WAZ: VOLO-PRAKTIKUM Berlin (Oktober 2008)
www.andreasernst.com

Reichstag
Der Reichstag am sonnigen 11. Oktober

Links:

Startseite Beruf Startseite Uni-Leben Startseite VfL Bochum
Startseite Konzerte Startseite Reisen Startseite Privates

Meine Volo-Stationen...
... zum Beispiel vom 5. bis 17. Oktober 2008: 12. STATION: WAZ-Korrespondentenbüro Berlin (externes Praktikum) ...

Berlin

Alex
Blick vom Reichstag Richtung Alexanderplatz

Außer dem Praktikum bei jetzt.de in München und einem Aufenthalt in Hauptsport hatte ich für mein zweijähriges Volontariat nur noch einen Wunsch: zwei Wochen im Korrespondentenbüro in Berlin. Auch dieser dritte und letzte Wunsch wurde mir erfüllt - in zwei Oktoberwochen bekam ich die Gelegenheit, den politischen Betrieb in Berlin kennenzulernen und endlich einmal mehr Zeit in der Stadt zu verbringen, die ich sehr, sehr mag.

Hauptbahnhof
Der noch relativ neue Berliner Hauptbahnhof

Das Programm war sehr, sehr dicht. Ich kam am Sonntagabend (5. Oktober) spät an (nach einem Sonntagdienst in der Hauptsportredaktion), zog in meine erste Behausung im Berliner "Problemstadtteil" Neukölln, arbeitete jeden Tag von morgens bis abends (die WAZ-Redaktion liegt zwischen Bahnhof Friedrichstraße, Spree und Reichstag), am Samstag/Sonntag (11./12.) besuchten mich sowohl die Liebste als auch meine Eltern. Und zudem verbrachte ich die Nacht vom 11. auf den 12. beim (siehe unten) für mich unvergesslichen Klitschko-Kampf. Am Donnerstag, 16. Oktober, war dann schon mein letzter Arbeitstag - und im Lauf des 17. Oktober reiste ich zurück in den Pott.

Demo
"Brauchst du Beratung, juckt's im Schritt, Zypries und Schäuble kriegen's mit". Demo am 11. Oktober 2008

Weitere Berlin-Texte auf dieser Seite

12. April 2003: Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 1:0 (Spielbericht bitte HIER klicken)
14. bis 18. Juni 2003: Ein kurzer Familien-Trip mit drei Generationen (Fotos und Eindrücke bitte HIER klicken)
6. März 2004: Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 1:1 (Spielbericht bitte HIER klicken)
7. August 2004: Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 2:2 (Spielbericht bitte HIERklicken)
11. November 2006: Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 3:3 (Spielbericht bitte HIER klicken)
27. Oktober 2007: Hertha BSC Berlin - VfL Bochum 2:0 (Spielbericht bitte HIER klicken)

Zurück zum Seitenbeginn


Woche 1: Leben in Neukölln

Wie ich lernen durfte, ist Berlins In-Viertel nicht mehr der Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Dort ist der Prozess der "Gentrifizierung" schon abgeschlossen. Neukölln hat diesen Prozess noch vor sich. Die neueste hippe Gegend liegt zwischen den Stadtvierteln Neukölln und Kreuzberg - sie wird deshalb "Kreuzkölln" genannt. Jedenfalls verbrachte ich dort - unweit des U-Bahnhofs "Schönleinstraße", kurz vor dem Kottbusser Tor - meine erste Woche, in einem heruntergekommenen Haus, in einer klassisch alternativen WG, in einem Zimmer, das harrypotterlike ein Vorratskämmerchen in der Küche ist/war. Während dieser Zeit traf ich eine ehemalige freie Mitarbeiterin der WAZ Mülheim, die inzwischen in Berlin studiert - und einen Kollegen von DerWesten, der (zufällig) einen Termin in Berlin hatte. Dazu noch die Gespräche mit meinen Mitbewohnern in Neukölln...
Ein Erlebnis, diese erste Woche.
Ja, doch, ein Erlebnis.
 
Neukölln 1 Neukölln
Wie Harry Potter: Mein Domizil in Woche eins befand sich hinter dieser kleinen Tür hinter der Küchenzeile einer Wohnung in Neukölln. Wie Harry Potter II: So ungemütlich war's aber wirklich nicht. Denn in den Miniraum passten eine Matratze und ein kleiner Schrank. Mehr brauchte ich nicht.

