MY HOMETOWN: MÜLHEIM, TEIL 1 - ALLGEMEINES
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Schild!

Hier geht es zum ZWEITEN TEIL: Die Mülheimer Stadtteile


Mein Lieblingsort in Mülheim:

My Hometown

Die Ruhr im Vordergrund, der Rathausturm rechts im Hintergrund!
Das sind die beiden "Haupt"-Wahrzeichen der Stadt!

Mülheimer Daten

Quelle: BAEDEKER „Ruhrgebiet“

Einwohnerzahl: 169.923 (31.5.2005)
Entwicklung der Einwohnerzahl: 1200 (1400), 2000 (1600), 7000 (1818), 10.700 (3.12.1867), 15.300 (1.12.1875), 24.465 (1.12.1885), 38.280 (1.12.1900), 93.599 (1.12.1905 / Eingemeindungen), 112.580 (1.12.1910 / noch mehr Eingemeindungen), 127.027 (8.10.1919), 137.540 (17.5.1939), 129.478 (31.12.1945), 149.589 (13.9.1950), 185.708 (6.6.1961), 192.381 (31.12.1965), 181.279 (31.12.1980), 171.948 (31.12.1985), 176.423 (25.5.1987), 172.862 (31.12.2000).

Fläche: 91,26 Quadratkilometer

Höchster Geländepunkt: 152 Meter über dem Meer
Tiefster Geländepunkt: 26 Meter über dem Meer

Lage: Mülheim, gelegen am Übergang zwischen Rheinischem Schiefergebirge und Niederrheinischer Tiefebene, ist in eine ebenso abwechslungsreiche wie reizvolle Landschaft eingebettet. Die Ruhr durchzieht die Innenstadt.

Wappen
Das Wappen der Stadt Mülheim an der Ruhr zeigt in zweimal gespaltenem und einmal geteiltem Schild (in Klammern die Bedeutung der Darstellung):
1: In Gold ein rotes Schräggitter (Herrschaft zu Daun)
2: In Blau ein achtspeichiges silbernes Rad (Herrschaft zu Falkenstein)
3: In Silber einen doppelschwänzigen, blau gekrönten und blau bewehrten roten Löwen (Herrschaft zu Limburg)
4: Über drei schwarzen Balken in Silber einen schreitenden goldenen Löwen in Rot (Herrschaft zu Oberstein)
5: In Rot einen goldenen Leerschild (Herrschaft zu Broich)
6: In Blau zwischen vier silbernen Kreuzen in den Ecken ein sechsspeichiges silbernes Rad (Herrschaft zu Reipoltskirchen)
Das Wappen wurde 1890 eingeführt und 1925 vom preußischen Staatsministerium verliehen. Unter einer Burgmauer auf dem Schildhaupt ist das Schild des letzten Grafen von Daun-Falkenstein abgebildet. Die Herrschaften zu Daun-Oberstein und Falkenstein waren Vasallen des Herzogtums Berg. Die Falkensteiner Grafen gelangten durch Erbschaft (1608 - 1628) in den Besitz der Herrschaft Hohenfels - Reipoltskirchen (heute Verbandsgemeinde Wolfstein in Rheinland-Pfalz)...



Geschichte:

BAEDEKER

Zum historischen Mülheim gehört die Schlossburg Broich, die schon im 9. Jahrhundert errichtet worden ist. Mülheim selbst wird in alten Dokumenten 1093 als Gerichtsstätte zum ersten Mal erwähnt. 1214 wurde das Kloster Saarn gegründet. Das Kirchdorf Mülheim, das weiterhin zur Herrschaft Broich gehörte, kam dadurch 1511 zum Herzogturm Berg (bis 1806). 1808 wurde Mülheim zur Stadt erhoben, 1908 zur Großstadt. Der Aufschwung begann im Jahr der Stadterhebung, als die Firma Stinnes gegründet wurde. Später kamen hinzu: Friedrich-Wilhelm-Hütte (1811), Mülheimer Bergwerksverein August Thyssen (1898) und Kohlekontor (1904).

WIKIPEDIA

Mittelalter

Die Geschichte der Stadt Mülheim ist eng verbunden mit dem Schloss Broich, das um 900 - es wird vermutet in den Jahren 883 und 884 - als Wehranlage gegen die Überfälle der Wikinger an der Ruhrfurt errichtet wurde. Im Jahre 1093 wurde "Mulinhem" als Gerichtsstätte des Ruhrgaues bezeichnet und in dieser ersten urkundlichen Erwähnung des Stadtnamens werden auch die Herren von Broich als Herrscher über die Burg und den Mülheimer Raum genannt.
Im Jahre 1214 erfolgte die Gründung des Zisterzienserinnenkloster Saarn, das nach einigen Jahren der Armut ab der Regierungszeit von Erzbischof Engelbert I. von Köln (reg. 1220-1225) wirtschaftlich erblühte, weil dieser mit umfangreichen Privilegierungen für eine dauerhafte und ausreichende materielle Grundlage sorgte. Die Zahl der Zisterzienserinnen nahm entsprechend des Wohlstandes zu. Auch die Stiftungen an das Kloster mehrten sich und die Herren von Broich werden in den Schenkungsurkunden oftmals erwähnt. Weil im Jahre 1372 die Herren von Broich ausstarben, fällt Schloss Broich zunächst an die Grafen von Isenberg-Limburg. Dem Kölner Erzbischof Dietrich II. von Moers und Herzog Gerhard von Jülich-Berg gelang 1443 gemeinsam die Eroberung und Inbesitznahme Broichs, wobei die Burg stark zerstört wurde. Seit dieser Zeit gilt die Herrschaft Broich, zusammen mit dem Kirchspiel Mülheim, nur noch als ein Lehen des Herzogtum Berg, das zwar mit bedeutenden Rechten ausgestattet, aber dennoch nur als abhängige Unterherrschaft wiederum zu Lehen weitergegegeben wurde. Weil die Grafen von Isenberg-Limburg 1508 ausstarben, wurden die Besitzungen dem Grafengeschlecht Daun-Falkenstein zu Lehen gegeben.

Reformation

Im Jahre 1554 sind erste reformatische Auswirkungen in Mülheim feststellbar und vierzig Jahre später hat sich die Reformation in der ganzen Herrschaft Broich und dem Kirchspiel Mülheim durchgesetzt. Während des achtzigjährigen Kriegs belagern im Jahre 1598 spanische Truppen Schloss Broich, das schließlich durch Kapitulation erobert wird. Die durch den Beschuss entstandenen Schäden sind so schwer, dass sie erst Jahrzehnte später behoben werden können. Nur wenige Tage nach der Kapitulation des Schlosses wird Graf Wirich von Daun-Falkenstein, ein wichtiger Führer der Protestanten am Niederrhein, von den Spaniern ermordet. Ebenfalls durch Mord wird die Linie der Grafen zu Daun-Falkenstein im Jahre 1682 ausgelöscht und das Lehen fällt an die Grafen von Leiningen, welche die Broicher Herrschaft durch einen Rentmeister verwalten lassen.

Industrialisierung

Die Industrialisierung Mülheims beginnt um 1770 mit dem Ausbau der Ruhr zu einer Schifffahrtsstraße. Während auf dem Unterlauf der Ruhr, zwischen Duisburg und der Mülheimer Innenstadt, seit dem 14. Jahrhundert Schiffsverkehr möglich war und bereits 1716 in Duisburg-Ruhrort der erste Rheinhafen entstand, wurde die Ruhr erst 1780 durch die Errichtung der ersten Schleuse auch oberhalb der Mülheimer Innenstadt schiffbar. Damit erfuhr der Kohlenhandel einen massiven Aufschwung, denn die Schleppkähne konnten nun von Hattingen bis zum Duisburger Hafen entlang des Leinpfads getreidelt werden. Mit Zeche Humboldt und Zeche Sellerbeck entstanden um die gleiche Zeit auch die ersten Zechen mit wirtschaftlicher Kohleförderung auf Mülheimer Stadtgebiet.

1806 werden die Herrschaften Broich und Styrum aufgelöst. Es entsteht das Amt Broich-Styrum, zu dem auch Mülheim gehört.
1808 (18. Februar) wird Mülheim Munizipalität.
1811 Mechanikus Johann Dinnendahl eröffnet eine mechanische Werkstatt.
1815 fällt Mülheim gemäß den Beschlüssen auf dem Wiener Kongreß an Preußen und wird 1816 dem Landkreis Essen bzw. ab 1823 dem Landkreis Duisburg innerhalb der späteren Rheinprovinz zugeordnet.
1820 Die Brüder Dinnendahl gründen eine Eisenschmelze zur Herstellung von gegossenen Maschinenteilen aus der später die Friedrich-Wilhelms-Hütte hervorgeht.
1838 wird die erste Schienenbahn des Ruhrgebiets in Mülheim zur Zeche Sellerbeck in Dümpten in Betrieb genommen.
1839 wird die private Aktienstraße vom Mülheimer Hafen nach Essen Borbeck fertiggestellt.
1846 erhält Mülheim das Stadtrecht nach preußischem Recht
1849 beginnt die Stahlproduktion.
1862 Anschluss an das Eisenbahnnetz (Bergisch-Märkische Eisenbahn).
1871 August Thyssen gründet die Firma Thyssen u. Co., die zur Basis eines der größten deutschen Montankonzerne wird.
1873 Mülheim an der Ruhr wird Sitz eines neuen gleichnamigen Kreises, nachdem die Städte Duisburg und Essen kreisfrei geworden waren.
1887 Der Landkreis Mülheim an der Ruhr wird geteilt. Der westliche Teil geht im Landkreis Ruhrort auf.
1897 Die ersten elektrischen Straßenbahnen fahren in Mülheim.
1899 Das Infanterie-Regiment 159 zieht in die neue Kaserne an der Kaiserstraße ein. Mülheim wird damit Garnisonsstadt.
1904 wird Mülheim nach Erreichen von mehr als 40.000 Einwohnern (gemäß der neuen Rheinischen Provinzialordnung) Stadtkreis.

