffnung: 2. Juli (Sa.), 14.15 Uhr, Familientag: 7. Juli (Do.) mit
bis zu 30 Prozent vergünstigten Preisen, Abschlussfeuerwerk: 10. Juli
(So.) nach Einbruch der Dunkelheit. Geöffnet täglich ab 15 Uhr
(So. ab 14 Uhr).
Golfbälle auf dem
Friedhof
(Donnerstag, 31. Juli 2003)
Nein, keine Sorge, jetzt
folgt kein Erlebnisbericht a la Saarner Kirmes. Ich wollte Euch nur einen
Tipp für warme Sommerabende ans Herz legen:
GEHT MINI-GOLF SPIELEN!
Das haben wir nämlich
im Kreis der freien Mitarbeiter der WAZ Mülheim getan, und sogar sehr
erfolgreich. Zu fünft marschierten wir zur einzigen Mülheimer
Anlage, die direkt neben einem Friedhof liegt, meisterten fast alle schwierigen
Aufgaben (und das waren deren 18) und freuten uns wie Schneekönige,
wenn ein Schlag perfekt glückte... Macht Spaß, wirklich... einen
Golfball zu kriegen, dazu die tollen roten Zettelchen, einen kleinen Bleistift,
sich wie Mr. Bean in der tollen Mini-Golf-Folge fühlen...
Übrigens: Ich bin ZWEITER
geworden. Mit 74 Schlägen! Mein Minusrekord war mal 108. Ich weiß
es noch genau. Aber da war ich auch erst sieben!
Schaut her, lauter süße Golf-Zettelchen!
Die Adresse in Mülheim
(laut Zettel):
"Roc-Golf", Sportpark Rauen
- Golf auf dem Felsen -
Mülheim (Ruhr)-Broich,
Holzstraße 111
Telefon: 0208 / 4198116
Öffnungszeiten:
... bis zum Einbruch der
Dunkelheit. Im Sommer werden Spieler bis 21 Uhr reingelassen... wir verließen
die Anlage gegen 22.15 Uhr, und der Typ an der Kasse war ziemlich angefressen!!!
Hihi...
Hach wat is dat schön
anne Ruhr
(Donnerstag, 7. August 2003 - und
sowieso den ganzen Sommer hindurch)
Meine Sportkumpanen Frank (l.) und Helmut (r.) - leicht durchgeschwitzt... (auf der Mendener Brücke)!
Hach, immer diese Spielberichte
vom VfL Bochum... oder diese Konzert-Berichte... schreib doch mal wieder
über was Privates! Jajaja, all ihr neugierigen Internet-User, Euer
Durst nach Infos soll gestillt werden!
Wer allerdings meine intimsten
Gedanken erwartet, der ist schief gewickelt. Es geht nur um eine solche
Nebensache wie Sport... Nebensache? Eigentlich nicht, denn sowohl im Beruf
(SPORT-Journalist) als auch privat beschäftigt mich diese Materie
sehr. Und wenn es dann noch möglich ist, Sport mit Natur zu verbinden,
dann ist das doch ein bisschen Platz auf dieser Homepage wert!
Wir schreiben den Sommer
2003. Seit Ende Juli beschert das Hoch "Michaela" Deutschland einen Rekord-Sommer.
Die Temperaturen haben seit zwei Wochen die 33-Grad-Marke nicht mehr unterschritten
- und ein Ende ist nicht in Sicht. Um trotz dieser Hitze etwas für
unseren Körper zu tun, beschließen Frank, Helmut und ich etwa
dreimal pro Woche ein bisschen an der Ruhr entlangzujoggen bzw. mit dem
Fahrrad entlang zu fahren (meist joggen die beiden - und ich fahr Rad...
mit deren Lauftempo kann ich niemals mitgehen)! Liebe Leute, es ist so
herrlich... Du bist an der frischen Luft, lernst die unglaublichen Vorzüge
Deiner "Heimat"stadt kennen und quatscht über Gott, die Welt und Frauen.
Und das bei Traumwetter. Das ist die beste Feierabend-Entspannung!