Zurück zum Seitenbeginn


WAZ (Mantel), Kultur - 8.10.2008
"Wichtig ist der Song - ob digital oder per Brieftaube"
Dieter Gorny stellt zum Start der Popkomm einen künftigen Mischmasch von Medien in Aussicht. Raubkopien bleiben eine Gefahr für die Branche

Von Andreas Ernst

Berlin. Es gibt Menschen, die die Finanzkrise mit Galgenhumor sehen. "Wir haben die rote Laterne der krisengeschüttelten Branchen abgegeben", sagt Ralf Kleinhenz, Geschäftsführer der Popkomm. Bis Freitag geht es auf dem Berliner Messegelände um die Zukunft der Musikindustrie.
843 Aussteller aus 52 Ländern, 400 Bands, 200 Teilnehmer an 36 Diskussionsrunden: Das Programm ist gewaltig. Einig sind sich alle: Musik wird immer mehr genutzt. Aber wie hoch ist die Qualität? Und wie sind die Unternehmen auf die Digitalisierung vorbereitet?
Dieter Gorny, künstlerischer Direktor der Ruhr2010 und Präsident des Bundesverbandes der Musikindustrie, erklärt: "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht." Die Unternehmen stellten nicht mehr die CD in den Mittelpunkt, obwohl sie immer noch 80 Prozent des Umsatzes ausmache. "Ob digital, auf Tontafel oder mit einer Brieftaube: Der Song ist das Wesentliche", sagt Gorny. Die Zukunft bestehe aus dem "Mischmasch" digital, haptisch, live.
Mit "digital" sind zum Beispiel MP 3-Player gemeint und legale Downloads aus dem Internet. Ihre Zahl steigt, meldet der Bundesverband für neue Medien. Nokia bietet eine Flatrate: einmal zahlen, so oft downloaden wie gewünscht; ob für MP 3-Player oder Mobiltelefon. Gorny nennt das ein spannendes Modell. Klassische Plattenfirmen seien Vergangenheit: "Es gibt nur Unternehmen auf dem Weg zum Musik-Entertainment!"
Raubkopierer bleiben laut Gorny eine Gefahr. "Wir brauchen nicht nur ein anständiges Urheberrecht, sondern das Bewusstsein, dass auch ein kleiner Diebstahl ein Diebstahl ist." Die "digitale Revolution", sei erst am Anfang: "Das Produkt ist begehrt. Popmusik ist nicht Pop, sondern Lifestyle."
Für das Popkomm-Festival hatten sich 2300 Acts beworben - 400 dürfen spielen, von Metal bis Klassik, Hip-Hop bis Reggae. In Zeiten von Castingshows leide die Qualität der Musik, meint Basslehrer Peter Sonntag, der an der Online-Plattform youmeu.com beteiligt ist. Die funktioniert wie die öffentlich-rechtlichen Angebote myyoufm.de (HR), mysputnik.de (MDR) und meinfritz.de (RBB). Bands können ihre Songs auf die Internetseite stellen, die Besucher wählen ihren Favoriten und der bekommt einen Preis. Bei youmeu.com ist das ein Plattenvertrag. Die drei Sender überreichen bei der Popkomm erstmals den Radio-Award.

Zurück zum Seitenbeginn


13 Tage: Leben in der Redaktion

Ja wie arbeiten Korrespondenten denn so? Vor allem in einer Finanzkrise...!??

Ist die große Frage, wie viel ich Euch aus meinem Arbeitsalltag denn so verraten darf. Ja, ich hatte mit den Kollegen Meinke, Gareis und Abs zu tun und saß auf der gleichen Etage wie alle anderen Korrespondenten der WAZ Mediengruppe. Als Volo hatte ich zwei Wochen lang mein eigenes Büro, auf dem Türschild stand sogar explizit "Volontär". Ausgestattet mit einem modernen Rechner, Blick in den Hinterhof (dort, wo auch dpa Berlin seinen Sitz hat). Jeden Morgen liegt auf dem Schreibtisch die aktuelle WAZ (mit dem Essener Lokalteil) sowie ein dicker Stapel Papier mit allen politischen Terminen des Tages. Wer ist wann wo.