Nationalsozialismus

1932
1. Oktober: Der Ortsgruppenleiter Karl Camphausen wird zum Mülheimer Kreisleiter der NSDAP ernannt. Er hat dieses Amt bis Kriegsende inne.
6. November: Die NSDAP geht aus den letzten freien Reichstagswahlen im Mülheim als stärkste Partei mit 28,3% der Stimmen hervor - Deutschland 33,1%. Die KPD erhält 24,5% und das Zentrum 17,3% der Stimmen.
1933
30. Januar: Die Einsetzung Adolf Hitlers zum Reichskanzler wird von der NSDAP in Mülheim wie in anderen Städten mit einem Fackelzug gefeiert.
Ab Mitte Februar kommt es immer wieder, besonders im Stadtteil Dümpten, zu Hausdurchsuchungen bei vermuteten Kommunisten. Zwei Personen werden dabei erschossen.
Ende Februar übernehmen 200 SS-, SA- und Stahlhelmangehörige offiziell die Polizeigewalt als Hilfspolizisten in der Stadt. Zahlreiche politische Gegner werden verhaftet.
März: Kommunalwahl nach Hitlers Machtergreifung; die NSDAP holt mit 23 Stadtratssitzen nur 45,1% der Sitze. Kurz darauf erfolgt aber durch Anwendung der entsprechenden Reichsgesetze der Ausschluss der KPD und SPD Vertreter. Als erster Ratsbeschluß werden Hitler und Hindenburg die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen.
Anfang April werden die noch Ende März gewählten Arbeitervertreter in den Betrieben durch Anhänger der Nationalsozialisten ersetzt.
1938
30. September: Die jüdische Synagoge am Viktoriaplatz wird laut Ratsbeschluß für 56.000 Reichsmark an die Stadtsparkasse zwangsverkauft.
9./10. November: Reichskristallnacht - SS-Sturmbannführer Alfred Freter leitet den Feuerwehrtrupp, der den Berliner Befehl zur Inbrandsetzung der Synagoge um 3:00 Uhr morgens ausführt. Die Urkunde über die Grundsteinlegung übersteht den Brand und liegt heute im Stadtarchiv.
1941 - Juni: Eröffnung des ersten Arbeitserziehungslagers am Flughafen Essen-Mülheim unter Verwaltung der Kölner Gestapo. Als Wachen fungieren 26 Schutzpolizisten der Essener Polizei. Der Arbeitseinsatz erfolgt über die Flughafengesellschaft. 120 Häflinge werden Anfang 1943 ins KZ Buchenwald verbracht. Bis März 1945 durchlaufen nach Schätzungen 6.000 bis 8.000 Menschen das Lager, dabei kommen 130 Gefangene ums Leben.
1942 - 13. Mai: Drei Wellington-Bomber greifen erstmals das Mülheimer Stadtgebiet an, nachdem das ursprüngliche Ziel, die Essener Industrieanlagen, unter Wolken liegt.
1943
10./11. März: Zwei britische De Havilland Mosquitos werfen ihre Bomben über dem Mülheimer Stadtgebiet ab.
22./23. Juni: Ein schwerer britischer Luftangriff auf Mülheim wird mit einem nicht vorgewarnten Angriff auf die Hauptfeuerwache an der Aktienstraße um 0:33 Uhr eingeleitet. Der eigentliche, dann auch vorgewarnte Angriff beginnt um 1:10 Uhr. In drei dicht aufeinander folgenden Wellen fliegen 242 Avro Lancaster-, 155 Handley Page Halifax-, 93 Short Stirling-, 55 Wellington- und 12 De Havilland Mosquito-Bomber über das Stadtgebiet. Die Hauptziele sind die Mülheimer Innstadtstadt, die Kreuzung der rheinischen und märkischen Eisenbahnlinien, die Deutschen Röhrenwerke und die Deutschen Eisenwerke, die Firma Schmitz-Scholl als Provianthersteller für die Reichswehr, das Reichsbahnausbesserungswerk und der Hafen. Die Attacke fordert unter der Stadtbevölkerung 530 Tote. 1.630 Gebäude (64%) werden total zerstört bzw. beschädigt. Insgesamt sind 77% aller Gebäude betroffen. Etwa 40.000 Mülheimer Einwohner müssen evakuiert werden.
1944
1./2. November: Bei einem Bombenangriff der eigentlich der Stadt Oberhausen gilt und bei stark bewölktem Himmel stattfindet, treffen Bomben vor allem den Stadtteil Dümpten. Dort und in umliegenden Stadtteilen kommen 33 Einwohner ums Leben. Eine Halifax stürzt auf den Mülheimer Zentralfriedhof und eine Lancaster wird über Heissen abgeschossen.
24. Dezember: 338 britische Bomber greifen um 14:00 Uhr den Flughafen Essen-Mülheim an. Dies geschieht im Rahmen der Abwehr der deutschen Ardennenoffensive, die auch Luftunterstützung vom Mülheimer Flughafen bekommt. 74 Einwohner der Stadt verlieren ihr Leben, davon allein 50 bei einem Volltreffer auf den Bunker in der Windmühlenstraße. Da dort auch militärische Flughafenbedienstete und Soldaten im Obergeschoß untergebracht sind, muss von weiteren 250 Toten ausgegangen werden, die aber nicht in den offiziellen Opferlisten der Stadt vermerkt sind.
1945
21. März: Wiederholter Luftangriff auf den Flughafen durch 90 amerikanische Consolidated B-24-Bomber, zur Abwehr deutscher Luftangriffe bei der alliierten Rheinüberquerung bei Wesel. Im An- und Abfluggebiet liegen die Stadtteile Menden, Raadt und Holthausen. Dort sterben 22 Menschen.
11. April: Um die bereits in Oberhausen und Essen stehenden amerikanischen Einheiten bei der Einnahme der Stadt zu behindern werden die Thyssen-Brücke, die Siegfriedbrücke und die Eisenbahnbrücke im Bereich der Oberhausener Straße vom Volkssturm gesprengt. Zur Verteidigung befinden sich noch 200 Soldaten des 183. Volksgrenadierregiments auf Mülheimer Gebiet. Etwa 3.000 Angehörige des Volkssturms kommen dazu. Am Morgen beginnen die amerikanischen Truppen die Besetzung Mülheims, wo zu dieser Zeit noch knapp 88.000 Menschen wohnen. Die ersten Soldaten des 513. Fallschirmjägerregiments, das zur 17. US-Luftlandedivision gehört, rücken von Essen über den Stadtteil Heissen in die Stadt vor. Der Hauptvorstoß geht direkt in Richtung Stadtmitte, während eine kleinere Einheit über Dümpten nach Styrum vorstößt. Im Stadtgebiet kommt es nur im Bereich der Kämpchenstraße zu einem kurzen Kampf zwischen einigen Volkssturmleuten und den Amerikanern. Dabei werden zwei Volksstürmler und drei Soldaten getötet. Oberbürgermeister Hasenjäger übergibt um 9:40 Uhr die Stadt den Amerikanern. Der erste Besatzungskommandant wird Major Keene. Aufflackernde Kämpfe zwischen Fremdarbeitern und Einheimischen sowie beginnende Plünderungen in der Innenstadt werden gegen Abend von den Amerikanern unterbunden.

Nachkriegszeit

1964 wird die letzte Schicht an den Hochöfen der Friedrich-Wilhelms-Hütte gefahren. Mülheim besitzt damit als erste Stadt im Ruhrgebiet keine Stahlproduktion mehr.
1966 ist Mülheim nach der Einstellung der Kohleförderung auf der Zeche Rosenblumendelle die erste Ruhrgebietsstadt ohne Zechen.
1974 das City-Center wird als innerstädtisches Einkaufszentrum fertiggestellt. Zugleich wird die Schloßstraße zur Fußgängerzone umgestaltet.
1979 wird die U-Stadtbahnstrecke von Mülheim Hbf bis Essen fertiggestellt.
1992 findet die nordrhein-westfälische Landesgartenschau "MüGa" in Mülheim statt. Hierzu finden im Mülheimer Ruhrtal erhebliche Umgestaltungen statt, vor allem in seinem Kernbereich um die Schloßbrücke. Über die Ruhr wird die neue, blaue Styrumer Brücke eröffnet.
1994 verlässt die Britische Armee nach 48 Jahren Mülheim. Das komplett umgebaute innerstädtische Einkaufszentrum City-Center wird unter dem Namen Forum wiedereröffnet.
1998 wird der U-Stadtbahn-Abschnitt von Mülheim Hbf zum Stadtteil Broich mit dem Ruhrtunnel eröffnet.
1999 wird die kommunale Doppelspitze bestehend aus Oberstadtdirektor und Oberbürgermeister abgeschafft. Erster hauptamtlicher Oberbürgermeister der Stadt Mülheim an der Ruhr wird Dr. Jens Baganz (CDU).



Wirtschaft: Heute ist der Kohlenbergbau in Mülheim – er wurde vermutlich schon im Mittelalter betrieben – eingestellt; die Stadt stützt sich wirtschaftlich auf den Maschinenbau (Thyssen, Siemens, Mannesmann) und ist Sitz großer Handelsketten (Tengelmann, Aldi, Stinnes).

Max-Planck-Institut: Der Kohle aber verdankt Mülheim sein Max-Planck-Institut. 1912 beschloss die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, im Ruhrgebiet ein Zweiginstitut zu errichten, um „die wissenschaftliche Erforschung der Kohle zu fördern“. Für die Grundlagenforschung, die hier betrieben wurde und wird, erhielt der Institutsleiter Professor Karl Ziegler 1963 den Nobelpreis für Chemie.

Verkehr: Die direkte Anbindung an den Fernstraßenverkehr besorgen die Autobahnen A2, A3, A40, A44 und A53 sowie die Bundesstraße B223. Der Großflughafen Düsseldorf liegt 15 Autominuten entfernt, der Regionalflughafen Essen-Mülheim gehört zum Stadtgebiet.
Der Hauptbahnhof bildet einen Verkehrsknotenpunkt für Bundesbahn, Stadtbahn, U-Bahn, Bus und Straßenbahn. Der Rhein-Ruhr-Hafen Mülheim liegt nur 12 Kilometer vom Rhein entfernt.

Kultur: Das Kulturleben nimmt in Mülheim eine größere Bedeutung ein als in vielen anderen Ruhrgebiets-Städten. Die Akzente setzen die jährlich im Mai stattfindenden Theatertage (Verleihung des Mülheimer Dramatikerpreises im Rahmen der „stücke“) und ein eigenes Theater-Ensemble, das „Theater an der Ruhr“ von Roberto Ciulli. Spielorte sind die Stadthalle, das ehemalige Solbad Raffelberg und der Ringlokschuppen. Des weiteren übernimmt das preisgekrönte Theater auch Gastspielreisen hinaus in ganz Europa.

Sport (von mir selbst formuliert): Die Mülheimer fahren lieber in die anliegenden Nachbarstädte, um sich Fußball- (Schalke, Dortmund, Duisburg, Bochum), Handball- (TuSEM Essen), American-Football- (Düsseldorf Rheinfire) oder Eishockey (Düsseldorfer EG, Moskitos Essen) anzuschauen. Neben der Galopprennbahn - die aber eher gesellschaftliche als sportliche Bedeutung genießt - locken in Mülheim höchstens der Hockey-Rekordmeister HTC Uhlenhorst Mülheim oder der deutsche Squash-Meister SC Courtwiesel Mülheim. Den höchsten Zuschauerschnitt der Klubs hat indes der Fußballklub VfB Speldorf (600 bis 700), der seit Jahren aber vergeblich versucht, in die viertklassige Oberliga aufzusteigen.