Mülheim hat so verdammt
romantische schöne grüne Ecken... und es ist WIRKLICH im Ruhrgebiet!
Wo wir entlang laufen, das
hab ich unten im Bilderbogen festgehalten!
JOGGEN:
Für Mülheim-Kenner
hier die Route:
START: Wasserbahnhof, Schleuseninsel...
liegt relativ zentral...
- dann: an der Ruhr entlang
bis zum MüGa-Park. In der MüGa "abbiegen" Richtung großer
Wiese, dann über den Fossilienweg, über die Brücke, die
über den Kassenberg führt bis zur Ruhr, an den Plätzen des
KHTC und an "Storch Georch" und dem Kirmesplatz vorbei bis in die Ruhraue.
- Wendepunkt ist die Ecke
Mintarder Straße / Landsberger Straße. Von dort aus geht es
über die Mendener Brücke und den Leinpfad entlang zurück
zum
ZIEL: Wasserbahnhof.
Das macht in etwa zehn Kilometer.
Die beiden brauchen dafür zwischen 50 und 60 Minuten (je nach Tagesform
und Wetter).
RADFAHREN:
Die Radstrecke ist noch
länger!
Dort liegt der Wendepunkt
NICHT an der Landsberger Straße. Vielmehr führt sie weiter bis
nach Mülheim-Mintard und Essen-Kettwig und auf der anderen Ruhrseite
bis zur Mendener Brücke und zum Wasserbahnhof zurück.
Das macht in etwa 21 Kilometer.
Helge und Mülheim
Gesehen habe ich Helge Schneider
schon häufiger. Jeder Mülheimer hat das. Wenn Helge sich nicht
gerade auf Tournee befindet, tourt er durch die Mülheimer Innenstadt.
Mit Vorliebe hockt er im Eiscafé Agnoli in der Innenstadt, trifft
sich dort mit seinen Freunden und lässt es sich gut gehen. Oder aber
er schiebt seine Frau samt Kinderwagen über die Schlossstraße
(für alle Nicht-Mülheimer: die Fußgängerzone). Neulich
hat
er den Großteil seines neuen Films, der in Mülheim spielt und
im April 2004 in die Kinos kommt, in der City gedreht. Womöglich ist
es sogar eine Hommage an Mülheim geworden. Würde mich nicht wundern.
Irgendwann hat Helge sogar direkt um die Ecke meiner elterlichen Behausung
in Mülheim-Broich gewohnt. Das war direkt neben der Kirchengemeinde,
in der ich eine Jugendgruppe besuchte. Bei Freiluftspielen mit Sonderaufgaben
war immer die große Frage, wer bei Helge anschellen darf. Aufgemacht
hat nie jemand. Inzwischen soll Helge in Oberhausen wohnen. Aber das juckt
uns Mülheimer nicht. Er ist und bleibt einer von uns, so etwas wie
das Wahrzeichen der Stadt. Helge gehört zu Mülheim wie Willy
Millowitsch zu Köln, obwohl - zugegeben - der Vergleich hinkt. Im
ruhrpöttischen Vergleich ist Mülheim unbekannt. "Hä - wo
ist dat denn?", fragen Auswärtige schon mal. "Zwischen Essen, Duisburg
und Oberhausen." "Häää?" "Da kommt Helge Schneider her!"
"Ach soooo."
Gesehen habe ich Helge auch
auf der Mattscheibe schon häufiger. In regelmäßigen Abständen
taucht er bei Harald Schmidt auf, bei Stefan Raab war er auch schon, sogar
bei Wetten dass, wenn ich mich recht entsinne. Stets schafft er es perfekt,
die jeweiligen Gastgeber zur Verzweiflung zu bringen, indem er irgendwas
Dekonstruktivistisches anstellt (für meinen Bruder: Jetzt ist der
Begriff doch richtig gebraucht, oder?). Seine drei Filme "Texas", "00 Schneider"
und "Praxis Dr. Hasenbein" habe ich genossen. Ich war in allen drei Streifen
bis zum Ende - und das ist nicht vielen Kinogängern gelungen. Denn
Helge spaltet die Meinung der Musikfans, Kinokritiker und Humoristen. Ist
das witzig, sogar gut oder einfach nur blöder Klamauk?