Für mich bedeutete das: Alle meine Ideen, die außerhalb der Politik lagen, konnte ich frei und vogelwild beackern - nach kurzer Absprache hatte ich ganz freie Hand (Bsp.: Türkiyemspor, Bsp.: Popkomm, zwei weitere brachte ich mit nach Essen). Denn die Korrespondenten lieferten fast ausschließlich politische Texte - vor allem in der gerade beginnenden Finanzkrise. Zudem konnte ich mir (auch nach Absprache) ein paar Termine auf den Listen aussuchen, die ich freiwillig besuchte (man muss eben damit klarkommen, nicht über alles, was man in Berlin unternimmt, auch schreiben zu dürfen - das machen dann schon die Korrespondenten).

Und so sah ich in den zwei Wochen außer meinen eigenen Terminen:
- zwei Regierungserklärungen im Bundestag mit dem kompletten Kabinett
- eine ganz normale Sitzung des Bundestags
- Franz Müntefering in der Bundespressekonferenz
- die Vorstellung von Peter Sodann als Präsidentschaftskandidat der Linken
- eine Buchvorstellung mit Friedrich Merz
und ich erlebte
- einen Nachmittag auf der Fraktionsebene (sehr spannend).

Aber das Highlight...
war eindeutig der Klitschko-Kampf. Mit Abstand.

Redaktion
Mein Volo-Schreibtisch für zwei Wochen

Zurück zum Seitenbeginn


WAZ (Mantel), Hauptsport - 12.10.2008
Vitali macht Klitschko-Traum wahr
Erstmals in der Box-Geschichte ist ein Brüder-Paar gemeinsam in ihren Verbänden Weltmeister. Beim Comeback gegen den Nigerianer Samuel Peter wurde der Ukrainer niemals ernsthaft gefordert

Von Andreas Ernst

World
Berlins neuestes Schmuckstück: O2-World von draußen

Berlin. Es sind diese magischen, mitreißenden Momente, die Sportereignisse in die Kategorie "unvergesslich" hieven. Erhebliche Zweifel gab es am Versuch von Vitali Klitschko, sich nach vier Jahren Verletzungspause die Schwergewichts-Weltmeisterschaft des Verbandes WBC zurückzuholen. Und das mit 37. Doch die Zweifel endeten beim Einmarsch. 13 500 Zuschauer in der Berliner O2-World brüllten zu den Glockenschlägen von AC/DCs "Hells Bells" ekstatisch "Vi-ta-li! Vi-ta-li!" Ein Blick in die zusammengekniffenen Augen, in das entschlossene Gesicht, das jedem Zuschauer Angst einjagte, genügte und jeder wusste: Sein Gegner Samuel Peter wird keinen angenehmen Abend erleben. Vitali kann's packen.
Angekündigt wurde Peter, immerhin aktueller Champion, als "nigerianischer Albtraum". Als Peter zu Reggae-Klängen die Halle betrat, hätte er sie tanzend wieder verlassen und nicht in den Ring steigen sollen. "Es war nicht seine Nacht", kommentierte Peters Manager Ivaylo Gotsev hinterher mit Eisklotz-Miene. Die Zuschauer sahen keinen Kampf Weltmeister gegen Herausforderer. Sondern Kreisliga gegen Champions League. "In der ersten Runde", sagte Klitschko, "habe ich gemerkt: ich schaffe ihn."
Das ging nicht nur ihm so. "Vi-ta-li, Vi-ta-li", "Klitsch-ko, Klitsch-ko". Die Fans brüllten von Runde zu Runde lauter und bejubelten die perfekte Vorstellung des 2,02 Meter großen Ukrainers, der seinen Reichweitenvorteil gegen den 17 Zentimeter kleineren Peter brillant nutzte und mit seinem nahezu unangetasteten Gesicht in der Berliner Nacht noch in jede Nobeldisko gekommen wäre.
Acht Runden lang steckte Peter ein und ein und ein. Klitschko schlug mit links und rechts, von oben und unten. Wie er wollte. "Ich war überrascht von seinen Nehmerqualitäten. Denn ich kann hauen", sagte Klitschko, der Mann mit den fast paddelgroßen Fäusten. "Meine Hände sind geschwollen." Mehr schmerzte aber nicht. Am Ende der achten Runde duckte sich Samuel Peter so sehr, dass er durch seine geschwollenen Augen wahrscheinlich nur noch Klitschkos Bauchnabel sah. "Meine vier Sparringspartner waren schneller", sagte Klitschko. Der K.o.-Schlag schien nur noch Sekunden entfernt.
Doch dazu kam es nicht. Nach acht Runden beendeten Peters Trainer und Betreuer den ungleichen Kampf. Am Ende der Pause überkreuzten sie wild die Hände, immer und immer wieder. Aus. Aufgabe. Bevor es Vitali merkte, hüpfte Bruder Wladimir durch den Ring wie ein Känguru mit Koffeinschock. Erst nach ein paar Sekunden registrierte auch der ältere Bruder den magischen Augenblick, riss seine Augen auf und lächelte. Erstmals an diesem Abend.
Aber nicht letztmals. Die Klitschko-Brüder, diese cleveren Werbemaschinen mit Doktortitel, sind parallel Weltmeister - als erstes Brüderpaar in der Boxgeschichte. Sie freuten sich nicht nur über den sportlichen Erfolg, sondern auch über die Ovationen des Publikums. Deutschland liebt die Milchschnitten-Männer. Voreilige Zukunftsprognosen gab WBC-Weltmeister Vitali, schlau wie er ist, nicht ab. Nur so viel: "Ohne Träume wäre das Leben langweilig." Wladimir besitzt die WM-Gürtel der Verbände IBF und IBC. Aber der WBA-Titel fehlt noch. Den hält der 2,13 Meter große Nikolai Walujew (Russland). "Einer dieser Träume ist, dass alle Titel in den Klitschko-Händen sind."
Ob es dabei bleibt? Vitali hat es eigentlich nicht mehr nötig. Das Konto ist prall gefüllt, in der ukrainischen Politik will er weiter mitmischen, sein Können ist seit Samstag unumstrittener als je zuvor. Und doch: "Für Boxen hätte ich auch weiter genug Zeit." Magische Momente wie am Anfang und Ende machen einfach süchtig.