SEHENSWÜRDIGKEITEN:

BAEDEKER

Altstadt:

In der Mülheimer Altstadt mit engen Sträßchen und alten Häusern stehen sogenannte „Ensembles“ (kleine Gruppen von Fachwerkhäusern) unter Denkmalschutz; typisch bergische Stadthäuser mit Steinsockel, geteerten Balken, gekälkten Gefachen. Der schönste Zugang führt von der Bachstraße unter den beiden Brückenköpfen zum „Kirchenhügel“. Das markanteste Haus ist das „Tersteegenhaus“.

Bismarckturm:

Turmlinks: Turm, rechts: Jugendherberge

Auf einer bewaldeten Anhöhe nahe der Innenstadt erhebt sich der 1908 errichtete Turm, der nur im Rahmen von Stadtrundfahrten zu besteigen ist.

Freilichtbühne:

Eine 38 Meter breite und 41 Meter tiefe Bühnenfläche vor einer wildromantischen, 11 Meter hohen Felswandkulisse bildet das Zentrum der Freilichtbühne. Auf den Bänken ist Platz für mehr als 2300 Besucher. Sie wird für verschiedenste Veranstaltungen genutzt.

Kloster Saarn:

Das ehemalige Zisterzienserinnenkloster erhielt seine heutige Gestalt weitgehend in einer barocken Umbauphase zwischen 1729 und 1783. Heute ist dem Kloster eine Bürgerbegegnungsstätte zugeordnet.

MüGa-Park:

Zur Landesgartenschau „MüGa 1992“ wurde auf einer 7 Kilometer langen Strecke entlang der Ruhr eine attraktive Parkanlage geschaffen, die die Vorurteile über die Stadt im Kerngebiet des Kohlenpotts Lügen straft. Auf der 64 Hektar großen Grünfläche finden sich verschiedenste Möglichkeiten der Freizeitgestaltung.

Rathaus:

Der „Rathausturm“ ist das Wahrzeichen Mülheims. Er ist 57 Meter hoch. Das Zifferblatt der Turmuhr hat einen Durchmesser von 2,80 Meter. Vom Umgang auf dem Turm hat man einen eindrucksvollen Rundblick über die Stadt. Im Rathausturm wurde ein „Büromuseum“ eingerichtet.

Mintard:

Mintard ist ein idyllisches Dorf am Fuß des Aubergs. Einen Besuch wert ist vor allem die „St. Laurentius“-Kirche. Mintard ist der südlichste Stadtteil Mülheims, der Anfang der 70-er Jahre eingemeindet wurde. Die Mintarder selbst sehen sich als unabhängig... sie fühlen sich weder zu Essen noch zu Mülheim hingezogen.

Einkaufszentren:

Zwei Einkaufszentren lohnen einen Besuch, das „FORUM“ in der Innenstadt sowie das „RheinRuhrZentrum“ an der Essener Grenze.

Die neueste offizielle Broschüre der Stadt (www.muelheim-ruhr.de)

MüGa-Park:

Von Styrum im Norden der Stadt bis nach Süden erstreckt sich an der Ruhr entlang das Gelände der Mülheimer Landesgartenschau vonm 1992 mit abwechslungsreichen Parkanlagen und den Themengärten der Partnerstädte. Besonders für Kinder bietet die MüGa auch herrliche Spielplätze wie den Wasser- oder Matschspielplatz.

Wasserbahnhof:

Auf der Schleuseninsel liegt der Wasserbahnhof - der bekannte Ausgangspunkt für die Fahrten mit der Weißen Flotte nach Essen-Kettwig. Das Gebäude aus den 1920er Jahren - in seiner Bauweise einem Schiff nachempfunden - ist eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Galopprennbahn Raffelberg:

Spannende Galopprennen finden auf dem 68 Hektar großen Terrain am Raffelberg statt. Die Rennbahn bietet weiblichen Besuchern freien Eintritt zu allen Veranstaltungen. Die integrierte Neun-Loch-Golfanlage rundet das Freizeit- und Sportangebot der Rennbahn ab.

RheinRuhrZentrum:

Das RheinRuhrZentrum, mit über 200 Geschäften auf rund 100.000 Quadratmetern, war 1973 das erste große überdachte Einkaufszentrum Deutschlands. Auch heute ist das auf einem ehemaligen Zechengelände angesiedelte Zentrum überaus beliebt und bietet neben dem Shopping-Angebot mit dem FestivalGarden eine Plattform für Live-Events und Gastronomie.

Forum City Mülheim / Innenstadt:

Lust auf Shopping? Fachgeschäfte in der City bieten individuelle Beratung, Qualität und Service, und zahlreiche Cafés laden zu Eis oder Espresso ein. Direkt am Hauptbahnhof liegt das Forum City Mülheim in einem modernen und angenehmen Ambiente. Rund 80 Geschäfte bieten auf einer Fläche von 28.000 Quadratmetern eine gut sortierte Warenvielfalt. Multiplex-Kino und Gastronomie runden das Angebot ab.

Theater an der Ruhr:

Das 1980 von Roberto Ciulli und Helmut Schäfer mit der Stadt Mülheim gegründete Theater mit Sitz im ehemaligen Solbad Raffelberg ist in Deutschland und auch im Ausland eine renommierte Größe. Zahlreiche Gastspiele und Theatertourneen machten das Theater zu einem international anerkannten Ensemble.

Ringlokschuppen:

Der Ringlokschuppen auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau wurde im Sommer 1995 eröffnet. Es ist gelungen, das alte Bahndepot als interessante Location für Theater, Konzerte, Kabarett und Gastronomie zu etablieren. Die frühere Drehscheibe für die Loks ist heute eine einzigartige Open-Air-Bühne.

Schloss Broich / Stadthalle:

Schloss Broich wurde 883/884 als Festung gegen die Normannen errichtet und wird heute u.a. als historisches Museum und für Empfänge, Kongresse und viele andere Veranstaltungen und Konzerte genutzt. Gleich gegenüber bietet die repräsentative Stadthalle Raum für Kulturgenuss, Tagungen und Feiern aller Art.

Camera Obscura:

Im historischen Wasserturm Broich wurde im Zuge der Landesgartenschau 1992 die weltweit größte Camera Obscura installiert, die einen einzigartigen Rundblick über die City ermöglicht. Der Turm wird derzeit um das spannende Museum zur Vorgeschichte des Films erweitert und lädt ab August 2006 mit hochkarätigen Exponaten in die Welt der Kinematographie ein.

Aquarius Wassermuseum:

Im über 100 Jahre alten, architektonisch bemerkenswerten Wasserturm Styrum erschließt sich dem Besucher alles Wissenswerte über das "nasse Element". Auf 14 Ebenen und in 21 Themenbereichen gilt es die Vielfältigkeit des Themas an multimedialen Stationen auf spielerische Weise zu erkunden. Das Museum ist Ankerpunkt der Route der Industriekultur.

Haus Ruhrnatur:

Das Haus Ruhrufer, eine Initiative der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW), lädt zum Entdecken und Erfahren der Fauna und Flora des Ruhrtals ein. Die ökologischen Besonderheiten werden dort mit allen Sinnen erlebbar, und das Museum bietet für große und kleine Forscher einen vergnüglichen Lernspaß.

Kunstmuseum in der Alten Post:

Das Kunstmuseum in der Alten Post beheimatet neben Berlin die größte Zille-Sammlung sowie Werke der Klassischen Moderne von Otto Pankok, Pablo Picasso und zeitgenössischen Künstlern wie Georg Baselitz, Markus Lüpertz und Sigmar Polke. Zahlreiche Wechselausstellungen ergänzen und kontrastieren das Programm des Museums.

Leder- und Gerbermuseum:

In der ehemaligen Lederfabrik Abel werden Dokumentationen, Werkzeuge, Film und andere Artefakte rund um das Leder- und Gerberhandwerk gezeigt. Mit diesem seit über 350 Jahren in Mülheim angesiedelten Industriezweig lässt das Museum auch das Leben und die Geschichte der Unternehmerfamilien anschaulich Revue passieren.

Kloster Saarn:

1214 von Zisterzienserinnen gegründet, ist das Kloster Saarn heute ein geschichtsträchtiger Ausflugsort - mitten in Mülheim und in direkter Nähe zur Ruhr. Auch heute ist das ehemalige Kloster wieder eine Begegnungsstätte für Gäste und Bürger mit vielfältigem Kulturangebot. Ebenso lockt das Dorf Saarn so manchen mit seinen malerischen Straßenzügen.

Historische Altstadt:

Um 1200 entstand mit der Petrikirche auf dem sogenannten Kirchenhügel die Keimzelle der Stadt. Noch heute strahlt die Altstadt mit ihren verwinkelten Straßen, zahlreichen bergischen Fachwerkhäusern und gemütlichen Kneipen und Restaurants eine ganz besondere Atmosphäre aus. Und das Heimatmuseum "Tersteegenhaus" bietet interessante Einblicke in die Mülheimer Historie.

Bismarckturm:

Eingeweiht im Jahr 1909 zum Geburtstag seines Namensgebers ist der Bismarckturm einer der letzten Aussichtstürme im Ruhrtal. Im Untergeschoss hat der Mülheimer Künstler Jochen Leyendecker sein Atelier eingerichtet.

Laut Broschüre "Mülheimer Highlights":
1) "Stücke" - Mülheimer Theatertage, 2) "Voll die Ruhr", 3) "Mülheim Jazz-Festival", 4) "Klavierfestival Ruhr", 5) "Kulinarischer Treff", 6) "Drachenboot-Festival", 7) "Broicher Schloss-Weihnacht", 8) "Brunnenfest"

Die MüGa-Wiese
 Die große MüGa-Wiese!!! Im Sommer ein prima Ort, um zu entspannen
 
Der Hajek-Brunnen Die Schlossstraße Die Altstadt
Der "Platz der ehemaligen Synagoge" (heißt sinnvollerweise auch "Viktoriaplatz") mit dem Diskussionspunkt Hajek-Brunnen und der "Alten Post" (einem heutigen Museum) im Hintergrund. Am letzten Schultag treffen sich hier die angehenden Abiturienten der Stadt. Einstmals anno 1969 (glaub ich) war die Schlossstraße die erste Fußgängerzone NRW´s. Heute steppt dort der Bär gewiss nicht mehr (dieses Bild entstand samstags um 13 Uhr) und 20 Prozent der Läden stehen leer. Ganz malerisch mutet dagegen die Altstadt an, mit kleinen Gässchen und netten Fachwerkhäusern!

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Mülheim – ein öder Ort?

Im Jahr 1999 erschien im Reclam-Bändchen „Öde Orte 2“ ein Text von meinem Bruder Thomas über „Mülheim“.

Ein öder Ort...