Live auf der Bühne
habe ich Helge noch nie gesehen.
Bis heute.
Die Überlegung, auf
welcher Seite ich diesen Konzert"bericht" einsortiere, dauerte lange. Vielleicht
auf der Seite "Hometown", auf der dieser Artikel (als Kompromiss) nun auch
steht? Auf der Seite "So lebe ich" (auf der der Artikel nicht steht) oder
hier, bei den Konzerten? Nun gut, Wiglaf
Drostes Auftritt steht auch hier, wird schon passen.
Punkt 20 Uhr, Helge betritt
die Bühne, und schon im ersten Moment ist klar: Es wird kein richtiges
Konzert. Auf der Bühne verteilt stehen ein Schlagzeug, ein Kontrabass,
ein Klavier, zwei Stühle. Eine Trompete und ein Saxophon liegen herum.
Er trägt eine lila Hose, eine ziemlich abgefahrene Sonnenbrille sowie
ein Baseball-Cap und sieht einfach nur richtig cool-scheiße aus.
Er verzieht seine üblich-grinsende Miene und begrüßt die
Zuschauer. 1000 Leute toben. Die Helge-Kritiker hätten spätestens
an dieser Stelle, nach genau zehn Sekunden, schreiend den Saal verlassen.
Zahlreiche Konzertberichte
stehen an dieser Stelle. Brav handle ich stets erst die Vorband ab, schildere
Stimmung und Stimmungen, die Mitreisenden, Gefühle - bei Helge ist
alles anders. Er sieht erst einmal so anders aus als der Privat-Helge.
Im ersten Moment nehme ich ihm den musikalischen Komiker nicht ab. Hab
ihn schon mit Kinderwagen gesehen, und jetzt macht er sich so zum Affen?
Dieser Eindruck weicht schnell. Ein belgischer Pianist begleitet ihn, zudem
seine Freunde Jimmy Woode am Kontrabass und Pete York am Schlagzeug. Die
verstehen ihr Handwerk, bei den ersten Takten wird das klar. Das Programm
beginnt mit "Fitzefitzefatze" und geht weiter mit "Pommes". "Von Pommes
kriegt man Pickel, aber das ist mir egal", lautet der Refrain dieses Stückes,
das seine Subtilität erstmals unterstreicht. Er zieht alles und jeden
durch den Kakao. Musiker, die ernst gemeinte Konzerte spielen. Komiker,
die ständig nur Witze reißen. Und sich selbst. Zu Hause würde
ich mir das nie anhören. Live wird es richtig gut, auch bei "Pflaumenbaum"
und "Texas", den nächsten Stücken. Das Besondere an den Schneiderschen
Auftritten sind die Ansagen zwischendurch. Macht er wohl jeden Abend die
gleichen Scherzkes? Wohl nicht. Wenn er selbst anfangen muss zu lachen
- und er lacht ziemlich oft - dann ist das spontan. Eine Wortspiel-Session.
Eingeübt sind die Kurz-Auftritte von Bodo, seinem Assistenten, der
ihm eine Tasse Pfefferminztee reicht, unzählige Male. Oft formt Helge
mit seinen Händen ein "T", und schon muss Bodo springen. Ein running-gag.
Weitere Sprüche gefällig? "Ohne Musik wäre die Welt ein
Jammertaaaaal, aber wir haben ja Dieter Bohlen." Helge lacht, der Saal
applaudiert laut. Noch ein Beispiel? "Seine Sticks hat Pete York selbst
geschnitzt........ nach einer Vorlage der Zeitschrift YPS!" Vor dem Song
"Pflaumenbaum" spinnt er sich eine zum Schießen komische Geschichte
auf einem Bauernhof zusammen. Kurz bevor er "100.000 Rosen schenk ich Dir"
anstimmt, verrät er: "Das folgende Lied hat einen sozialkritischen
Hintergrund!" Wirkt aufgeschrieben überhaupt nicht witzig. Situationskomik
pur, wie der ganze Abend. Weil der Abend in seiner Heimatstadt stattfindet,
spricht er über die Schlossstraße. "Da ist ja auch nix mehr
los..... nur noch Optiker... Brillitis sozusagen!"