Eindrücke vom Ring
 
Lauda Klitschkos
Ein klitzekleines Handybild, das einen Eindruck vermittelt, wie nah ich am Ring saß: Zu sehen sind RTL-Reporter Florian König und Niki Lauda. Noch so ein Handybild: Wladimir und Vitali Klitschko nach dem Kampf bei der Pressekonferenz - und das gegen 1.45 Uhr. Die PK dauerte bis etwa zwei Uhr.

Zurück zum Seitenbeginn


Woche 2: Leben in Schöneberg

Unweit von der U-Bahn-Haltestelle "Nollendorfplatz" entfernt lag meine zweite Behausung während meines Praktikums. Der Freund einer Mit-Volontärin stellte mir während des Urlaubs der Beiden glücklicherweise seine vier Wände zur Verfügung. Einzige Bedingung: Ich musste mich mit den drei Katzen der Wohnung gut verstehen. Klappte mehr als hervorragend und war doch etwas luxuriöser als in Woche eins...
 
Katzen Katzen
Jaja, so ein Leben mit Katzen... ... war mir auch völlig neu!

Zurück zum Seitenbeginn

WAZ (Mantel), Hauptsport - 14.10.2008
Mitten im Kiez
Der Klub Türkiyemspor ist die dritte Kraft im Berliner Fußball nach Hertha BSC und dem 1. FC Union - und zudem der erfolgreichste Fußballverein Deutschlands mit türkischen Wurzeln