MÜLHEIM AN DER RUHR:
Sympathisch suizidal
oder DER KOT POCHT NICHT

Geographisch liegt Mülheim an der Ruhr zwar im Ruhrgebiet - eigentlich aber ist diese Stadt ein Niemandstal der Ahnungslosen, westlicherseits. Die Autobahnen machen einen großen Bogen um die Stadt und alle wichtigen Züge ersparen sich den Halt im Mülheimer Bahnhof, der folglich etwa genauso groß ist wie der von Bad Kleinen. Doch noch nicht einmal Terroristen verschlägt es hierher...
Und für die Durchreisenden bleibt das Bahnhofsschild nur als undeutlicher Fetzen hinter der Fensterscheibe erkennbar - weshalb sich wohl nie etwas daran ändern wird, dass außerhalb der Stadtgrenzen nahezu jeder Mensch sich die Mühe macht, nach dem „Ü“ im Stadtnamen noch den überflüssigen Dehnungsgehilfen „H“ einzuschieben. Der Versuch der Einheimischen, durch die offizielle Ergänzung „an der Ruhr“ zumindest zwei Worte hinzuzufügen, die niemand verkehrt schreiben kann, offenbart sogleich etwas von der hilflosen wie eigenbrötlerischen Natur der Stadtbewohner.
Mülheim hat mit dem restlichen Ruhrgebiet nichts zu tun. Würde man das Kaff von jetzt auf gleich in eine mecklenburg-vorpommersche Tiefebene beamen, es würde  vermutlich bis zum nächsten Heimspiel des FC Schalke 04 dauern, bis einer seiner Bewohner das überhaupt merkt. Man bleibt unter sich und hat zu diesem Zwecke direkt hinter dem Hauptbahnhof vier Hochhäuser gebaut, die in ihrer durchdringenden Häßlichkeit zur Abschreckung aller Fremdlinge dienen und nach systematischen Plänen wöchentlich eingedreckt werden. Als zweiter Puffer gegen fremde Gäste dient die Innenstadt, deren Atmosphäre an umgekippte Hinterhof-Mülltonnen erinnert.
Vorsichtshalber haben die Einheimischen sich auch ihrer einzigen drei Sehenswürdigkeiten beraubt: Der schiefe Turm der Petrikirche wurde - ordnungshalber - durch einen geraden ersetzt. Und sollte tatsächlich jemand durch die Innenstadt bis zum Ruhrtal gelangen, dem einstmals einzigen gerade noch erquicklichen und stillen Örtchen, das die Stadt zu bieten hatte, so haben die Verantwortlichen auch hier ganze Arbeit geleistet: Seit 1972 wird das idyllische Ruhrtal im Süden von einer wuchtigen Autobahnbrücke zerschnitten, die die Kleinbürger damals als Wunderwerk der Technik bestaunten. Und Spaziergänger können heute den ein oder anderen Selbstmörder in der Flugphase betrachten. Oder ggf. von ihm erschlagen werden, je nach Position und Windrichtung.
Außerdem wurde vor einigen Dekaden die Kettenbrücke über die Ruhr beseitigt und durch eine langweilige, aber halt tragfähigere Variante ersetzt. Die kennzeichnet zugleich jene Stelle, wo an einer besonders seichten und daher zwecks Überquerung der Ruhr günstigen Stelle einst die ersten Häuser von Mulinhem entstanden, was die Häuser der Stadt Mülheim auch heute noch als bloße Brücken-Geschwulst entlarvt.
Die neue Brücke wurde dann im Zweiten Weltkrieg kaputt gemacht und das fanden die Mülheimer ziemlich doof. Allerdings waren sie daran nicht gerade unbeteiligt: Die Großindustriellen Emil Kirdorf, Fritz Thyssen und Hugo Stinnes jun. unterstützten recht erfolgreich einen wirren, schnurrbärtigen Österreicher. Als der tatsächlich die Macht übernahm, wurde hier selbstredend eine Hauptstraße nach Adolf Hitler benannt und ebendieser hatte ein eigenes Zimmer in Mülheim, weil er oft hierher kam, um sich für die großzügige Unterstützung seiner willigen industriellen Helfer zu bedanken. Die Mülheimer wußten, was sie ihren Finanzern schuldig waren: 1933 erhielt die NSDAP sowohl bei der Reichstags- als auch bei der Kommunalwahl die besten Ergebnisse aller Ruhrgebietsstädte. Und Dr. Werner Best, u.a. stellvertretender Gestapoleiter in Berlin, dem  in einer über tausendseitigen Anklageschrift insgesamt 8.700 Morde vorgeworfen wurden, konnte ab 1953 wieder als Justitiar bei Stinnes arbeiten, ohne daß sich jemand daran gestört hätte. Als dann 1982 der Prozeß gegen ihn eröffnet wurde, war er halt krank geworden - kein Wunder nach dem langen Aufenthalt in dieser Stadt. Gegenwärtig hat man hier mit der weitaus geringsten Arbeitslosenquote des Ruhrgebiets zu schmusen - vor allem dank der Arbeitsplätze der Firmen Thyssen und Stinnes. Und der Platz, an dem vom 9. auf den 10. November 1938 in vorbildlicher Art und Weise die hiesige Synagoge beseitigt wurde, wurde bis vor kurzem noch nach der Siegesgöttin „Viktoria“ benannt. Heute steht dort ein Gebäude der Stadtsparkasse - und jährlich zeigen die Abiturienten an ihrem letzten Schultag die Früchte des Mülheimer Geschichtsunterrichts: Mit der Leerung und Zerstörung ihrer Bier- und Weinflaschen gedenken sie der damaligen  „Kristallnacht“ ihrer Großväter. Tradition bleibt gewahrt.
Ansonsten verbrachten die Mülheimer die Nachkriegsjahre damit, ein paar Schreibmaschinen in den Rathausturm zu stellen und sich nun des einzigen Büromuseums der Welt zu rühmen. Außerdem wird alle fünf Jahre von der SPD die Einkaufsmeile Schloßstraße umgebaut, damit die ortsansässigen Bauindustriellen sich die Mitgliedschaft im neugegründeten Golfclub Selbeck leisten können. Schön ist die Betonpassage dennoch nie geworden - der Golfplatz aber sieht ganz passabel  aus.
Ein weiteres Hobby der Mülheimer ist es, sich trotz aller offensichtlichen Mauscheleien von der SPD regieren zu lassen. Erst vor wenigen Jahren kungelte die langjährige Oberbürgermeisterin Güllenstern so offensichtlich günstige private Verträge mit der Ortssparkasse aus - deren Aufsichtsrat sie selbstredend angehörte -, daß es drei Wochen vor der Kommunalwahl der Volksseele doch zu viel wurde. Seither regiert ein schwarz-grüner Stadtrat. Geändert hat sich nix - und die Schloßstraße ist gerade wieder eine Baustelle.
Eine Geschichte ist aber doch bemerkenswert: Mülheims neuer Oberbürgermeister Specht, ein radelnder Polizist, der an die Macht kam wie Lothar Matthäus an die Berühmtheit, sah sich in einer seiner ersten Amtshandlungen gezwungen, den Mülheimer Dramatikerpreis verleihen zu müssen. Daß er im Eifer des Gefechtes die Urkunde jedoch nicht dem hinter ihm verweilenden Einar Schleef, sondern dem vor ihm stehenden WDR-Hörfunkjournalisten in die Hand drückte, ist kennzeichnend für die kulturelle Ahnungslosigkeit der Mülheimer.
Wer von hier kommt, stammelt entweder untalentierte Dummphrasen wie die blond-blöden VIVA-Zwillinge Dziobek I und II („Und bei Oase fällt mir gleich Oasis ein...“) oder er moderiert Sport- und Frageshows wie Wim „Thoooooelke“ („Ficken 100? Riiisiiikooo!“) oder dreht Filme mit Titeln wie „Das deutsche Kettensägenmassaker“ und „Bringt mir den Kopf von Adolf Hitler“ - jemand wie Christoph Schlingensief kann sich hier wirklich wohl fühlen: „Mülheim hat einfach eine Mordsvergangenheit. (...) Die Mülheimer haben da eine Art entwickelt mit der Selbstmörderbrücke im Hintergund, die ich sehr mag.“ Daß dann noch eine „singende Herrentorte“ (H. Schneider) über „Katzenklo“s und „Sausackpillemannarschlöcher“ philosophiert, paßt da nur zu gut. Schließlich laufen und liefen davon einige hier rum.
Die Bemühungen Mülheims, Anfang der 70er im Zuge der Bildungsreform Sitz einer Gesamthochschule zu werden, blieben logischerweise erfolglos. Keine Perlen vor die Säue. Leid tun einem nur die Bewohner der zwei Studierenden-Wohnhäuser der Duisburger Gesamthochschule, die sich auf Mülheimer Gebiet verirrt haben. Die Armen werden tagtäglich mit Mülheimer Kultur konfrontiert, wohnen sie doch gezwungenermaßen mitten im Vergnügungsviertel „Monning“, wo sich der echte Mülheimer „Bei Uschi“ viele Biere und am Straßenrand eine Frau besorgt. Ansonsten passiert hier nichts. Selbst wenn der - gewiß übertriebene - Werbeslogan des Initiativkreises Ruhrgebiet - „Der Pott kocht“ phonetisch nur leicht verändert würde, so wäre auch diese wohlwollendere zweite Version - „Der Kot pocht“ eine schamlose Übertreibung. Hier pocht nix!
Um 1800 war Mülheim noch die zweitgrößte Stadt des Ruhrgebiets, knapp hinter Duisburg, noch vor Essen und weit vor Dortmund. Heute ist selbst Oberhausen, das damals noch gar nicht existierte, größer als die selbsternannte „sympathische Stadt an der Ruhr“. Vielleicht ist Mülheim in weiteren zweihundert Jahren ja völlig verschwunden, wer weiß. In Deutschland würde es sowieso niemand merken.

WAZ im Hintergrund

Das erste Gleis des Hauptbahnhofs bietet einen Blick auf die Petrikirche und die Eppinghofer Straße, einer der Hauptverkehrsachsen...
... ein öder Ort?

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Die Saarner Kirmes (immer in der ersten Juli-Woche):

Schnarchbären, Journalisten und Andi mittendrin
(Samstag, 28. Juni 2003 bis Sonntag, 6. Juli 2003)

... für meine WAZ-Kollegin Julia Damm als Andenken an ihren Gästebuch-Eintrag; Andi - 6.7.2003 ...