Mit Ovationen geht es in
die Pause. Nach einer Stunde und fünf Minuten. Helge und Mülheim.
Wenn das zusammenkommt, ist ganz Mülheim da. Lauter bekannte Gesichter.
Die WAZ-Reporterin Nicoletta lacht, weil meine Begleiter - die fast komplette
Familie Konrad - und ich Geld dafür ausgegeben haben. Ein Handballtrainer
ist samt seiner kompletten Sippschaft ebenfalls dabei. 21.25 Uhr, es klingelt
mehrfach, zweiter Teil.
Bodo reicht immer noch Tee.
Die Zuschauer klatschen lauter und lauter. Nun steht die Musik im Mittelpunkt,
und das Quartett auf der Bühne beweist, dass es mit den Instrumenten
fabelhaft umzugehen weiß. Ein Jazzfan bin ich nicht, nicht eine CD
aus dieser Musikrichtung habe ich zu Hause, aber zwischendurch ziehen die
Jungs eine astreine Session durch. Sagenhaft das fünfminütige
Drumsolo von Pete York, oder "Georgia in my mind" (oder so ähnlich),
gesungen von Jimmy Woode. Helge Schneider schnappt sich immer ein anderes
Instrument, und wenn es die Blockflöte ist. Witze werden seltener.
"Ein Weihnachts-Spezialkonzert ist es. Das macht mich ganz durcheinander."
O Tannenbaum stimmt er kurz an, und sinniert dann über Geschenke oder
auch nicht. Zwischendurch wird es auch ein wenig versauter. "Mensch, ich
muss damit aufhören. Sonst steht Montag irgendwas mit "Schneider pervers"
in der Zeitung." Spricht´s aus und fordert Bodo samt Tee an. Und
sein Akkordeon. Bodo hängt es ihm um. Von den bekannteren Stücken
gibt er noch "Alleine in der Bar" zum Besten, ganz alleine am Klavier sitzend.
"Moped-Tobias" und "Der Meisenmann" sind auch noch dabei. Von den Songs,
mit denen Helge berühmt geworden ist, "Katzeklo", "Es gibt Reis" oder
"Mörchen-Lied" spielt er kein einziges. Die Mülheimer verzeihen
es ihm schnell. Oder seine Hörspiele oder zumindest Ausschnitte davon,
sind nicht dabei. "Das alte Reinhold-Helge-Spiel" beispielsweise hätte
ich gern mal live gehört. Aber das wäre ja nicht spontan gewesen.
"Ich bin reich", philosophiert Helge. "So reich, dass ich Weihnachten ein
Schinkenbrot essen kann." Schneider-Humor. Viele meiner Freunde würden
nicht einmal eine Miene verziehen. Ich lache und klatsche begeistert.
Nach nur einer Zugabe ist
Schluss, um Punkt 23 Uhr. 2:40 Stunden Helge pur sind vorbei, Pause ist
von der Zeit abgezogen. Ich finds klasse, ihn auch mal live gesehen zu
haben. Mit Helge in die Festtage verschwinden. Gibt es was schöneres?
Helge verkündet, dass er jetzt erst einmal Urlaub macht und Ski fährt.
Im nächsten Jahr werde ich mir wieder eine Eintrittskarte kaufen.
Und sie wieder bezahlen.
Persönlich sage ich
das Helge nicht, wenn er das nächste Mal bei Agnoli seinen Kaffee
trinkt. Aber das macht kein Mülheimer. Wir lassen ihn in Ruhe. Und
ich glaube, auch das gefällt ihm so an dieser Stadt.