Von Andreas Ernst

Berlin. Das "Kottbusser Tor" in Kreuzberg, mitten im multikulturellen Zentrum Berlins: berüchtigt als sozialer Brennpunkt, bekannt durch die Straßenschlachten in den 90ern, zurzeit dreckig, weil am Hochbahnhof der Linie U1 die Schienen ausgetauscht werden. Ein wenig versteckt zwischen graffitibemalten Fassaden und einer Dönerbude hat Türkiyemspor Berlin sein Vereinsheim. Mitten im Kiez. "Türkiyem" ist die dritte Fußballkraft Berlins nach Hertha BSC und dem 1. FC Union - und der erfolgreichste türkischstämmige Verein Deutschlands.
Gern hört Cetin Özaydin das Wort "türkischstämmig" nicht. "Wir sind kein türkischer, sondern ein Berliner Verein", sagt der Vorsitzende des Fördervereins. Und nicht nur ein sportlich erfolgreicher. In den vergangenen beiden Jahren erhielt Türkiyemspor Integrationspreise des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Berliner Fußballverbands (BFV) sowie Auszeichnungen der Stiftung für Demokratie und des Bezirksamts Kreuzberg-Friedrichshain.
Der Ursprung dieser Vereinsarbeit liegt in den 80ern. Türkiyemspor gelang ein Aufstieg nach dem anderen, stand in der Saison 1990/91 kurz vor dem Aufstieg in die 2. Bundesliga und lockte bis zu 12 000 Zuschauer ins Kreuzberger Katzbachstadion. Der DFB schuf die "Lex Türkiyem" mit dem Begriff "Fußball-Deutscher". In den damaligen Zeiten einer Ausländerbegrenzung hätte Türkiyem fast seine komplette Elf verloren, obwohl die meisten in Deutschland geboren waren. Der Aufstieg gelang nicht, nach einer Berg- und Talfahrt ist der Verein inzwischen in der Regionalliga Nord angekommen.
Trainer ist seit dem 6. Juli Uwe Erkenbrecher. Der 54-Jährige trainierte in der 2. Bundesliga Wolfsburg, Lübeck und Reutlingen, arbeitete im Iran, kennt sich aus im Geschäft. Und doch ist eins für Erkenbrecher neu. "Wir haben keine eigene Platzanlage", sagt er. Die erste Mannschaft und die A-Jugend trainieren auf vier unterschiedlichen Rasenplätzen in ganz Berlin. Die "Erste" weicht zu den Punktspielen in den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark im benachbarten Bezirk Prenzlauer Berg aus.
Die restlichen zwölf Junioren- und vier Juniorinnenteams teilen sich einen Trainingsplatz in Kreuzberg. Geschäftsstelle und Vereinsheim liegen zwei Straßen voneinander entfernt, der Physiotherapeut hat gar keinen eigenen Raum. Die Bedingungen sind schlicht nicht regionalligareif.
Das ist ein Grund, warum inzwischen selten mehr als 250 Zuschauer Türkiyem-Heimspiele besuchen. Während der sportlichen Talfahrt in den 90ern verlor der Klub Fans, große Konkurrenten sind zudem die Live-Übertragungen aus der türkischen Liga. "Hier muss sich strukturell etwas tun", sagt Trainer Erkenbrecher und ergänzt: "Ich werde mithelfen."
Das würde auch Detlef Ößenkopp gern. Der ist Sportamtsleiter des Bezirks, in dem knapp 268 000 Menschen leben. "Wir sind hier unterversorgt mit Sportplätzen. Ein Dauerproblem", sagt Ößenkopp und schüttelt mit dem Kopf. "Dabei ist Türkiyem unser Vorzeige-Verein." Auch wegen der Arbeit außerhalb des Platzes: Türkiyem bietet Mädchenfußball-AGs in Schulen an, arbeitet mit dem Lesben- und Schwulenverband zusammen, organisiert den interreligiösen "Avitall-Cup", veranstaltet ein Straßenfußballprojekt mit dem Quartiersmanagement im "Kiez". Der Förderverein hat Ideen, Ideen, Ideen. Im Vereinsheim finden regelmäßig Diskussionsrunden statt - zum Beispiel über Themen wie "Antisemitismus im Fußball".
Mit rechtsextremistischen Anfeindungen muss Türkiyemspor seit der Gründung 1978 leben. Zum Standardrepertoire der gegnerischen Fans gehört der Song "Wieder mal kein Tor für Türkiyemspor", den die verbotene Neonazi-Band Landser schrieb. Schmährufe wie "Kanakenverein" wie in der laufenden Saison in Chemnitz sind Gewohnheit für Türkiyem. Diese dauerhafte Ablehnung war der Anlass für Cetin Özaydin, im Jahr 2000 den Förderverein zu gründen. "Wir haben gesagt: Jetzt müssen wir Stopp machen."
Stoppen wird der Verein so schnell keiner. Das meint Uwe Erkenbrecher. Er ist überzeugt vom Potenzial des Klubs. "In drei Jahren", sagt er mit fester Stimme, "spielen wir in der 3. Bundesliga."

Zurück zum Seitenbeginn

Diese Seite wurde erstellt am 6.2.2009
Webmaster ist Andreas Ernst