Die ersten Meter.
Auf der linken Seite die Damen und Herren des "Roten Kreuzes", vorwiegend diejenigen, die den Ersatzdienst ableisten und es sich auf den Holzbänken oder im Wagen vor dem mitgebrachten Fernsehgerät gemütlich machen. Zwischendurch mal einen Kotzenden versorgen... mmmmhh, lecker! Rechts die Hecken, Unkraut, bestimmt auch der hygienische Unrat besoffener Menschen. Vorne Lichter. Rot. Gelb. Grün. Blau. Undsoweiter. Kommen nur irgendwie nicht wirklich rüber, abends um 20 Uhr, mitten in der Helligkeit. Ein großes Schild verrät mir, wo ich mich grad befinde. "Saarner Großkirmes". Im Hintergrund dröhnt Techno-Mucke. "Mr. Vain", der gute alte Klassiker aus den 90-ern. Aus den 90-ern? Ja, auch da gab es schon die Saarner Kirmes. Rechnen wir mal die Jahre zurück... heute ich bin 25; 1993, vor zehn Jahren, da war ich........ 24,23,22,21,20,19,18,17,16 genau 15 Jahre alt. Viel zu alt, um schon um neun ins Bett geschickt zu werden, aber noch zu jung, um sich unfassbar einen hinter die Binde zu kippen. Wohin also kurz vor den Sommerferien? Natürlich zur Kirmes. Morgens in der Schule verabreden, meist mit der ganzen Klasse, die neunte wars damals, und einfach drüber schlendern. Abhängen. Geräte ausprobieren. Und Geld ins Bockshorn jagen (woher stammt eigentlich diese blöde Metapher?)... Damals war die Zeit von "Mr Vain", "Eine Insel mit zwei Bergen" (und jetzt alle: "Eine Insel mit zwei Bergen / und dem wunderschönen Strand / mit viel Tunnels und Ge-leisen / und dem Eisenbahnverkehr / Eine Insel mit zwei Bergen / ringsherum ist (dieses Wort habe ich vergessen...) Sand / jeder sollte einmal reisen / in das schöne Lummerland") sowie natürlich Scooters "Friends" (die einzige Scooter-Maxi, die ich mir jemals gekauft habe!). Ich weiß noch, dass ich am liebsten auf dem "Terminator" und dem "Hammer" war. Genau, der Hammer. Eine Art postmoderne Schiffschaukel, die sich direkt mehrfach um sich selbst drehte und in der Luft stehen blieb (also: Brille vorher abgeben). Den schönsten Spruch lieferte damals Alex Post am Auto-Scooter. Die Frau seiner Träume sprach ihn an, ob er nicht mit ihr fahren möchte. Und was sagte der Trottel? "Ich möchte lieber mit dem Andi fahren!" BOING! Zusammen gekommen sind die nicht! Das kriegt der noch in 100 Jahren aufs Butterbrot geschmiert!!!
Das war alles 1993 und nach ein paar Metern frage ich mich glatt, wie bescheuert ich damals gewesen bin. Wie kann man nur jeden Tag zur Saarner Kirmes rennen? So schön können die Mädels meiner Klasse gar nicht gewesen sein. Jetzt ist 2003, ich bin älter geworden, auch reifer, wie ich manchmal glaube, und vor allem: Journalist! Und diese komische Spezies kommt einmal pro Jahr in den Genuss, sich für lau auf der Kirmes verlustieren zu dürfen.
Und genau deshalb bin ich hier. Auf die Geräte gehe ich schon lange nicht mehr. Wo sind die denn alle bloß? Ich hab mal wieder ein paar Minuten (45...) Verspätung; aber weit sind sie nicht gekommen. Die Laune ist bereits 1a (tolle Vorlage Julia, den Begriff muss ich direkt übernehmen), das sehe ich aus der Ferne. Der Clou dieses Besuchs ist, dass die Journalisten an jedem Stand, an dem sie halten wollen, auch halten können und dann alles umsonst kriegen. Getränke, Speisen und sonstigen Kram. Ein paar von Antenne Ruhr sind da, die Mülheimer Woche-Mädels haben ihre besten Freundinnen mitgebracht (und als Praktikantinnen getarnt! Clevere Idee!), und dann noch die WAZ-Sippe. Ein paar Redakteure wie Frank, Gaby und Jörn, Fotograf Andi und die freien Mitarbeiterinnen Julia und Anna. Guten Tag auch! Da bin ich! "Willste Auto-Scooter fahren?" Nee. Ich schnappe mir zwei Chips, lasse sie aber in meiner Tasche verschwinden. Für den Schwarzmarkt? Frank fragt nach dem Studium. Jörn erblickt das "Riesenbratwurst"-Schild und tönt im nächsten Augenblick: "Momentchen eben!" Zehn Minuten später halten die Organisatoren vom MST (Mülheimer Städtemarketing- und ... ach die haben das halt bezahlt!) einen Stand weiter und geben ne Runde. Pech gehabt Jörn! Weiter geht´s. Drei Runden Auto-Scooter, dann noch das Kettenkarussell, jawollja, Julia und Anna haben schon einen in der Kirsche. Sie gehen Fußball spielen und bringen als Trostpreis eine aufblasbare Faust mit. Der Knaller! Breakdance. Eine Runde, zwei Runden, Fotograf Andi und Jörn wollen auch mal, kommen aber nicht zum Zug. Jaja, das Alter. Schon auf dem Rückweg. Die Currywurst hat gemundet, danke der Nachfrage. Der Disco-Jet ist auch ohne meine Beteiligung losgefahren, aber den Journalisten-Rest verfolge ich mit Wonne. Die Besitzer der Stände sind zunehmend schlecht gelaunt, uns etwas für lau geben zu müssen. Und immer schön dabei griiiiiinnnsseenn... es ist schon 21.45 Uhr. Das Ende in Sicht. Dunkel wird´s. Einige haben sich schon verabschiedet, aber HAAALT, nicht vor drei Runden beim Kamelrennen. Dreimal Dritter geworden. Von zwölf. Na wenigstens nicht blamiert! Tschüss hier und tschüss da. Kaputt lachen über die coolen Typen, die sich beim "Breakdance" nicht in die Wagen setzten, sondern direkt stehen geblieben sind... wooooooowww... erinnern an das Fettes-Brot-Video zum Song "The Grosser". Julia schenkt mir ihren Plüschbar (DANKE NOCHMAL!), den alle weiblichen Journalisten von einem Losbudenbesitzer (... die acht Stunden am Tag brüllen: "IMMER WIEDER NEU!!! IMMER WIEDER HIER!!! GEWINNE! GEWINNE! GEWINNE!!!!" Soll ich über solche Leute lachen oder weinen?) geschenkt bekommen haben. Bei einem Stubser auf den Bauch fängt der auf einem Kissen schlummernde Bär an zu schnarchen. Kitschig, aber ziemlich süüüüß! Dann noch ein Kirmes 2003-Herz und tschüss. Hat Spaß gemacht! Keinen Cent umsonst ausgegeben...
Zu Hause hab ich mir erst mal "Eine Insel mit zwei Bergen" runtergeladen...

STICHWORT: Die Saarner Kirmes
... diese - ich will sie mal so nennen - "Veranstaltung" dauert acht volle Tage, findet immer in der ersten Juli-Woche statt. Ort des Schauspiels ist - logisch - der "Kirmesplatz" an der Mintarder Straße in Mülheim-Saarn. Dieser "Platz" dient ansonsten als Parkplatz für die dort gelegenen Fußball- und Tennisplätze und fasst gerade einmal 1000 Autos (mit viel Wohlwollen). Dementsprechend ist der Begriff "Groß"kirmes absolut übertrieben und eine weitere Bestätigung für den bekannten Mülheimer Übermut. Die Fahr- und Speisegeschäfte werden von Jahr zu Jahr weniger, und wo einst noch ein Riesenrad und die Achterbahn "Wilde Maus" weit über die Baumwipfel hinweg zu sehen waren, verstecken sich nun "Circus Circus" und "Alpha 1". Klassiker ist seit zig Jahren der "Breakdance", an dem sich die Prolljugend der Stadt versammelt. 75 Prozent der Besucher sind zwischen 13 und 16. Das war schon so, als ich in diesem Alter war - und so ist´s bei scheinbar jeder Kirmes in jeder Stadt.
Um die Einheimischen (Auswärtige verirren sich garantiert nicht nach Saarn) doch noch nach Saarn zu locken, gibt es zwei Feuerwerke (jeweils am Dienstag und am letzten Abend) sowie einen Familientag mit billigen Preisen (meistens der Donnerstag). Und - oh Wunder - das wirkt. Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen, dass doch 50 Prozent der Mülheimer mindestens einmal über die Kirmes schlendern, um zu sehen und um gesehen zu werden. Allerdings dauert ein Rundgang keine zehn Minuten. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht verfehlen kann, dass einem aber auch schnell langweilig wird, wenn die Verabredung ne Viertelstunde zu spät kommt.
Für einige ist die Saarner Kirmes einfach nur lachhaft. Für die anderen - und dazu zähle ich sicherlich auch - ist sie eine "niedliche" Ergänzung des beschaulichen Mülheimer Alltags. Es ist wie in so vielen Bereichen: Mülheim ist eine Großstadt - zur Metropole hat´s nie gereicht. Mülheim hat zwei Fußball-Verbandsligisten - die Nachbarstädte spielen mindestens in der 2. Bundesliga. In Mülheim gibt es auf dem Bahnhof vier Gleise - in den Nachbarstädten mindestens zehn. Und Mülheim hat die Saarner Kirmes - während in der Nachbarschaft zum Beispiel die "Sterkrader Fronleichnamskirmes", die "Düsseldorfer Rheinkirmes" und die "Cranger Kirmes" locken.