Rendezvous mit meiner Stadt
In meiner Vorbereitungsphase
zum USA-Urlaub, ja, das gebe ich zu, da habe ich ein paar Folgen lang "Sex
and the city" geguckt. New York eben. Ich kann mich an nicht mehr sehr
viel erinnern. Nur eins ist hängen geblieben. In einer Folge ist die
Hauptperson, die Kolumnistin Carrie, gerade single, ein paar Dates misslingen,
und so hat sie eben ein "Rendezvous mit meiner Stadt", so wie sie sagt,
und geht in New York ins Guggenheim Museum...
Wenn Mülheimer Bürger
jemals ein Rendezvous mit ihrer Stadt haben können, dann bei Konzerten
von Helge Schneider.
Und diesen Moment, in dem
ich im Stadthallenfoyer Stefan Kober, einen geschätzten WAZ-Freien,
der jetzt schon längst Volontär ist, traf, werde ich nicht so
schnell abhaken. "Mensch, hättste doch was gesagt", meinte er zu mir.
"Dann hättest Du das doch schreiben können." So wars aber schon
zu spät, und ich musste mich meinen Mitreisenden wieder zuwenden.
Seinen Job hat Stefan ganz gut gemacht, und da ichs kaum besser formulieren
könnte, überlasse ich ihm den Platz zur Schilderung eines Rendezvous...
FÜTTERN VERBOTEN,
LACHEN ERLAUBT (WAZ Mülheim, 20.12.2004)
- von Stefan Kober; hat
er juuut gemacht -
Wenn Helge Schneider
kommt, geht nichts mehr: zwei restlos ausverkaufte Stadthallen am Samstag
und am Sonntag. "Füttern verboten" heißt das Programm. Lachen
ist erlaubt.
"Helge, Helge"-Rufe, als
es langsam dunkel wird. Auf der Bühne verteilt: Reise-Klavier und
Xylophon, Mundharmonika und Trompete, E- und gewöhnliche Gitarre,
Schlagzeug und Bongos, Blockflöte und Schelle, Piano und Orgel - der
Meister hat Großes vor.
Um seine Anhänger zu
begeistern, braucht es wenig. Instrumental ist das erste Stück, ein
Medley mit Piano und Schlagzeug, links-rechts, eine Jonglage-Nummer mit
den Sticks zwischen den Fingern. Applaus brandet auf und Schneider lässt
sich von der einzigen Unterstützung Bodo, der - bei Helge währen
die Lehren länger - eine 36-jährige Ausbildung zum Teekoch absolviert,
die Tasse reichen. "Sie wundern sich vielleicht, warum rechts und
links keine Videoleinwände stehen", meint Schneider. Wie bei großen
Stars wie "Uschi Glas oder Celine Dion" üblich. Ein Vergrößerungsglas
hat er stattdessen mitgebracht, angespült am Strand von Honululu.
Erste Reaktion beim Fund war ein Dialog der Gehirnhälften: "Was ist
denn das? - Weiß ich doch nicht." Schneider: "Die Antwort kam sofort.
Das nennt man Denken." Eine versteinerte Qualle war es aber nicht, also,
mutmaßt Schneider, entweder eine Kontaktlinse von Joan Collins oder
einem Wal.
Schneiders Stärke ist,
vom Ernst in den Nonsens zu gleiten, die Übergänge fließen
zu lassen: Da imitiert er an der Orgel eine Hof-Reportage nebst entsprechender
musikalischer Untermalung: "Wir sehen die Queen im Fonds sitzen. Der rote
Teppich wird ausgerollt." Wir sehen, wie sich die Kathedrale ins Bochumer
Stadtbild einfügt. "Wir sehen Ex-Außenminister Genscher zusammen
mit Tatjana Gsell." Den Dalai Lama im Gespräch mit Jens Jeremies.
Die Queen steigt aus: "Sie trägt eine Jacke aus Stahl, in der Friedrich-Wilhelms-Hütte
gegossen." Mit einem Sticker der IG Metall. Musikalisch funktioniert das
ähnlich: Da startet Schneider am Piano mit Beethovens Mondscheinsonate
und lässt das Klavierspiel mit dem Jingle eines Schokoherstellers
ausklingen: die zärteste Versuchung...
Ein Stück verballhornt
er mehr oder weniger auf Spanisch, Restaurant-Barden-Parodie und -Hommage.
"Donde", "tengo" und "dolore" klingen im iberischen Sprachbrei manchmal
durch. Mehr kaum. Angekündigt hat er den Titel so: "Das nächste
Lied handelt von Liebe, vom Leid, von Zähmung, Tod, Krankheit, Verderben,
Sehnsucht, Spaß, Geburt, Segeln, Schwimmen und Lesen." Leben eben.
Und Lachen mit Schneider. Ay caramba.
Danke Stefan.
Und für mich gilt:
Im nächsten Jahr bin ich wieder da.
Zum nächsten Rendezvous.
Helau oder doch lieber:
Hiiiilfe!?!
(Rosenmontag, 23. Februar 2004)
Der Mülheimer Kaiserplatz von oben...
Es gibt Momente, da frage
ich mich, wie viele Leute wohl auf diese Seite klicken, die nicht aus Mülheim
kommen, nicht aus dem Ruhrgebiet oder sogar nicht aus Nordrhein-Westfalen...
vielleicht interessieren sich ein paar von Euch ja tatsächlich für
meine "Heimatstadt" Mülheim, und falls das so ist, will ich nun einen
weiteren Beitrag zur Aufklärung über die "sympathisch
suizidale" Stadt an der Ruhr leisten...
... denn: JAAA! Karneval
gibt es auch in Mülheim - und nicht nur in Mainz, Düsseldorf
oder Köln...
Mal schön der Reihe
nach: Es ist noch gar nicht lange her, da wurde in meinem Freundeskreis
zwei Monate vor diesem ominösen Wochenende von nichts anderem mehr
geredet. Diejenigen, die hätten arbeiten müssen, nahmen frei,
die Studenten hatten sowieso freie Fahrt. Und das alles nur für Karneval?
Für diesen blöden Brauch? Diese blöde Verkleiderei? Nein,
das nun wirklich nicht... es ging einfach nur um diese paar Tage im Jahr,
an denen Benehmen und Respekt zwei Charaktereigenschaften sind, die getrost
in den Ausguss gefeuert werden können. Am Altweiber-Donnerstag ging
es los, mit Karnevalspartys am Freitag und Samstag weiter, am Sonntag war
entweder die Düsseldorfer Altstadt oder der Oberhausener Zug unser
Ziel, und Montags nach soviel Feierei meist "nur" der heimische Rosenmontagszug
an der Ruhr. Und was haben wir an all den Tagen gemacht? Getrunken, getrunken
und getrunken. Und dabei die übelsten Schlager und schlechtesten Evergreens
gehört. Und in einer Bierlaune mit massig Promille dann noch Konfetti
regnen lassen und mit Schminke rumgefuchtelt. In Gegenden, in denen Karneval
oder Fasching nicht gerade auf der Tagesordnung ganz oben stehen, gelten
diese "Feste" als Riesen-Orgien. Auch das ist nicht falsch. Ich könnt
Euch Geschichten erzählen...
... früher, das war
alles früher. Mit der Zeit kommen die Gedanken, mit den Gedanken kommen
die Erkenntnisse. Die Erkenntnisse, wie sinnlos das eigentlich ist. Festgestellt
unter anderem bei einem rosenmontäglichen Besuch beim Karnevalszug
in Köln mit meinem Bruder vor ein paar Jahren, als wir Jean Pütz,
den WDR-Rumfuhrwerker, schunkelnd sahen. "Wenn ich mir ansehe", definierte
Thommy, "dass sich Hunderttausende von Menschen für so eine Scheiße
begeistern können, dann glaube ich daran, dass die Revolution doch
noch möglich ist." In etwa zur selben Zeit formulierte der Kabarettist
Volker Pispers einen Vergleich zwischen Karneval und den Hannoveraner Chaostagen:
"Menschen mit bunten Haaren laufen betrunken durch die Stadt: Im Rheinland
nennt man das Karneval. Stellen Sie sich mal vor, die Polizei würde
den Rosenmontagszug von Köln mit 100 Mann sprengen..." Ja, stellt
Euch das mal vor. Die politische Aussage an Karneval tendiert jedenfalls
gleich null, der einstmals kabarettistische Witz ist fast vollends verloren
gegangen... und mit Bräuchen wie Fastenzeit und so´m Kram hab
ich ohnehin nix am Hut.