Schnappi und Techno-Musik
Hinsetzen und anschnallen: 108 Schausteller kommen nach Saarn
WAZ-Lokalteil, 29. Juni 2005

Von Andreas Ernst
Die Losbude steht schon. Auf den Regalen nimmt der putzige Clownfisch Nemo nur noch einen Randplatz ein. Im Zentrum? Natürlich Schnappi, das Krokodil. Vom 2. bis zum 10. Juli lauten die Parolen bei der Saarner Kirmes "Durchschütteln bis der Arzt kommt" und "Schlemmen bis die Waage kracht".
Wenn von links Schausteller "Gewinne! Gewinne! Gewinne!" brüllen; wenn von rechts Techno-Musik à la Scooter aus den 90ern wilde Schüttelfahrten auf dem Breakdance begleiten, wenn in einem kleinen Biergarten Stammgäste ihre Ellbogen auf den Tresen stützen und den Auto-Scooter beobachten, dann ist klar: Hurra, die Kirmes ist da.
Seien wir doch mal ehrlich: Stolz sind doch alle Mülheimer auf "ihre" Kirmes.
Klar, sie ist nicht so groß wie die Nachbarn in Düsseldorf, Sterkrade oder Crange und damit zum Protzen ungeeignet, aber doch fein. Nahezu jeder Mülheimer, egal ob Kirmesfan oder nicht, bummelt mindestens einmal pro Jahr über das Gelände - und sei es nur, um Leute zu treffen.
Damit die 108 Schausteller - neun Fahr- und zwei Laufgeschäfte sind dabei - auch auf ihre Kosten kommen, hat sich der Platzmeister Peter Stermann von der Mülheimer Stadtmarketing und Tourismus GmbH (MST) um ein attraktives und traditionelles Programm bemüht. "Wir haben vieles dabei, was wir seit Jahren nicht mehr hatten", sagt er. Zum Beispiel das "Take Off". "Das ist ein", sagt Stermann und überlegt kurz, "Rund- und Hochfahrgeschäft". Aha. Und was heißt das? Vermutlich Hinsetzen, in die Höhe bugsiert werden, um dann nach allen Regeln der Kunst durch die Luft gewirbelt zu werden. "Erfahrene Kirmes-Gänger wissen, was gemeint ist", sagt Stermann.
Nicht fehlen dürfen natürlich die Klassiker. "Disco Jet", "Breakdance", "Auto Scooter",
"Big Monster" - alles Namen, die bei Schüttelkönigen ein Strahlen in den Augen auslösen. Zum Top-Act soll die 50 Meter lange Familien-Achterbahn werden. Und zahlreiche Stände mit vielen ungesunden, aber verdammt leckeren Sachen gibt's natürlich auch.
Ab heute geht's richtig rund. Die Endphase der Aufbauarbeiten beginnt. Um die günstigsten Plätze wird noch einmal gefeilscht. 500 bis 600 Personen werden an der Mintarder Straße neun Tage lang wohnen - gut für den Einzelhandel in Saarn. 250 000 Besucher erhofft sich Stermann für seine Familienkirmes. "20 Grad, bedeckt" sei das optimale Kirmeswetter. Erstmals ist der neue MST-Chef Wilfried Blickle dabei. Er vermisst nur eins: Ein Festzelt wie in seiner süddeutschen Heimat.
Kirmes, 2. bis 10. Juli, Eröffnung: 2. Juli (Sa.), 14.15 Uhr, Familientag: 7. Juli (Do.) mit bis zu 30 Prozent vergünstigten Preisen, Abschlussfeuerwerk: 10. Juli (So.) nach Einbruch der Dunkelheit. Geöffnet täglich ab 15 Uhr (So. ab 14 Uhr).

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"Roc-Golf" bei Rauen:

Golfbälle auf dem Friedhof
(Donnerstag, 31. Juli 2003)

Nein, keine Sorge, jetzt folgt kein Erlebnisbericht a la Saarner Kirmes. Ich wollte Euch nur einen Tipp für warme Sommerabende ans Herz legen:
GEHT MINI-GOLF SPIELEN!
Das haben wir nämlich im Kreis der freien Mitarbeiter der WAZ Mülheim getan, und sogar sehr erfolgreich. Zu fünft marschierten wir zur einzigen Mülheimer Anlage, die direkt neben einem Friedhof liegt, meisterten fast alle schwierigen Aufgaben (und das waren deren 18) und freuten uns wie Schneekönige, wenn ein Schlag perfekt glückte... Macht Spaß, wirklich... einen Golfball zu kriegen, dazu die tollen roten Zettelchen, einen kleinen Bleistift, sich wie Mr. Bean in der tollen Mini-Golf-Folge fühlen...
Übrigens: Ich bin ZWEITER geworden. Mit 74 Schlägen! Mein Minusrekord war mal 108. Ich weiß es noch genau. Aber da war ich auch erst sieben!

Die Zettel

Schaut her, lauter süße Golf-Zettelchen!

Die Adresse in Mülheim (laut Zettel):
"Roc-Golf", Sportpark Rauen
- Golf auf dem Felsen -
Mülheim (Ruhr)-Broich, Holzstraße 111
Telefon: 0208 / 4198116
Öffnungszeiten:
... bis zum Einbruch der Dunkelheit. Im Sommer werden Spieler bis 21 Uhr reingelassen... wir verließen die Anlage gegen 22.15 Uhr, und der Typ an der Kasse war ziemlich angefressen!!! Hihi...

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Joggen an der Ruhr:

Hach wat is dat schön anne Ruhr
(Donnerstag, 7. August 2003 - und sowieso den ganzen Sommer hindurch)

Frank und Helmut

Meine Sportkumpanen Frank (l.) und Helmut (r.) - leicht durchgeschwitzt... (auf der Mendener Brücke)!

Hach, immer diese Spielberichte vom VfL Bochum... oder diese Konzert-Berichte... schreib doch mal wieder über was Privates! Jajaja, all ihr neugierigen Internet-User, Euer Durst nach Infos soll gestillt werden!
Wer allerdings meine intimsten Gedanken erwartet, der ist schief gewickelt. Es geht nur um eine solche Nebensache wie Sport... Nebensache? Eigentlich nicht, denn sowohl im Beruf (SPORT-Journalist) als auch privat beschäftigt mich diese Materie sehr. Und wenn es dann noch möglich ist, Sport mit Natur zu verbinden, dann ist das doch ein bisschen Platz auf dieser Homepage wert!
Wir schreiben den Sommer 2003. Seit Ende Juli beschert das Hoch "Michaela" Deutschland einen Rekord-Sommer. Die Temperaturen haben seit zwei Wochen die 33-Grad-Marke nicht mehr unterschritten - und ein Ende ist nicht in Sicht. Um trotz dieser Hitze etwas für unseren Körper zu tun, beschließen Frank, Helmut und ich etwa dreimal pro Woche ein bisschen an der Ruhr entlangzujoggen bzw. mit dem Fahrrad entlang zu fahren (meist joggen die beiden - und ich fahr Rad... mit deren Lauftempo kann ich niemals mitgehen)! Liebe Leute, es ist so herrlich... Du bist an der frischen Luft, lernst die unglaublichen Vorzüge Deiner "Heimat"stadt kennen und quatscht über Gott, die Welt und Frauen. Und das bei Traumwetter. Das ist die beste Feierabend-Entspannung!
Mülheim hat so verdammt romantische schöne grüne Ecken... und es ist WIRKLICH im Ruhrgebiet!

Wo wir entlang laufen, das hab ich unten im Bilderbogen festgehalten!
JOGGEN:
Für Mülheim-Kenner hier die Route:
START: Wasserbahnhof, Schleuseninsel... liegt relativ zentral...
- dann: an der Ruhr entlang bis zum MüGa-Park. In der MüGa "abbiegen" Richtung großer Wiese, dann über den Fossilienweg, über die Brücke, die über den Kassenberg führt bis zur Ruhr, an den Plätzen des KHTC und an "Storch Georch" und dem Kirmesplatz vorbei bis in die Ruhraue.
- Wendepunkt ist die Ecke Mintarder Straße / Landsberger Straße. Von dort aus geht es über die Mendener Brücke und den Leinpfad entlang zurück zum
ZIEL: Wasserbahnhof.
Das macht in etwa zehn Kilometer. Die beiden brauchen dafür zwischen 50 und 60 Minuten (je nach Tagesform und Wetter).
RADFAHREN:
Die Radstrecke ist noch länger!
Dort liegt der Wendepunkt NICHT an der Landsberger Straße. Vielmehr führt sie weiter bis nach Mülheim-Mintard und Essen-Kettwig und auf der anderen Ruhrseite bis zur Mendener Brücke und zum Wasserbahnhof zurück.
Das macht in etwa 21 Kilometer.
 
Stadthalle Wasserbahnhof Sonnenuhr Ruhrblick mit Sonne Ruhrblick ohne Sonne
Mülheims Zentrum: An der Ruhr sitzen, Beine im Wasser baumeln lassen, dem Weg des Wassers aus der Fontäne folgen und der Sonne zusehen, wie sie hinter dem Gebäude der STADTHALLE untergeht... Hat doch was, oder? Der WASSERBAHNHOF in nächster Weg: Immer der Startpunkt für jegliche Art von Sport - ob Radfahren oder Joggen! Der Wasserbahnhof liegt zentral und ist abends eine prima Alternative; sowohl drinnen (obwohl: etwas Edler) als auch draußen im Sommer (toller, aber teurer Biergarten)! Aber nicht drinnen, sondern auch außerhalb ist das Ambiente recht ansprechend. Vorne ist die SONNENUHR zu erkennen, die angesichts der Hitze sogar ausnahmsweise richtig ging (kurz nach halb neun... ein später Treffpunkt? Nee, nicht bei tagsüber plus 35 Grad)! Ratespiel: An welcher Straße stehen wohl die Häuser? Natürlich... "Ruhrblick"!
Irgendwo hier drehte Helge Schneider sein "Es gibt Reis Baby"-Video, wenn ich mich nicht irre!
Kilometer 1... die erste Brücke über die Ruhr... mit dem Blick auf Wasser, Bäume und Häuser!
Sonnenstrählchen! Die große MüGa-Wiese! Der Leinpfad! Jugendherbergsblick! Die Mendener Brücke!
Diese Sonnenstrahlen haben nicht wirklich etwas mit Mülheim zu tun, aber sie waren ein ziemlich schönes Fotomotiv - und beweisen, dass Sport am Abend eine sehr angenehme Sache sein kann! Diese Wiese ist schon irgendwo auf dieser Homepage abgebildet (erinnert Euch: Es ist die sogenannte MÜGA-WIESE, die gerade im Sommer - so wie jetzt - für Groß und Klein ein beliebter Entspannungsort ist). Im Rahmen der Jogg- und Radfahrstrecke liegt die Wiese in etwa bei Kilometer 4; also noch am Anfang! Kilometer 8...
die MENDENER BRÜCKE in Mülheims Süden... Dort liegen die Stege der Kanuten und Ruderer, die ihre Touren starten. Im Rahmen meiner Schulzeit war ich dort Stammgast. Unter der Brücke fanden immer klassische Saufereien bei Kurstreffen statt. Der kleine Weg, der an der Ruhr entlang führt, ist der LEINPFAD!
Weshalb gilt die Mülheimer JUGENDHERBERGE als die schönste im Ruhrgebiet? Na klar, weil nur sie diesen fantastischen Blick bietet! Diesen fantastischen Blick auf das Ruhrtal. Glaubt mir: Niemand würde vermuten, dass diese Stelle mitten im Ruhrgebiet liegt, oder? Spätestens hier - bei Kilometer 8,5 - folgt zum ersten Mal der Satz: "Hach wat is dat schön anne Ruhr!" Und so sieht die MENDENER BRÜCKE in der Abenddämmerung aus... wenn sich auf der Ruhr die Enten und Schwäne gegenseitig gute Nacht sagen!