Warum ist aus mir ein Karnevalsmuffel
geworden? Das hängt ein bisschen mit meinem Dad zusammen, der äußerst
gern Karnevalsveranstaltungen im Fernsehen sieht... Das war schon immer
so, und früher gingen mir die ewigen Büttenreden und jährlich
gleichen Liedchen des Colonia-Duetts ziemlich auf den Keks. Und da wäre
noch unsere Redaktion: Unter den freien Mitarbeitern ist es eine Bestrafung,
wenn jemand zu einer Karnevalssitzung muss mit flachen Witzen und noch
viel tieferem Niveau. Im März 2000 - und das war wohl mein endgültiger
Bruch mit der Karnevalskultur - fuhr ich auf einem Wagen
in Mülheim mit, und stand neben einem total desillusionierten
Oberjecken, der die Prozedur zum 30. Mal mitmachte und dabei nur noch gelangweilt
wirkte. Seit mittlerweile drei Jahren flüchte ich vor dem Karnevalstreiben.
Und nun befinden wir uns
im Jahr 2004... wieder einmal ist Rosenmontag und wieder mal geht ein Wochenende
zu Ende, an dem weniger los ist im Sport als über Ostern oder an Weihnachten.
Warum? Na klar: Alle Sportler lassen sich die Mega-Besäufnisse nicht
nehmen. Es ist eine Feiertags-Atmosphäre. Die Busse fahren nicht mehr,
die Straßen sind leergefegt, viele Geschäfte haben geschlossen.
Und dabei befinden wir uns nur in Mülheim... einer "gewollt-und-nicht-gekonnt"-Karnevalsstadt,
die vom Karnevalsboom ein Rhein auch mal profitierte und nun alljährlich
ein bisschen nachahmt. Die "echten" Karneval-Freaks zieht es nach Düsseldorf
(30 Zug-Minuten) oder Köln (50 Zug-Minuten); die Jugendlichen, die
anwesend sind, sind wahrscheinlich noch zu betrunken vom Vortag aus Düsseldorf
oder Oberhausen. Bleiben noch zahllose Familien. Von all den Zehntausenden,
die an den Straßen stehen, wissen maximal zehn Prozent etwas über
die Entstehung und die Bedeutung von Karneval. Auch die Motivwagen interessieren
nicht die Bohne, oder etwa die Tanz"mariechen". Das kommt in den absolut
langatmigen Live-Übertragungen aus den Großstädten aber
so rüber. Falsch! Für die Familien und die Kids zählen Verkleidungen
und vor allem die Tonnen an Süßigkeiten, die auf die Straßen
fliegen, für die Geschäftsleute geht es um die verkauften Verkleidungen,
Spirituosen und Luftschlagen. Und die Jugendlichen und die Erwachsenen?
Siehe oben: Wein und Bier, das rat ich Dir. Einen Grund für´s
Saufen gibt´s immer.
Heute war ein typischer
Rosenmontag. Die meisten Leute standen wie immer in Mülheim rund um
den Kaiserplatz. Der liegt in Sichtweite unserer Redaktion. Also öffnete
ich dort ein Fenster, setzte mich auf die Fensterbank und blickte von oben
aufs sogenannte "närrische Treiben".
Gut, dass ich nicht mehr
mittendrin bin.
... und der Mülheimer Kaiserplatz von unten! Die Mülljungs stehen schon bereit!
DIE STADTTEILE:1) Ausflug nach Heimaterde
MEHR ZUM STADTTEIL HEIMATERDE GIBT ES HIER !!!
2) Ausflug nach Mintard
MEHR ZUM STADTTEIL MINTARD GIBT ES HIER !!!
3) Ausflug nach Styrum und ins Industriegebiet
MEHR ZUM STADTTEIL STYRUM UND DEM INDUSTRIEGEBIET GIBT ES HIER !!!