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Helge Schneider - 20. Dezember 2003 - Stadthalle, Mülheim

Helge

Helge und Mülheim

Gesehen habe ich Helge Schneider schon häufiger. Jeder Mülheimer hat das. Wenn Helge sich nicht gerade auf Tournee befindet, tourt er durch die Mülheimer Innenstadt. Mit Vorliebe hockt er im Eiscafé Agnoli in der Innenstadt, trifft sich dort mit seinen Freunden und lässt es sich gut gehen. Oder aber er schiebt seine Frau samt Kinderwagen über die Schlossstraße (für alle Nicht-Mülheimer: die Fußgängerzone). Neulich hat er den Großteil seines neuen Films, der in Mülheim spielt und im April 2004 in die Kinos kommt, in der City gedreht. Womöglich ist es sogar eine Hommage an Mülheim geworden. Würde mich nicht wundern. Irgendwann hat Helge sogar direkt um die Ecke meiner elterlichen Behausung in Mülheim-Broich gewohnt. Das war direkt neben der Kirchengemeinde, in der ich eine Jugendgruppe besuchte. Bei Freiluftspielen mit Sonderaufgaben war immer die große Frage, wer bei Helge anschellen darf. Aufgemacht hat nie jemand. Inzwischen soll Helge in Oberhausen wohnen. Aber das juckt uns Mülheimer nicht. Er ist und bleibt einer von uns, so etwas wie das Wahrzeichen der Stadt. Helge gehört zu Mülheim wie Willy Millowitsch zu Köln, obwohl - zugegeben - der Vergleich hinkt. Im ruhrpöttischen Vergleich ist Mülheim unbekannt. "Hä - wo ist dat denn?", fragen Auswärtige schon mal. "Zwischen Essen, Duisburg und Oberhausen." "Häää?" "Da kommt Helge Schneider her!" "Ach soooo."
Gesehen habe ich Helge auch auf der Mattscheibe schon häufiger. In regelmäßigen Abständen taucht er bei Harald Schmidt auf, bei Stefan Raab war er auch schon, sogar bei Wetten dass, wenn ich mich recht entsinne. Stets schafft er es perfekt, die jeweiligen Gastgeber zur Verzweiflung zu bringen, indem er irgendwas Dekonstruktivistisches anstellt (für meinen Bruder: Jetzt ist der Begriff doch richtig gebraucht, oder?). Seine drei Filme "Texas", "00 Schneider" und "Praxis Dr. Hasenbein" habe ich genossen. Ich war in allen drei Streifen bis zum Ende - und das ist nicht vielen Kinogängern gelungen. Denn Helge spaltet die Meinung der Musikfans, Kinokritiker und Humoristen. Ist das witzig, sogar gut oder einfach nur blöder Klamauk?
Live auf der Bühne habe ich Helge noch nie gesehen.
Bis heute.
Die Überlegung, auf welcher Seite ich diesen Konzert"bericht" einsortiere, dauerte lange. Vielleicht auf der Seite "Hometown", auf der dieser Artikel (als Kompromiss) nun auch steht? Auf der Seite "So lebe ich" (auf der der Artikel nicht steht) oder hier, bei den Konzerten? Nun gut, Wiglaf Drostes Auftritt steht auch hier, wird schon passen.
Punkt 20 Uhr, Helge betritt die Bühne, und schon im ersten Moment ist klar: Es wird kein richtiges Konzert. Auf der Bühne verteilt stehen ein Schlagzeug, ein Kontrabass, ein Klavier, zwei Stühle. Eine Trompete und ein Saxophon liegen herum. Er trägt eine lila Hose, eine ziemlich abgefahrene Sonnenbrille sowie ein Baseball-Cap und sieht einfach nur richtig cool-scheiße aus. Er verzieht seine üblich-grinsende Miene und begrüßt die Zuschauer. 1000 Leute toben. Die Helge-Kritiker hätten spätestens an dieser Stelle, nach genau zehn Sekunden, schreiend den Saal verlassen.
Zahlreiche Konzertberichte stehen an dieser Stelle. Brav handle ich stets erst die Vorband ab, schildere Stimmung und Stimmungen, die Mitreisenden, Gefühle - bei Helge ist alles anders. Er sieht erst einmal so anders aus als der Privat-Helge. Im ersten Moment nehme ich ihm den musikalischen Komiker nicht ab. Hab ihn schon mit Kinderwagen gesehen, und jetzt macht er sich so zum Affen? Dieser Eindruck weicht schnell. Ein belgischer Pianist begleitet ihn, zudem seine Freunde Jimmy Woode am Kontrabass und Pete York am Schlagzeug. Die verstehen ihr Handwerk, bei den ersten Takten wird das klar. Das Programm beginnt mit "Fitzefitzefatze" und geht weiter mit "Pommes". "Von Pommes kriegt man Pickel, aber das ist mir egal", lautet der Refrain dieses Stückes, das seine Subtilität erstmals unterstreicht. Er zieht alles und jeden durch den Kakao. Musiker, die ernst gemeinte Konzerte spielen. Komiker, die ständig nur Witze reißen. Und sich selbst. Zu Hause würde ich mir das nie anhören. Live wird es richtig gut, auch bei "Pflaumenbaum" und "Texas", den nächsten Stücken. Das Besondere an den Schneiderschen Auftritten sind die Ansagen zwischendurch. Macht er wohl jeden Abend die gleichen Scherzkes? Wohl nicht. Wenn er selbst anfangen muss zu lachen - und er lacht ziemlich oft - dann ist das spontan. Eine Wortspiel-Session. Eingeübt sind die Kurz-Auftritte von Bodo, seinem Assistenten, der ihm eine Tasse Pfefferminztee reicht, unzählige Male. Oft formt Helge mit seinen Händen ein "T", und schon muss Bodo springen. Ein running-gag. Weitere Sprüche gefällig? "Ohne Musik wäre die Welt ein Jammertaaaaal, aber wir haben ja Dieter Bohlen." Helge lacht, der Saal applaudiert laut. Noch ein Beispiel? "Seine Sticks hat Pete York selbst geschnitzt........ nach einer Vorlage der Zeitschrift YPS!" Vor dem Song "Pflaumenbaum" spinnt er sich eine zum Schießen komische Geschichte auf einem Bauernhof zusammen. Kurz bevor er "100.000 Rosen schenk ich Dir" anstimmt, verrät er: "Das folgende Lied hat einen sozialkritischen Hintergrund!" Wirkt aufgeschrieben überhaupt nicht witzig. Situationskomik pur, wie der ganze Abend. Weil der Abend in seiner Heimatstadt stattfindet, spricht er über die Schlossstraße. "Da ist ja auch nix mehr los..... nur noch Optiker... Brillitis sozusagen!"
Mit Ovationen geht es in die Pause. Nach einer Stunde und fünf Minuten. Helge und Mülheim. Wenn das zusammenkommt, ist ganz Mülheim da. Lauter bekannte Gesichter. Die WAZ-Reporterin Nicoletta lacht, weil meine Begleiter - die fast komplette Familie Konrad - und ich Geld dafür ausgegeben haben. Ein Handballtrainer ist samt seiner kompletten Sippschaft ebenfalls dabei. 21.25 Uhr, es klingelt mehrfach, zweiter Teil.
Bodo reicht immer noch Tee. Die Zuschauer klatschen lauter und lauter. Nun steht die Musik im Mittelpunkt, und das Quartett auf der Bühne beweist, dass es mit den Instrumenten fabelhaft umzugehen weiß. Ein Jazzfan bin ich nicht, nicht eine CD aus dieser Musikrichtung habe ich zu Hause, aber zwischendurch ziehen die Jungs eine astreine Session durch. Sagenhaft das fünfminütige Drumsolo von Pete York, oder "Georgia in my mind" (oder so ähnlich), gesungen von Jimmy Woode. Helge Schneider schnappt sich immer ein anderes Instrument, und wenn es die Blockflöte ist. Witze werden seltener. "Ein Weihnachts-Spezialkonzert ist es. Das macht mich ganz durcheinander." O Tannenbaum stimmt er kurz an, und sinniert dann über Geschenke oder auch nicht. Zwischendurch wird es auch ein wenig versauter. "Mensch, ich muss damit aufhören. Sonst steht Montag irgendwas mit "Schneider pervers" in der Zeitung." Spricht´s aus und fordert Bodo samt Tee an. Und sein Akkordeon. Bodo hängt es ihm um. Von den bekannteren Stücken gibt er noch "Alleine in der Bar" zum Besten, ganz alleine am Klavier sitzend. "Moped-Tobias" und "Der Meisenmann" sind auch noch dabei. Von den Songs, mit denen Helge berühmt geworden ist, "Katzeklo", "Es gibt Reis" oder "Mörchen-Lied" spielt er kein einziges. Die Mülheimer verzeihen es ihm schnell. Oder seine Hörspiele oder zumindest Ausschnitte davon, sind nicht dabei. "Das alte Reinhold-Helge-Spiel" beispielsweise hätte ich gern mal live gehört. Aber das wäre ja nicht spontan gewesen. "Ich bin reich", philosophiert Helge. "So reich, dass ich Weihnachten ein Schinkenbrot essen kann." Schneider-Humor. Viele meiner Freunde würden nicht einmal eine Miene verziehen. Ich lache und klatsche begeistert.
Nach nur einer Zugabe ist Schluss, um Punkt 23 Uhr. 2:40 Stunden Helge pur sind vorbei, Pause ist von der Zeit abgezogen. Ich finds klasse, ihn auch mal live gesehen zu haben. Mit Helge in die Festtage verschwinden. Gibt es was schöneres? Helge verkündet, dass er jetzt erst einmal Urlaub macht und Ski fährt. Im nächsten Jahr werde ich mir wieder eine Eintrittskarte kaufen. Und sie wieder bezahlen.
Persönlich sage ich das Helge nicht, wenn er das nächste Mal bei Agnoli seinen Kaffee trinkt. Aber das macht kein Mülheimer. Wir lassen ihn in Ruhe. Und ich glaube, auch das gefällt ihm so an dieser Stadt.

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Helge Schneider - 18. Dezember 2004 - Stadthalle, Mülheim

Rendezvous mit meiner Stadt

In meiner Vorbereitungsphase zum USA-Urlaub, ja, das gebe ich zu, da habe ich ein paar Folgen lang "Sex and the city" geguckt. New York eben. Ich kann mich an nicht mehr sehr viel erinnern. Nur eins ist hängen geblieben. In einer Folge ist die Hauptperson, die Kolumnistin Carrie, gerade single, ein paar Dates misslingen, und so hat sie eben ein "Rendezvous mit meiner Stadt", so wie sie sagt, und geht in New York ins Guggenheim Museum...
Wenn Mülheimer Bürger jemals ein Rendezvous mit ihrer Stadt haben können, dann bei Konzerten von Helge Schneider.
Und diesen Moment, in dem ich im Stadthallenfoyer Stefan Kober, einen geschätzten WAZ-Freien, der jetzt schon längst Volontär ist, traf, werde ich nicht so schnell abhaken. "Mensch, hättste doch was gesagt", meinte er zu mir. "Dann hättest Du das doch schreiben können." So wars aber schon zu spät, und ich musste mich meinen Mitreisenden wieder zuwenden. Seinen Job hat Stefan ganz gut gemacht, und da ichs kaum besser formulieren könnte, überlasse ich ihm den Platz zur Schilderung eines Rendezvous...

FÜTTERN VERBOTEN, LACHEN ERLAUBT (WAZ Mülheim, 20.12.2004)
- von Stefan Kober; hat er juuut gemacht -
Wenn Helge Schneider kommt, geht nichts mehr: zwei restlos ausverkaufte Stadthallen am Samstag und am Sonntag. "Füttern verboten" heißt das Programm. Lachen ist erlaubt.
"Helge, Helge"-Rufe, als es langsam dunkel wird. Auf der Bühne verteilt: Reise-Klavier und Xylophon, Mundharmonika und Trompete, E- und gewöhnliche Gitarre, Schlagzeug und Bongos, Blockflöte und Schelle, Piano und Orgel - der Meister hat Großes vor.
Um seine Anhänger zu begeistern, braucht es wenig. Instrumental ist das erste Stück, ein Medley mit Piano und Schlagzeug, links-rechts, eine Jonglage-Nummer mit den Sticks zwischen den Fingern. Applaus brandet auf und Schneider lässt sich von der einzigen Unterstützung Bodo, der - bei Helge währen die Lehren länger - eine 36-jährige Ausbildung zum Teekoch absolviert, die Tasse reichen.  "Sie wundern sich vielleicht, warum rechts und links keine Videoleinwände stehen", meint Schneider. Wie bei großen Stars wie "Uschi Glas oder Celine Dion" üblich. Ein Vergrößerungsglas hat er stattdessen mitgebracht, angespült am Strand von Honululu. Erste Reaktion beim Fund war ein Dialog der Gehirnhälften: "Was ist denn das? - Weiß ich doch nicht." Schneider: "Die Antwort kam sofort. Das nennt man Denken." Eine versteinerte Qualle war es aber nicht, also, mutmaßt Schneider, entweder eine Kontaktlinse von Joan Collins oder einem Wal.
Schneiders Stärke ist, vom Ernst in den Nonsens zu gleiten, die Übergänge fließen zu lassen: Da imitiert er an der Orgel eine Hof-Reportage nebst entsprechender musikalischer Untermalung: "Wir sehen die Queen im Fonds sitzen. Der rote Teppich wird ausgerollt." Wir sehen, wie sich die Kathedrale ins Bochumer Stadtbild einfügt. "Wir sehen Ex-Außenminister Genscher zusammen mit Tatjana Gsell." Den Dalai Lama im Gespräch mit Jens Jeremies. Die Queen steigt aus: "Sie trägt eine Jacke aus Stahl, in der Friedrich-Wilhelms-Hütte gegossen." Mit einem Sticker der IG Metall. Musikalisch funktioniert das ähnlich: Da startet Schneider am Piano mit Beethovens Mondscheinsonate und lässt das Klavierspiel mit dem Jingle eines Schokoherstellers ausklingen: die zärteste Versuchung...
Ein Stück verballhornt er mehr oder weniger auf Spanisch, Restaurant-Barden-Parodie und -Hommage. "Donde", "tengo" und "dolore" klingen im iberischen Sprachbrei manchmal durch. Mehr kaum. Angekündigt hat er den Titel so: "Das nächste Lied handelt von Liebe, vom Leid, von Zähmung, Tod, Krankheit, Verderben, Sehnsucht, Spaß, Geburt, Segeln, Schwimmen und Lesen." Leben eben. Und Lachen mit Schneider. Ay caramba.

Danke Stefan.
Und für mich gilt: Im nächsten Jahr bin ich wieder da.
Zum nächsten Rendezvous.

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Karneval in Mülheim:

Helau oder doch lieber: Hiiiilfe!?!
(Rosenmontag, 23. Februar 2004)

Kaiserplatz von oben Der Mülheimer Kaiserplatz von oben...

Es gibt Momente, da frage ich mich, wie viele Leute wohl auf diese Seite klicken, die nicht aus Mülheim kommen, nicht aus dem Ruhrgebiet oder sogar nicht aus Nordrhein-Westfalen... vielleicht interessieren sich ein paar von Euch ja tatsächlich für meine "Heimatstadt" Mülheim, und falls das so ist, will ich nun einen weiteren Beitrag zur Aufklärung über die "sympathisch suizidale" Stadt an der Ruhr leisten...
... denn: JAAA! Karneval gibt es auch in Mülheim - und nicht nur in Mainz, Düsseldorf oder Köln...
Mal schön der Reihe nach: Es ist noch gar nicht lange her, da wurde in meinem Freundeskreis zwei Monate vor diesem ominösen Wochenende von nichts anderem mehr geredet. Diejenigen, die hätten arbeiten müssen, nahmen frei, die Studenten hatten sowieso freie Fahrt. Und das alles nur für Karneval? Für diesen blöden Brauch? Diese blöde Verkleiderei? Nein, das nun wirklich nicht... es ging einfach nur um diese paar Tage im Jahr, an denen Benehmen und Respekt zwei Charaktereigenschaften sind, die getrost in den Ausguss gefeuert werden können. Am Altweiber-Donnerstag ging es los, mit Karnevalspartys am Freitag und Samstag weiter, am Sonntag war entweder die Düsseldorfer Altstadt oder der Oberhausener Zug unser Ziel, und Montags nach soviel Feierei meist "nur" der heimische Rosenmontagszug an der Ruhr. Und was haben wir an all den Tagen gemacht? Getrunken, getrunken und getrunken. Und dabei die übelsten Schlager und schlechtesten Evergreens gehört. Und in einer Bierlaune mit massig Promille dann noch Konfetti regnen lassen und mit Schminke rumgefuchtelt. In Gegenden, in denen Karneval oder Fasching nicht gerade auf der Tagesordnung ganz oben stehen, gelten diese "Feste" als Riesen-Orgien. Auch das ist nicht falsch. Ich könnt Euch Geschichten erzählen...
... früher, das war alles früher. Mit der Zeit kommen die Gedanken, mit den Gedanken kommen die Erkenntnisse. Die Erkenntnisse, wie sinnlos das eigentlich ist. Festgestellt unter anderem bei einem rosenmontäglichen Besuch beim Karnevalszug in Köln mit meinem Bruder vor ein paar Jahren, als wir Jean Pütz, den WDR-Rumfuhrwerker, schunkelnd sahen. "Wenn ich mir ansehe", definierte Thommy, "dass sich Hunderttausende von Menschen für so eine Scheiße begeistern können, dann glaube ich daran, dass die Revolution doch noch möglich ist." In etwa zur selben Zeit formulierte der Kabarettist Volker Pispers einen Vergleich zwischen Karneval und den Hannoveraner Chaostagen: "Menschen mit bunten Haaren laufen betrunken durch die Stadt: Im Rheinland nennt man das Karneval. Stellen Sie sich mal vor, die Polizei würde den Rosenmontagszug von Köln mit 100 Mann sprengen..." Ja, stellt Euch das mal vor. Die politische Aussage an Karneval tendiert jedenfalls gleich null, der einstmals kabarettistische Witz ist fast vollends verloren gegangen... und mit Bräuchen wie Fastenzeit und so´m Kram hab ich ohnehin nix am Hut.
Warum ist aus mir ein Karnevalsmuffel geworden? Das hängt ein bisschen mit meinem Dad zusammen, der äußerst gern Karnevalsveranstaltungen im Fernsehen sieht... Das war schon immer so, und früher gingen mir die ewigen Büttenreden und jährlich gleichen Liedchen des Colonia-Duetts ziemlich auf den Keks. Und da wäre noch unsere Redaktion: Unter den freien Mitarbeitern ist es eine Bestrafung, wenn jemand zu einer Karnevalssitzung muss mit flachen Witzen und noch viel tieferem Niveau. Im März 2000 - und das war wohl mein endgültiger Bruch mit der Karnevalskultur - fuhr ich auf einem Wagen in Mülheim mit, und stand neben einem total desillusionierten Oberjecken, der die Prozedur zum 30. Mal mitmachte und dabei nur noch gelangweilt wirkte. Seit mittlerweile drei Jahren flüchte ich vor dem Karnevalstreiben.
Und nun befinden wir uns im Jahr 2004... wieder einmal ist Rosenmontag und wieder mal geht ein Wochenende zu Ende, an dem weniger los ist im Sport als über Ostern oder an Weihnachten. Warum? Na klar: Alle Sportler lassen sich die Mega-Besäufnisse nicht nehmen. Es ist eine Feiertags-Atmosphäre. Die Busse fahren nicht mehr, die Straßen sind leergefegt, viele Geschäfte haben geschlossen. Und dabei befinden wir uns nur in Mülheim... einer "gewollt-und-nicht-gekonnt"-Karnevalsstadt, die vom Karnevalsboom ein Rhein auch mal profitierte und nun alljährlich ein bisschen nachahmt. Die "echten" Karneval-Freaks zieht es nach Düsseldorf (30 Zug-Minuten) oder Köln (50 Zug-Minuten); die Jugendlichen, die anwesend sind, sind wahrscheinlich noch zu betrunken vom Vortag aus Düsseldorf oder Oberhausen. Bleiben noch zahllose Familien. Von all den Zehntausenden, die an den Straßen stehen, wissen maximal zehn Prozent etwas über die Entstehung und die Bedeutung von Karneval. Auch die Motivwagen interessieren nicht die Bohne, oder etwa die Tanz"mariechen". Das kommt in den absolut langatmigen Live-Übertragungen aus den Großstädten aber so rüber. Falsch! Für die Familien und die Kids zählen Verkleidungen und vor allem die Tonnen an Süßigkeiten, die auf die Straßen fliegen, für die Geschäftsleute geht es um die verkauften Verkleidungen, Spirituosen und Luftschlagen. Und die Jugendlichen und die Erwachsenen? Siehe oben: Wein und Bier, das rat ich Dir. Einen Grund für´s Saufen gibt´s immer.
Heute war ein typischer Rosenmontag. Die meisten Leute standen wie immer in Mülheim rund um den Kaiserplatz. Der liegt in Sichtweite unserer Redaktion. Also öffnete ich dort ein Fenster, setzte mich auf die Fensterbank und blickte von oben aufs sogenannte "närrische Treiben".
Gut, dass ich nicht mehr mittendrin bin.

Kaiserplatz von unten ... und der Mülheimer Kaiserplatz von unten! Die Mülljungs stehen schon bereit!

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DIE STADTTEILE:

1) Ausflug nach Heimaterde

HeimaterdeMEHR ZUM STADTTEIL HEIMATERDE GIBT ES HIER !!!

2) Ausflug nach Mintard

MintardMEHR ZUM STADTTEIL MINTARD GIBT ES HIER !!!

3) Ausflug nach Styrum und ins Industriegebiet

StyrumMEHR ZUM STADTTEIL STYRUM UND DEM INDUSTRIEGEBIET GIBT ES HIER !!!

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Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2.4.2007
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